Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld
Nachgehend
Tenor
Der Aufhebungsbescheid vom 11.04.1997, der Erstattungsbescheid vom 03.07.1997 und der Einspruchsbescheid vom 18.08.1997 werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Die Revision wird zugelassen.
Beschluß:
- Dem Kläger wird Prozeßkostenhilfe für das Verfahren 3 K 5868/97 Kg gewährt. Ihm wird Rechtsanwaltbeigeordnet.
- Der Beigeladenen wird Prozeßkostenhilfe für das Verfahren 3 K 5868/97 Kg gewährt. Ihr wird Rechtsanwalt beigeordnet.
Tatbestand
Streitig ist, bis wann der Kläger (Kl.) seine beiden Töchter in seinen Haushalt aufgenommen hatte (§ 64 Abs. 2 Satz 1 EStG).
Der Kl. (geb. 1941) und die Beigeladene (geb. 1961) sind seit Mai 1987 geschieden. Das elterliche Sorgerecht über die Kinder N1 (geb. am 10.11.1980) und N2 (geb. am 04.08.1982) wurde dem Kl. übertragen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil des Amtsgerichts vom 14.05.1987 13 a F 88/84, Bl. 5 ff. der Familiengerichtsakte 5 F 260/96, Bezug genommen.
Die beiden Töchter lebten seither im Haushalt des Kl., zuletzt in M. Dort besuchten beide die Hauptschule. Zur Mutter, der Beigeladenen, hatten die beiden Töchter von 1990 bis zum Sommer 1996 auf Anregung des Jugendamts, der der Kl. und die Beigeladene zustimmten, keinen Kontakt. Nachdem die Töchter 1996 ihre Mutter mehrmals besucht hatten, verbrachten sie in den Sommerferien 1996 (04.07.– 17.08.1996) eine Woche bei ihrer Mutter und deren drei weiteren Kindern in I. Die Beigeladene stellte beim Amtsgericht M mit am 13.08.1996 eingegangenen Schriftsatz den Antrag, das Sorgerecht für die beiden Töchter auf sie zu übertragen.
Seit 10.09.1996 wohnte N1 bei ihrer Mutter. N2 blieb zunächst noch bei ihrem Vater, weil sie die noch ausstehende Sorgerechtsentscheidung abwarten wollte. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Stellungnahme des Jugendamts der Stadt M vom 27.09.1996, Bl. 37 ff. der Familiengerichtsakte.
Auf Vorschlag des Familiengerichts einigten sich der Kl. und die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung am 10.10.1996 darauf, daß beide Töchter zunächst auf die Dauer von drei Monaten zu ihrer Mutter gingen, danach sollte eine abschließende Entscheidung getroffen werden. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 10.10.1996, Bl. 49 ff. der Familiengerichtsakte.
Nach einer weiteren Anhörung vor dem Familiengericht erklärte der Kl. am 06.03.1997, daß er mit der Übertragung des Sorgerecht über die beiden Töchter auf die Beigeladene einverstanden sei. Das Amtsgericht M übertrug mit Beschluß vom 12.03.1997 das Sorgerecht auf die Beigeladene. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 59–61 der Familiengerichtsakte Bezug genommen.
Bis zur Entscheidung des Amtsgerichts am 12.03.1997 sind die Möbel und die persönlichen Gegenstände der beiden Töchter in der Wohnung des Kl. geblieben.
Am 14.03.1997 wurden N1 und N2, die seit 14.10.1996 mit Nebenwohnsitz in I gemeldet waren, in M abgemeldet (Bl. 194 der Kindergeldakte).
Mit Bescheid vom 11.04.1997 hob der Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung des Kindergeldes für den Kl. auf, und zwar ab Oktober 1996 für N1 und ab November 1996 auch für N2. Den Haushalt des Kl. habe N1 am 09.09.1996, N2 am 10.10.1996 verlassen.
Außerdem hörte der Beklagte den Kl. zu einer daraus resultierenden Erstattungsforderung von insgesamt 2.320 DM an (200 DM für Oktober 1996, je 400 DM für November und Dezember 1996 und je 440 DM für Januar bis März 1997). Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Bescheid vom 11.04.1997, Bl. 193 der Kindergeldakte.
Mit Bescheid vom 03.07.1997 forderte der Beklagte vom Kl. das Kindergeld in Höhe von 2.320 DM zurück. Die Forderung stützte es auf § 70 Abs. 2 EStG i.V.m. § 37 Abs. 2 AO. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Bescheid vom 03.07.1997, Bl. 203 der Kindergeldakte.
Der Kl. legte gegen beide Bescheide Einspruch ein, den der Beklagte als unbegründet zurückwies. Bei mehreren Berechtigten werde das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen habe (§ 64 Abs. 2 Satz 1 EStG). Im Streitfall hätten die beiden Töchter seit 09.09.1996 bzw. 10.10.1996 im Haushalt ihrer Mutter gelebt, damit sei das Tatbestandsmerkmal der Haushaltsaufnahme nicht mehr beim Kl. erfüllt. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Einspruchsentscheidung (EE) vom 18.08.1997, Bl. 209 ff. der Kindergeldakte.
Der Kl. erhob Klage. Er trägt vor, bis zur endgültigen Entscheidung des Familiengerichts über das Sorgerecht stehe ihm das Kindergeld zu. In der Zeit von Oktober 1996 bis März 1997 sei noch keine abschließende Entscheidung über den Aufenthalt der Kinder getroffen gewesen, insbesondere hätten seine beiden Töchter auch noch ihre Sachen bei ihm gehabt. Wenn unter Haushaltsaufnahme i.S.d. § 64 Abs. 2 EStG eine bewußte Aufnahme in ein auf längere Dauer gerichtetes Betreuungs- und Erziehung...