rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Entstehung von Einfuhrzoll, nicht aber von Einfuhrumsatzsteuer bei Landung bzw. Start eines aus der Schweiz kommenden Leichtflugzeugs auf einem inländischen Flughafen, der kein Zollflughafen ist
Leitsatz (redaktionell)
1. Es liegt mangels Eingangs in den Wirtschaftskreislauf der EU keine zur Entstehung von Einfuhrumsatzsteuer führende Einfuhr im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG vor, wenn ein aus der Schweiz kommendes Flugzeug (hier: Leichtflugzeug M20R Ovation des US-amerikanischen Herstellers Mooney, Baujahr 1997; max. Abflugmasse: 1.528 kg) auf einem deutschen Flughafen landet, bei dem es sich nicht um einen sog. Zollflugplatz handelt (hier: Flughafen Bayreuth), und am nächsten Tag von dort unverändert wieder in die Schweiz zurückgeflogen wird.
2. Infolge der vorschriftswidrigen Verbringung des Flugzeugs entsteht allerdings eine Einfuhrzollschuld in der Person des Flugzeugführers als Schuldner, wenn das Flugzeug nicht auf einem Zollflugplatz (hier: Bayreuth) gelandet und gestartet und nicht gemäß § 2 Abs. 6 ZollVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Buchst. g ZollVO von der Beförderungspflicht und damit vom Zollflugplatzzwang befreit worden ist; insoweit ist unerheblich, dass der Flugzeugführer nicht die Absicht hatte, das Flugzeug dauerhaft in die EU zu verbringen und möglicherweise irrig davon ausging, dass ein Antrag auf Befreiung (mündlich oder konkludent) bei den Towerverantwortlichen des Flugplatzes gestellt worden ist (im Streitfall: Einreihung des im Juli 2013 in die EU verbrachten Flugzeugs in Unterpos. 8802 2000 der 2013 gültigen KN, keine Zollfreiheit als ziviles Luftfahrzeug, keine Abgabenfreiheit nach Art. 212a ZK).
3. Über einen Antrag auf Befreiung vom Zollflugplatzzwang können nur die Zollbehörden, nicht aber ein Flugdienstleiter entscheiden.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 4; MwStSystRL Art. 2 Abs. 1 Buchst. d, Art. 30; ZK Art. 202 Abs. 1 S. 1 Buchst. a, S. 2, Abs. 3, Art. 4 Nr. 8, Art. 38 Abs. 1 Buchst. a, Art. 212a, 21 Abs. 1 S. 1; ZollVG § 2 Abs. 2, 4 S. 2, Abs. 6; ZollVO § 3 Abs. 1, 4, § 2 Abs. 3, § 5 Abs. 1 Buchst. g; KN i.d.F. der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 927/2012 der Kommission vom 09. Oktober 2012 zur Änderung des Anhangs I der VO Nr. 2658/87
Tatbestand
I.
Der Kläger ist Eigentümer und Halter des mit der Kennung … in der Schweiz registrierten Leichtflugzeugs M20R Ovation des US-amerikanischen Herstellers Mooney (Baujahr 1997; max. Abflugmasse: 1.528 kg). Das vom Kläger und einem Co-Piloten gesteuerte Flugzeug landete am 15. Juli 2013 um 13.41 Uhr Ortszeit aus Locarno (Schweiz) kommend auf dem Flugplatz Bayreuth. Von dort flog es unverändert am nächsten Tag wieder zurück in die Schweiz.
Das vom Platzwart des Flugplatzes informierte Hauptzollamt (HZA) vertrat die Auffassung, dass das Flugzeug vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Europäischen Union (EU) verbracht worden sei, weil es sich bei dem Flugplatz Bayreuth nicht um einen sog. Zollflugplatz handele und auch keine Befreiung vom Zollflugplatzzwang beantragt bzw. erteilt worden sei.
Anhand der vorliegenden Informationen über Typ und Baujahr ermittelte das HZA den Zollwert des Flugzeugs mit … EUR und setzte mit Bescheid vom 09. Dezember 2014 Abgaben von insgesamt … EUR (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer – EUSt) gegen den Kläger fest.
Der gegen den Abgabenbescheid gerichtete Einspruch vom 28. Januar 2015 blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 16. August 2016).
Hiergegen richtet sich die am 17. September 2016 eingelegte Klage, die der Kläger im Wesentlichen damit begründet, dass er das Flugzeug nicht vorschriftswidrig in das Zollgebiet der EU verbracht habe. Soweit Luftfahrzeuge zur Personenbeförderung im nicht gewerblichen Verkehr oder Gelegenheitsverkehr einflögen und auf einem besonderen Flugplatz landeten, seien sie von der Beförderungspflicht und damit auch vom Zollflugplatzzwang befreit. Es gebe objektiv gesehen keinerlei Indizien oder Anhaltspunkte dafür, dass das Flugzeug in irgendeiner Form als Handelsware in das Zollgebiet eingeführt werden sollte. Es habe weder ein Verkauf des Flugzeugs noch eine Veredelung stattfinden sollen. Es sei ausschließlich als reines Beförderungsmittel eingesetzt. Es sei mündlich, jedenfalls aber konkludent zur vorübergehenden abgabenfreien Verwendung angemeldet worden. Er habe seine Mitarbeiterin, Frau J. beauftragt, im Voraus telefonisch Kontakt mit dem Towerverantwortlichen aufzunehmen. Letzterer habe gegenüber seiner Mitarbeiterin bestätigt, dass hier nichts zu veranlassen sei und dass ein derartiger Flug ohne weitere Maßnahmen problemlos so stattfinden könne. Frau J. sei sogar noch zum Flughafen gefahren, um mit dem Dienststellenleiter die luftaufsichtlich und zollrechtlich relevanten Fragestellungen bezüglich der geplanten Flugdurchführung zu besprechen. Hierbei seien auch die zollrechtlichen Dinge und der Umstand, dass das Flugzeug mit der Schweizer Kennung aus Locarno komme, angesprochen worden. Er habe den Dienststellenleiter als verlängerten Arm und ...