Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Steuerbegünstigung nach § 10e EStG bei Überlassung der gesamten Wohnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Regelung des § 10e Abs. 1 Satz 3 EStG bezieht sich lediglich auf Fälle, in denen abgegrenzte Teile der Wohnung Verwandten, Freunden usw. zum ausschließlichen Gebrauch überlassen werden. Die unentgeltliche Überlassung der gesamten Wohnung an solche Personen ist abgesehen von der Wohnungsüberlassung im Rahmen der Unterhaltsgewährung keine Nutzung des Eigentümers zu eignen Wohnzwecken. Nutzt ein anderer als der Eigentümer eine Wohnung aus eigenem Recht, wird die Wohnung aus dessen Sicht zu eigenen, aus der Sicht des Überlassenden zu fremden Wohnzwecken genutzt.
2. Die Nutzung aufgrund fremden Rechts steht der Annahme einer eigenen Wohnungsnutzung grundsätzlich entgegen.
Normenkette
EStG § 10e Abs. 1 S. 3
Gründe
I.
Der Kläger (Kl) ist körperbehindert (GdB 80 v.H.). Am 10. Mai 1990 erwarb er mit notariellem Kaufvertrag einen halben Miteigentumsanteil an dem Grundstück R verbunden mit dem Sondereigentum an sämtlichen Räumlichkeiten der Doppelhaushälfte Nr. 2 lt. Aufteilungsplan sowie 2/12-Anteil an dem Flurstück Nr. 310/8 an der – – straße (Weg). Der Kaufpreis betrug 810.000 DM.
Unter X. heißt es sinngemäß in diesem Vertrag, daß Frau B– – – –, die Mutter des Kl, diesem den Kaufpreis zweckgebunden für den Erwerb des o.g. Grundstücks schenke, so daß nicht das Geld, sondern das Grundstück geschenkt werde.
Ebenfalls in einem notariellen Vertrag vom 10. Mai 1990 räumte der Kl in Abschnitt II. seiner Mutter unentgeltlich folgendes lebenslängliches Wohnrecht an dem erworbenen Grundstück, für das dieser eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit bestellt wurde, ein:
„...; Die Ausübung des Wohnungsrechts kann Dritten nicht überlassen werden. Insbesondere ist die Vermietung nicht zulässig.
Das Wohnungsrecht berechtigt zur alleinigen und ausschließlichen Nutzung folgender Räume:
Sämtliche Räume des Vertragsobjektes.”
In Abschnitt III des Vertrages ist vereinbart:
„...; Verköstigung:
Der Erwerber hat seine Mutter, Frau B, auf deren Verlangen am gemeinsamen Tisch zu verköstigen, ggf. mit einer den jeweiligen Alters- und Gesundheitsverhältnissen angepaßten Kost. Auf Verlangen hat er die Kost ihr in ihr Zimmer zu bringen. ...;
Wart und Pflege:
Im Alter und bei Krankheit hat der Erwerber seine Mutter sorgfältig zu pflegen, soweit dies im häuslichen Bereich ohne Zuhilfenahme einer Pflegeperson möglich ist, im Haushalt seiner Mutter anfallende Arbeiten zu verrichten, Besorgungen und Gänge – z.B. zum Arzt, zur Bank oder zum Einkaufen – zu übernehmen, die Räume seiner Mutter zu reinigen und in gut bewohnbarem Zustand zu erhalten, Kleidung, Wäsche und Schuhe zu reinigen und auszubessern, wenn diese dazu nicht mehr in der Lage ist oder es verlangt. ...;”
Das Haus wurde in den Streitjahren vom Kl und seiner Mutter bewohnt.
Mit notariellem Vertrag vom 26. März 1996 haben der Kl und seine Mutter das ausschließliche Wohnrecht der Mutter auf den Raum Nr. 05 beschränkt. Der Raum Nr. 03 und das Arbeitszimmer im Dachgeschoß sind dem Kl zur alleinigen Nutzung zugewiesen. An den übrigen Räumen hat die Mutter ein Wohnrecht zusammen mit dem Kl.
Auf die Erklärung des Notars Dr., München, vom 30. September 1996 zu den Urkunden vom 10. Mai 1990 über die Bestellung und vom 26. März 1996 über die Einschränkung des Wohnrechts wird Bezug genommen.
In den Einkommensteuer (ESt) -Erklärungen für die Streitjahre begehrte der Kl einen Abzugsbetrag nach § 10 e Einkommensteuergesetz (EStG) und Abzugsbeträge nach § 82 a Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV), wie er sie bereits in den bestandskräftigen ESt-Bescheiden für 1990, 1991 und 1992 erhalten hatte. Dem Beklagten – dem Finanzamt (FA) – war der Kaufvertrag vorgelegt worden und erklärt worden, daß der Mutter des Kl ein lebenslängliches Wohnrecht eingeräumt worden sei. Bei der Veranlagung 1993 forderte das FA auch den Vertrag über die Bestellung des dinglichen Wohnrechts an. Die Erklärung hatte, wie in den Vorjahren, nur den Hinweis auf das dingliche Wohnrecht der Mutter enthalten.
Mit endgültigen ESt-Bescheiden 1993 und 1994 vom 16. Februar 1995 bzw. 3. November 1995 lehnte das FA die Gewährung der Abzugsbeträge nach § 10 e EStG und § 82 a EStDV ab, da der Kl nicht aus eigenem Recht die Wohnung innehabe; vielmehr habe die Mutter dem Kl die Nutzung eingeräumt.
Die dagegen eingelegten Einsprüche hatten keinen Erfolg. Sie wurden mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 14. Januar 1996 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit seiner Klage begehrt der Kl die Abzugsbeträge nach § 10 e EStG und § 82 a EStDV. Die Auffassung des FA, daß er die Wohnung nicht i.S. von § 10 e EStG selbst genutzt habe, sei formalistischer Natur. Tatsächlich nutze er als Eigentümer das Objekt seit jeher selbst. Unter Anwendung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise hätte das FA zur Auffassung kommen müssen, daß eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vorliege. Unschädlich sei, daß auch seine Mutter das Objekt nutze.
Sinn und ...