Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung von § 8b KStG auf anteilige Aktienverluste aus der Veräußerung von Investmentanteilen durch eine GmbH im Veranlagungszeitraum 2002
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der in § 40a Abs. 1 KAGG angeordneten Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG handelt es sich um eine „Rechtsfolgenverweisung” mit der Konsequenz, dass auch die Rechtsfolge des § 8b Abs. 3 KStG, die mit derjenigen in Abs. 2 der Vorschrift untrennbar in Verbindung steht, anzuwenden ist.
2. Bei der Rückgabe von Investmentfondsanteilen durch eine GmbH ist der auf die im Sondervermögen enthaltenen Aktien entfallende Veräußerungsverlust, der Teil des bei Rückgabe der Anteile entstandenen Gesamtgewinns war, dadurch steuerlich zu neutralisieren, als er außerbilanziell dem Steuerbilanzgewinn hinzuzurechnen ist.
Normenkette
KStG 2002 § 8b Abs. 3, 2; KAGG § 40a Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist – für den Veranlagungszeitraum 2002 – die Anwendung des § 8b Körperschaftsteuergesetz (KStG) auf anteilige Aktienverluste aus der Veräußerung von Investmentanteilen.
Bei der Klägerin handelt es sich um ein genossenschaftliches Kreditinstitut. Sie hielt alle Anteile an dem Investment Sondervermögen XY Dachfonds Nr. 1 (Fonds). Diese Anteile wurden im Streitjahr zurückgegeben. Dabei wurde ein Veräußerungsgewinn von insgesamt 70. 000 EUR erzielt, der auch versteuert wurde. Dieser Veräußerungsgewinn beinhaltet nach Mitteilung der NN Investment vom 28. Oktober 2005 einen besitzanteiligen Aktienverlust in Höhe von -221.145,91 EUR. Der Veräußerungsgewinn im Übrigen beträgt 291.145,91 EUR.
Eine auch für das Streitjahr durchgeführte Außenprüfung kam zu dem Ergebnis, dieser anteilige Aktienverlust sei dem Gewinn der Klägerin hinzuzurechnen. Auf den Bericht über die Außenprüfung vom 5. Dezember 2005 wird Bezug genommen. Entsprechend erging unter dem 11. April 2006 ein geänderter Körperschaftsteuerbescheid für 2002. Bei einem Jahresüberschuss von 352.362 EUR und einem zu versteuernden Einkommen von 1.775.898 EUR wurde die Körperschaftsteuer auf 433.398 EUR festgesetzt.
Mit Einspruchsentscheidung vom 10. August 2006 wurde der dagegen eingelegte Einspruch vom 11. April 2006 als unbegründet zurückgewiesen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage vom 6. September 2006:
- ○ § 40 a Abs. 1 Satz 2 KAGG sei – wie vorliegend – im Fall der Veräußerung oder Rückgabe von Fondsanteilen nicht anwendbar, wenn ein Veräußerungsgewinn entstehe.
- ○ Die historische Auslegung dieser Norm bestätige das auf Basis der rein grammatikalischen Auslegung gefundene Ergebnis.
- ○ Der insoweit identische Wortlaut zur Tatbestandsvoraussetzung in § 8 b Abs. 3 KStG bestätige diese Auslegung, wonach die in § 40 Abs. 1 Satz 2 KAGG angesprochene Gewinnminderung sich auf Teilwertabschreibungen und Veräußerungsverluste aus dem Fondanteil als Ganzes beziehe.
- ○ Analog lasse sich auch aus dem System der Umsetzung des Halbeinkünfteverfahrens im KAGG kein gegenteiliger objektivierter Wille des Gesetzgebers ableiten.
- ○ Bei der Neuregelung des § 40 a Abs. 1 Satz 2 KAGG durch das Gesetz vom 22. Dezember 2003 handle es sich nicht nur um eine deklaratorische Klarstellung, sondern um eine konstitutive Gesetzesänderung, die in einen bereits im Veranlagungszeitraum 2002 verwirklichten Sachverhalt eingreife.
Die Klägerin beantragt,
die Körperschaftsteuerfestsetzung für 2002 dahingehend zu ändern, dass die Hinzurechnung gemäß § 8 b Abs. 3 KStG aus dem Verkauf der Anteile an dem Investmentsondervermögen XY Dachfonds Nr. 1 in Höhe von 221.145 EUR rückgängig gemacht und das steuerpflichtige Einkommen entsprechend gemindert wird, hilfsweise Zulassung der Revision.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise Zulassung der Revision.
- ○ Bei dem erzielten negativen Aktiengewinn handle es sich um eine Gewinnminderung im Sinne des § 8b Abs. 3 KStG.
- ○ Nach § 8b Abs. 2 KStG blieben bei der Ermittlung des Einkommens Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10a des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören, außer Ansatz.
- ○ Die Vorschrift des § 8b Abs. 2 KStG sei auch auf Anteile an Investmentfonds anzuwenden (§ 40a Abs. 1 Satz 1 KAGG).
- ○ Nach § 8b Abs. 3 KStG seien Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in Absatz 2 genannten Anteil entstünden, bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen.
- ○ Folglich seien Gewinnminderungen aus der Veräußerung von besitzanteiligen Aktien im Zusammenhang mit Investmentfonds ebenfalls nicht zu berücksichtigen (§ 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG).
Am 22. April 2008 fand ein Termin zur Erörterung des Sach- und Rechtsstandes statt. Auf die Niederschrift wird verwiesen. Auf die ergänzenden Stellungnahmen der Klägerin vom 29. April 2008 und vom 19. Juni 2008 und des FA vom 26. Mai 2008 wir...