Entscheidungsstichwort (Thema)
Verständigungsverfahren, Antragsfrist, Inkrafttreten, Rückwirkung
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Einleitung eines Verständigungsverfahrens nach Art. 24 Abs. 1 Satz 2 DBA-Spanien ist innerhalb von drei Jahren nach der ersten Mitteilung der betreffenden Maßnahme zu beantragen. Erste Mitteilung in diesem Sinne ist der Bescheid, in dem erstmals die als abkommenswidrig beanstandete Besteuerung mitgeteilt wird.
2) Art. 24 DBA-Spanien gilt auch für Verständigungsverfahren, bei denen die Informationen, Steuern oder Steueransprüche dem Inkrafttreten zeitlich vorausgehen. Hierin liegt keine verfassungswidrige Rückwirkung, wenn im letztmöglichen Zeitpunkt zur fristgerechten Antragstellung bereits eine Fristeinführung in das DBA vereinbart ist.
Normenkette
DBA-Spanien 2011 Art. 30 Abs. 2, Abs. 4, Art. 24 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Einleitung eines Verständigungsverfahrens nach dem deutsch-spanischen Doppelbesteuerungsabkommen für den Veranlagungszeitraum 2001.
Der Kläger war zunächst als Arbeitnehmer der M AG und ab 1999 auf Grundlage eines Beratervertrages für das spanische Unternehmen F S.A., einem zum M-Konzern gehörenden Unternehmen, tätig. Aufgrund des Beratervertrages stand dem Kläger im Jahr 2001 wegen einer Vertragsbeendigung eine Entschädigung i.H.v. 500.000 DM zu. Das spanische Unternehmen kürzte die Auszahlung um Quellensteuer i.H.v. 25 % und führte den Abzugsbetrag an die spanischen Finanzbehörden ab.
Das in Deutschland zuständige Finanzamt R rechnete zwei Drittel der Zahlung nicht dem spanischen Unternehmen, sondern der M AG zu, da das spanische Unternehmen 366.667 DM verdeckt an die MAG weiterbelastet habe. In der Folge änderte das Finanzamt die Veranlagung des Klägers und berücksichtigte 350.667 DM (366.667 DM ./. 16.000 DM Freibetrag) als Arbeitslohn für mehrere Jahre. Eine Anrechnung der spanischen Quellensteuer erfolgte nicht. Der geänderte Einkommensteuerbescheid datiert vom 13.11.2003. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren reichte der Kläger eine Klage beim Finanzgericht Münster ein, welche am 23.11.2009 zurückgenommen wurde. Im Rahmen einer dort erzielten Einigung kürzte das Finanzamt die zu berücksichtigende Abfindung um 50.000 DM und berücksichtigte im Rahmen des Progressionsvorbehaltes Werbungskosten i.H.v. 30.000 DM. Der diesbezügliche Änderungsbescheid ging am 18.12.2009 zur Post.
Am 27.10.2010 beantragte der Kläger die Einleitung eines Verständigungsverfahrens.
Dieses lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 24.10.2012 ab, da die vierjährige Frist zur Antragstellung gemäß dem BMF-Schreiben vom 13.07.2006 abgelaufen gewesen sei.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit Einspruch vom 24.10.2012, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 01.08.2013 als unbegründet zurückwies.
Hiergegen richtet sich die Klage vom 04.09.2013.
Der Kläger macht geltend, das BMF-Schreiben vom 13.07.2006 entfalte keine Bindungswirkung. Es stelle allein eine Leitlinie für die Verwaltung und kein geltendes Recht dar. Das DBA-Spanien stelle hingegen unmittelbar innerstaatlich geltendes Recht dar, welches keine Fristen zu seinen Lasten enthalte. Praktikabilitätserwägungen des Beklagten könnten nicht zu seinen Lasten gehen.
Soweit sich aus Art. 25 Abs. 2 DBA-Spanien 1966 ergebe, dass die Beteiligten sich um eine Verständigung „bemühten”, so sei dies inzwischen dahingehend zu verstehen, dass Deutschland verpflichtet sei, ein Verständigungsverfahren einzuleiten. Dies ergebe sich aus der Schiedsgerichtsrichtlinie. Soweit das OECD Musterabkommen eine Antragsfrist vorsehe, habe dies im vorliegenden Fall keine Bedeutung, da die entsprechenden Regelungen nicht in das DBA-Spanien übernommen worden seien. Das DBA-Spanien sei am 05.12.1966 unterzeichnet und 1968 veröffentlicht worden. Andere DBA (z.B. DBA Belgien von 1967) aus dieser Zeit enthielten Antragsfristen, so dass anzunehmen sei, dass die Bundesrepublik sich dieser Problematik bewusst gewesen sei. Ein Rückgriff auf allgemeines Verfahrensrecht entgegen den Regelungen in einem DBA sei verfassungsrechtlich nicht zulässig.
Der Kläger beantragt,
den Ablehnungsbescheid vom 24.10.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.08.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, hinsichtlich der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit im Veranlagungszeitraum 2001 bzgl. der Einkommensteuer gemäß Art. 25 DBA Spanien ein Verständigungsverfahren einzuleiten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zwar enthalte das DBA-Spanien keine Antragsfrist, gleichwohl habe das BMF sich im Erlasswege an Art. 25 OECD-Musterabkommen orientiert und bestimmt, dass die deutsche Finanzverwaltung der Einleitung eines Verständigungsverfahrens nicht zustimme, wenn mehr als vier Jahre zwischen der Bekanntgabe einer maßgebenden Besteuerungsmaßnahme und dem Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens vergangen seien. Die Frist des BMF-Schreibens sei länger als die des OECD-Musterabkommens. Bei der Antragsfrist handele es sich um ein allge...