Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorteile aus der Inanspruchnahme von Expedientenrabatten

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Vorteile einer angestellten Reisverkehrskauffrau aus der Inanspruchnahme von Expedientenrabatten sind steuerpflichtiger Arbeitslohn.

2) Eine Steuerbefreiung entsprechend § 3 Nr. 51 EStG oder § 3 Nr. 38 EStG kommt nicht in Betracht.

 

Normenkette

EStG § 8 Abs. 2, § 3 Nrn. 51, 38, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Inanspruchnahme von Expedientenrabatten durch eine Reiseverkehrskauffrau im Rahmen des „S1-Partner-Club”-Programms zu

steuerpflichtigem Arbeitslohn führt. Ferner ist in diesem Zusammenhang streitig, ob die Voraussetzungen für die verlängerte Festsetzungsfrist wegen Steuerhinterziehung gegeben sind.

Die Klägerin ist seit dem Jahr 1993 als Reiseverkehrskauffrau und Expedientin bei der Firma S2-Reisen GmbH mit Sitz in M-Stadt angestellt. Der Reiseveranstalter R1 ist in dem Reisebüro der überwiegende Anbieter.

Neben ihrem Festgehalt und einer umsatzabhängigen Provision für die Vermittlung von Reisen bezog die Klägerin auch geldwerte Vorteile aus ihrer Tätigkeit, so z.B. ermäßigte Ticketpreise für Flug- oder Pauschalreisen.

Im Rahmen ihrer Tätigkeit vermittelte die Klägerin für ihre Arbeitgeberin u.a. Reisen der „S1-Gruppe” (Tochtergesellschaft der „R1-Gruppe”). Die Klägerin wurde in diesem Zusammenhang Mitglied des „S1-Partner-Clubs”. Wirtschaftlicher Hintergrund dieser Mitgliedschaft war es, den Mitgliedern pro vermittelter „S1-Reise” individuelle Punktegutschriften zu gewähren. Der Veranstalter richtete hierzu für jeden Expedienten ein Punktekonto ein. Die Höhe der Punktegutschrift richtete sich nach dem Wert der vermittelten Reise. Die erworbenen Punkte konnten eingesetzt werden zur

  • Rabattierung der Kosten eines eigenen Hotelaufenthalts,
  • Rabattierung der Kosten eines Hotelaufenthalts eines Dritten,
  • Übertragung der Punkte auf Konten anderer Mitarbeiter, die diese wiederum selbst einsetzen konnten.

Hierdurch sollte erreicht werden, dass das jeweilige „S1-Produkt” den Kunden bevorzugt vorgestellt und vermittelt werden konnte.

Die Klägerin nahm ausweislich des für sie geführten Punktekontos in den Streitjahren 1998 bis 2003 als Reisende folgende Expedientenrabatte aus dem „S1-Partner-Club”-Programm in Anspruch:

S1-Hotel

Reiseantritt

Reisedauer (Tage)

Anzahl Personen

hierfür eingelöste Punkte

P1 (USA, Florida)

08.04.1998

4

2

480

G1

(USA, Florida)

16.04.1998

9

2

1.080

U1 (Mexiko)

16.10.1998

7

2

1.260

P1 (USA, Florida)

23.10.1999

4

2

240

U1 (Mexiko)

31.10.1999

7

2

1.260

U2 (Mallorca)

13.05.2000

8

2

480

Lanzarote

06.03.2001

7

2

1.260

U3 (Fuerteventura)

19.05.2001

7

2

420

U3 (Fuerteventura)

10.09.2001

12

2

720

N1 (Fuerteventura)

19.08.2002

7

3

13.650

M. (Formentera)

09.09.2002

10

2

13.000

P1 (USA, Florida)

03.07.2003

7

1

4.200

M. (Formentera)

14.09.2003

10

2

13.000

Die Reisen erfolgten während der Urlaubszeit der Klägerin. Im Wesentlichen reiste sie mit ihrem Lebensgefährten.

In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre, die sie jeweils im Folgejahr abgab, erklärte die Klägerin folgende Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit:

1998:

DM xyxy

1999:

DM xyxy

2000:

DM xyxy

2001:

DM xyxy

2002:

EUR xyxy

2003:

EUR xyxy

Die Steuerfestsetzungen erfolgten dementsprechend und endgültig.

Die erklärten Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit enthielten – was unstreitig ist – keine Vorteile aus der Inanspruchnahme von Expedientenrabatten für die Reiseleistungen aus dem „S1-Partner-Club”. Ebenso hat die Arbeitgeberin der Klägerin insoweit keine Lohnsteuer einbehalten und abgeführt.

Aufgrund von steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen Geschäftsführer mehrerer Reisebürounternehmen und der Selbstanzeige der Klägerin vom 07.10.2005 stellten die Prüfer des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung C-Stadt nach Auswertung des für die Klägerin geführten Expedientenkontos beim „S1-Partner-Club” die vorgenannte Inanspruchnahme der Rabatte fest. In dem steuerstrafrechtlichen Ermittlungsbericht vom 24.08.2006 legten die Prüfer dar, die Gewährung von Rabatten auf Reiseleistungen aus dem „S1-Partner-Club”-Programm führe zum Zeitpunkt des jeweiligen Antritts des Urlaubs bei der Klägerin zu steuerpflichtigen Sachbezügen i.S. von § 8 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Zwischen der Arbeitgeberin der Klägerin und dem Veranstalter (S1) bestehe eine wirtschaftliche und rechtliche Verknüpfung, so dass die Arbeitgeberin insoweit verpflichtet gewesen wäre, Lohnsteuer einzubehalten (§ 38 Abs. 1 Satz 3 EStG). Nach Auswertung umfangreicher Katalogpreiserhebungen sei jeder eingelöste Punkt mit einem geldwerten Vorteil von EUR 0,06 zu bewerten. Für vor dem 31.10.2001 eingelöste Punkte sei aufgrund eines geänderten Vergabesystems jeder Punkt mit einem geldwerten Vorteil von EUR 0,60 zu belegen. Der Geschäftsführer der Arbeitgeberin habe in Kenntnis der Steuerpflicht der Rabattgewährungen aus dem „S1-Partner-Club”-Programm keine Lohnsteuer auf die Sachbezüge einbehalten. Auch der Klägerin hätte die Steue...

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