rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollflugplatzzwang. vorschriftswidriges Verbringen. Zollfreiheit für die zivile Luftfahrt. Eingang in den Wirtschaftskreislauf
Leitsatz (redaktionell)
1. Über einen Antrag auf Befreiung vom Zollflugplatzzwang können nur die Zollbehörden entscheiden. Der Antrag ist rechtzeitig vor der Landung zu stellen. Er kann nicht nachgeholt werden; ebenso wenig kann die Befreiung rückwirkend erteilt werden.
2. Das vorschriftswidrige Verbringen ist als eine reine Tathandlung zu verstehen. Auf die Vorstellungen oder ein Verschulden des Handelnden kommt es nicht an.
3. Die Zollfreiheit für die zivile Luftfahrt setzt voraus, dass das Flugzeug in den freien Verkehr übergeführt und – unter zollamtlicher Überwachung – der vorgesehenen besonderen Verwendung zugeführt wird. Eine solche Überführung des Flugzeugs in den freien Verkehr zur besonderen Verwendung kann nicht nachträglich bewilligt werden.
4. Ein eingeführtes Luftfahrzeug, das zur Personenbeförderung auf Inlandsflügen eingesetzt wird, ist in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangt.
Normenkette
ZK Art. 202 Abs. 1 S. 1 Buchst. a, Art. 38 Abs. 1 Buchst. a, Art. 21 Abs. 1 S. 1; EWGV 2913/92 Art. 202 Abs. 1 S. 1 Buchst. a, Art. 38 Abs. 1 Buchst. a, Art. 21 Abs. 1 S. 1; ZollVG § 2 Abs. 2, 4 S. 2, Abs. 6; ZollV § 3 Abs. 1, 4, § 5 Abs. 1 Buchst. g; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 21 Abs. 2
Tatbestand
I.
Der Kläger ist Pilot. Er steuerte am 11. Juli 2015 das im Eigentum der Schweizer Fluggruppe G. stehende Flugzeug, Typ: Cessna 182, Kennung: …-…, auf einem Flug von Birrfeld (Schweiz) nach Deutschland. Das mit dem Piloten und zwei Passagieren besetzte Flugzeug landete am 11. Juli 2015 um 7:50 Uhr auf dem Flugplatz Würzburg-Schenkenturm. Von dort flog das Flugzeug weiter nach Jena-Schöngleina, wo es am darauffolgenden Tag, den 12. Juli 2015 um 10:15 Uhr mit dem Ziel Würzburg gestartet ist. Nach den vom Kläger vorgelegten Unterlagen (Bl. 37 der Behördenakte zu EL-1008/15-B3) sollte das Flugzeug am 12. Juli 2015 um 14:00 Uhr wieder in Birrfeld (Schweiz) ankommen.
Nach einer turnusmäßigen Kontrolle des auf dem Flugplatz Würzburg-Schenkenturm geführten Hauptflugbuches vertrat das beklagte Hauptzollamt (HZA) die Auffassung, dass das Flugzeug am 11. Juli 2015 vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Europäischen Union (EU) verbracht worden sei, weil es sich bei dem Flugplatz Würzburg-Schenkenturm nicht um einen sog. Zollflugplatz handele und auch keine Befreiung vom Zollflugplatzzwang beantragt bzw. erteilt worden sei.
Anhand der bekannten Informationen über Typ und Baujahr ermittelte das HZA den Zollwert des Flugzeugs mit … EUR und setzte mit Bescheid vom 19. April 2016 (zugestellt am 01. Juni 2016) Abgaben von insgesamt EUR (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer – EUSt) gegen den Kläger fest. Als Gesamtschuldner ist die Fluggruppe G. genannt.
Der gegen den Abgabenbescheid gerichtete Einspruch des Klägers vom 23. Juni 2016 blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 02. Januar 2017).
Seine Klage vom 10. Februar 2017 begründet der Kläger im Wesentlichen damit, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei. Das Flugzeug sei zur Personenbeförderung im nichtgewerblichen bzw. im Gelegenheitsverkehr vorübergehend ohne Absicht des endgültigen Verbleibs in die EU verbracht worden. Über die gesetzlichen Freimengen hinausgehende Waren seien nicht mitgeführt worden. Solche Flüge seien gemäß § 2 Abs. 6 des Zollverwaltungsgesetzes (ZollVG) i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. g) der Zollverordnung (ZollV) vom Zollpflugplatzzwang befreit. Hierzu sei auch auf Seite 7 Abs. 13 der vom Bundesministerium der Finanzen – BMF – erlassenen Dienstvorschrift für Zollflugplätze, besonderer Landeplätze, andere Flugplätze sowie Einzelfälle der Befreiung vom Zollflugplatzzwang vom 04. Dezember 2013 zu verweisen.
Die Zollanmeldung sei konkludent abgegeben worden, als mit der Flugleitung und der Polizei Würzburg Kontakt aufgenommen worden sei. Dabei sei er davon ausgegangen, dass es sich bei dem Flugplatz Würzburg-Schenkenturm um einen Zollflugplatz handele und er vom Zoll entsprechend kontrolliert werde. Das Flugzeug selbst sei objektiv Beförderungsmittel gewesen, das der Hin- und Rückbeförderung von Personen gedient habe. Es sei ohne Veränderung kurzfristig wieder ausgeführt worden. Dies sei ein Indiz für das Fehlen der Verbleibs- bzw. Einfuhrabsicht. Durch die Wiederausfuhr sei die Ware nicht im Wirtschaftskreislauf der EU verblieben und habe diesen auch nicht belastet. Die Erhebung von Einfuhrabgaben für das Beförderungsmittel sei nach verständiger Würdigung des Einzelfalls rechtlich unbegründet, unverhältnismäßig und damit rechtswidrig.
In dem vor dem Flug ordnungsgemäß erstellten Flugplan bei Skyguide sei der Hinweis enthalten „custom-non commercial”. Im offiziellen Flugplatzverzeichnis von Jeppessen stehe unter der Rubrik Customs: „for non-Schengen-states”. Die Schweiz gehöre aber zum Schengen-Raum. Folglich habe er davon ausgehen dürfen, dass der Zoll am Platz sei und eine Zollabfertigung durc...