Entscheidungsstichwort (Thema)
Treuhänder als Leistungsempfänger im Verbraucherinsolvenzverfahren
Leitsatz (redaktionell)
Das FA darf zu Unrecht gezahlte Eigenheimzulage von einem Treuhänder in einem Verbraucherinsolvenzverfahren als Leistungsempfänger zurückfordern, wenn die Zulage auf ein von dem Treuhänder eingerichtetes Anderkonto gezahlt worden ist.
Normenkette
EigZulG § 14; AO § 37 Abs. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin verpflichtet ist, die an sie als Treuhänderin der Eheleute L ausgezahlten Eigenheimzulagen an den Beklagten zurück zu zahlen.
Die Eheleute L kauften im Jahr 2003 eine Eigentumswohnung in A (Adresse: A-Straße 1), die sie im selben Jahr bezogen. Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 27.02.2004 – unter Berücksichtigung des 2002 geborenen Kindes – antragsgemäß eine Eigenheimzulage in Höhe von jährlich 2.045,00 € bis 2010 fest. Nach der Geburt des zweiten Kindes im Jahr 2005 passte der Beklagte die Eigenheimzulage 2005 bis 2010 nach § 11 Abs. 2 Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) auf 2.812,00 € jährlich an und setzte diese mit Bescheid vom 18.05.2005 fest.
Über das Vermögen der Frau L wurde am 23.08.2006, über das Vermögen des Herrn L am 17.11.2006 das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. Zur Treuhänderin nach § 313 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) in der bis zum 01.07.2014 geltenden Fassung (a.F.) wurde jeweils die Klägerin bestellt.
Für das Insolvenzverfahren betreffend Herrn L richtete die Klägerin als Hinterlegungsstelle nach § 149 InsO ein Konto bei der Bank 1 zu Nr. 1 ein. Sie – die Klägerin – verfügte im Rahmen ihrer Geschäftsverbindung zur Bank 1 über ein sog. „Stammblatt” mit der Kundenstammnummer 2. Dieses Stammblatt ist überschrieben mit „Eröffnung eines Anderkontos/Anderdepots” und führt als Kontoinhaberin die Klägerin an. Aus Ziffer 4 der darin enthaltenen Geschäftsbedingungen geht u.a. hervor, dass von mehreren Inhabern jeder einzelne berechtigt ist, allein über das Anderkonto zu verfügen. Bei der Eröffnung eines Kontos verwendete die Klägerin regelmäßig einen sog. „Auftrag zur Eröffnung eines Unterkontos und Mitteilung des wirtschaftlich Berechtigten für Anderkonten”. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diesen Auftrag sowie auf das vorgelegte „Stammblatt” verwiesen.
Mit Beschluss vom 08.10.2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Frau L gemäß § 200 InsO aufgehoben und die Klägerin als bisherige Treuhänderin zur Treuhänderin im Verfahren wegen Restschuldbefreiung (§ 292 InsO) bestellt. Entsprechendes geschah mit Beschluss vom 16.07.2008 in Bezug auf das Insolvenzverfahren des Herrn L.
Die Eheleute L waren bereits am 01.10.2006 aus der Wohnung „A-Straße 1” ausgezogen. Dies zeigten sie dem Beklagten entgegen § 12 Abs. 2 EigZulG nicht förmlich an.
Die für die Auszahlung der Eigenheimzulage zuständige Stelle des Beklagten wurde intern darüber informiert, dass die Klägerin in den Insolvenzverfahren der Eheleute L zur Treuhänderin bestellt worden war. Sodann überwies der Beklagte die Eigenheimzulage für die Jahre 2007 und 2008 in Höhe von jeweils 2.812,00 € am 20.03.2007 bzw. am 26.03.2008 auf das von der Treuhänderin angegebene Konto bei der Bank 1 (Treuhandkonto des Herrn L zu Nr. 1). In den den Auszahlungen zugrunde liegenden Erstattungsverfügungen vom 15.03.2007 bzw. vom 18.03.2008 ist jeweils aufgeführt, dass ein Insolvenzverfahren vorliege. Unter „Steuerzahler” ist jeweils Herr L aufgeführt, wobei in der Erstattungsverfügung vom 15.03.2007 die Adresse „A-Straße 1” und in der Erstattungsverfügung vom 18.03.2008 die neue Adresse der Eheleute L in der „B-Straße 2” in A aufgeführt ist. Weiter heißt es, Erstattungsempfänger sei die Treuhänderin. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Erstattungsverfügungen verwiesen.
Im März 2009 stellte der Beklagte fest, dass die Eheleute L seit dem 01.10.2006 unter der Adresse „B-Straße 2” gemeldet waren und hob die Festsetzung der Eigenheimzulage mit Bescheid vom 06.04.2009 gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 EigZulG ab 2007 auf. Die „Abrechnung in EUR” schließt mit der Aufforderung an die Eheleute L, einen Gesamtbetrag von 5.624,00 € bis spätestens zum 11.05.2009 zu zahlen.
Der Beklagte nahm zunächst die Eheleute L auf Grundlage von § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) auf Rückzahlung der Eigenheimzulage für die Jahre 2007 und 2008 in Anspruch. Die Eheleute L haben hiergegen nach erfolglosem Einspruch Klage erhoben, welche beim 8. Senat des Finanzgerichts Münster zu Az. 8 K 2136/12 EZ, AO geführt wurde. In einem Prozesskostenhilfebeschluss vom 25.09.2012 äußerte der 8. Senat die Rechtsauffassung, dass die hiesige Klägerin und nicht die Eheleute L zur Rückforderung nach § 37 Abs. 2 AO in Anspruch zu nehmen sei. Nach teilweise bewilligter Prozesskostenhilfe zugunsten der Eheleute hob der Beklagte die Einspruchsentscheidung und das mit dem Aufhebungsbescheid über die Eigenheimzulage 2007 und 2008 vom 06.04.2009 ergangene Leistungsgebot auf. Die Beteiligten haben das Verfahren sodann übereinstimmend für erledigt erklärt.
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