Entscheidungsstichwort (Thema)

Einfuhr einer Sattelzugmaschine in das Gemeinschaftsgebiet. Vorübergehende Verwendung. Kabotageverbot. Zollrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die in dem Passieren der Zollstelle mit einer Sattelzugmaschine zu sehende konkludente Zollanmeldung gilt als Antrag auf die Bewilligung der vorübergehenden Verwendung. Im gleichen Zeitpunkt werden Gestellung, Bewilligung, Annahme der Anmeldung und Überlassung fingiert.

2. Die vorübergehende Verwendung gewerblich verwendeter Straßenfahrzeuge wird unter der Voraussetzung bewilligt, dass die Fahrzeuge ausschließlich für Beförderungen verwendet werden, die außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft beginnen oder enden (Kabotageverbot). Der Begriff der Beförderungen stellt in diesem Zusammenhang auf den Transport der Ware ab. Ein Verstoß gegen das Kabotageverbot liegt danach nur vor, wenn die jeweils zu transportierende Ware von einem Ort innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft zu einem anderen Ort innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft transportiert wird, unabhängig davon, welche Transportmittel hierzu in welchem Umfang eingesetzt werden.

 

Normenkette

EWGV 2913/92 Art. 204 Abs. 1 Buchst. a, Art. 4 Nr. 16, Art. 137-138, 141; EWGV 2454/93 Art. 718, 730, 233, 234 Abs. 2, Art. 670 Buchst. p

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.09.2005; Aktenzeichen VII R 52/03)

BFH (Urteil vom 19.09.2005; Aktenzeichen VII R 52/03)

 

Tenor

Der Steuerbescheid vom 23. Juni 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. April 2000 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 100 v. H. der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt 12.545,88 EUR (24.537,60 DM).

 

Tatbestand

Die Klägerin, ein in … ansässiges Transportunternehmen, wendet sich dagegen, dass gegen sie Einfuhrabgaben (Zoll-Euro und Einfuhrumsatzsteuer) wegen angeblich unerlaubter Einfuhr ihres Lastkraftwagens – LKW – … in das Gebiet der Europäischen Gemeinschaft festgesetzt worden sind.

Am 15. Juni 1999 reiste der Fahrer … mit diesem LKW und dem Auflieger … über das Zollamt … in das Zollgebiet ein.

Am 19. Juni 1999 fuhr der LKW … mit dem genannten Auflieger …, aus Italien kommend, auf das Gelände der … in …. Der Auflieger war in Italien mit Fliesen beladen worden, die nach Polen transportiert werden sollten.

An diesem Samstag informierte der Fahrer den Geschäftsführer der Klägerin, …, dass am Zollamt Pomellen bei der Ausreise nach Polen ein Stau mit etwa 10 Stunden Wartezeit sei, und bat ihn, sein Fahrzeuggespann in Krackow abgestellt lassen zu dürfen. Dies erlaubte der Geschäftsführer, um seinem Fahrer ein langes Wochenende zu Hause zu ermöglichen. Er beauftragte seinen Fahrer …, mit der Zugmaschine … und dem Anhänger … über Pomellen nach Krackow zu fahren. Der Geschäftsführer holte die beiden Fahrer am Samstag mit seinem Personenkraftwagen aus Krackow nach Stettin und brachte sie am Sonntag, dem 20. Juni 1999 zurück zu den LKWs nach Krackow.

Die Auflieger wurden ausgetauscht. Der Fahrer … fuhr mit der Zugmaschine … und dem Auflieger … Ware nach Österreich. Der Fahrer … fuhr mit der Zugmaschine … und dem Auflieger … in Richtung Polen.

Nach den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin sollte die Zugmaschine … deshalb gleich wieder nach Polen zurückgebracht werden, weil dort eine durch die Leasinggesellschaft vorgeschriebene Inspektion anstand. Nach seiner weiteren Angabe konnte die Inspektion nicht schon bis zum Wochenende durchgeführt werden, weil der LKW … noch für Transporte eingesetzt gewesen sei.

Der LKW … wurde sichergestellt. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23. Juni 1999 setzte der Beklagte für das Fahrzeug, dessen Zollwert er mit 71.000,00 DM annahm, 16 % Zoll-Euro, mithin 11.360,00 DM, fest. Ferner wurden mit einer Bemessungsgrundlage von 82.360,00 DM 16 % Einfuhrumsatzsteuer, mithin 13.177,60 DM, festgesetzt. Das ergab für die Einfuhrabgaben die Summe von 24.537,60 DM. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Zugmaschine sei durch Passieren der Zollgrenze zur Europäischen Gemeinschaft formlos in das Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung unter vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben übergeführt worden. Dann habe jedoch das Fahrzeug nach Austausch des ursprünglichen Aufliegers … gegen den Auflieger … nach Italien zurückkehren sollen. Mithin habe der Transport der Zugmaschine … mit dem Auflieger … innerhalb der Europäischen Gemeinschaft sowohl begonnen als auch geendet. Die Zugmaschine … habe aber gemäß der formlos erteilten Bewilligung ausschließlich für Beförderungen verwendet werden dürfen, die außerhalb des Zollgebiets der Europäischen Gemeinschaft entweder begännen oder endeten. Danach sei eine Pflicht, die sich...

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