Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuer keine Nachlassverbindlichkeit
Leitsatz (redaktionell)
Die Erbschaftsteuer stellt keine Nachlassverbindlichkeit i.S.d. § 1967 Abs. 2 BGB dar.
Normenkette
ErbStG § 20 Abs. 1, 3; BGB § 1967 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Feststellungsbescheides gemäß § 251 Abs. 3 Abgabenordnung (AO).
Der am 08.05.2009 verstorbene Erblasser wurde von seiner Tochter und seiner Lebensgefährtin zu je ½ beerbt. Ein entsprechender Erbschein wurde am 23.09.2009 vom Amtsgericht A erteilt.
Nachdem der Beklagte die Lebensgefährtin vergeblich zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung aufgefordert hatte, schätzte er die Besteuerungsgrundlagen und setzte die Erbschaftsteuer durch Bescheid vom 30.08.2010 auf 48.990 Euro fest. Der Bescheid wurde öffentlich zugestellt. Der Bescheid ist bestandkräftig.
Mit Schreiben vom 09.09.2010 zeigte die Rechtsanwaltskanzlei R an, die Lebensgefährtin habe ihren Erbteil auf die Tochter des Erblassers übertragen. Der Nachlass sei überschuldet.
Das Nachlassinsolvenzverfahren beim Amtsgericht S (IN AZ) wurde am 00.00.0000 eröffnet.
Der Beklagte meldete die Erbschaftsteuer als Nachlassforderung zur Insolvenztabelle an. Der Kläger widersprach der Anmeldung im Prüfungstermin.
Der Beklagte erließ deshalb am 05.04.2012 über die Erbschaftsteuer gemäß Bescheid vom 30.08.2010 gegenüber dem Kläger einen auf § 251 Abs. 3 AO gestützten Feststellungsbescheid, gegen den der Kläger am 25.04.2012 Einspruch einlegte und zur Begründung ausführte, der Nachlass hafte nur bis zur Auseinandersetzung für Steuerverbindlichkeiten der Erben. Eine Auseinandersetzung des Nachlasses sei aber bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt.
Den Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 24.05.2012 (PZU vom 26.05.2012) als unbegründet zurück. Eine zeitliche Beschränkung der Haftung des Nachlasses sei weder § 2042 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) noch §§ 1967, 1975 BGB zu entnehmen.
Mit der Klage vom 05.06.2012 verfolgt der Kläger sein Begehren auf Aufhebung des Feststellungsbescheides weiter. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und legt den Vertrag über die Erbauseinandersetzung vom 25.09.2009 vor (Blatt 55 bis 59 der Gerichtsakte), auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Feststellungsbescheid des Finanzamts C Erbschaftsteuer 2009 vom 05. April 2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Mai 2012 aufzuheben, hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung und auf das Urteil des BFH vom 11.08.1998 VII R 118/95 (BStBl. II 1998, 705).
Die Berichterstatterin hat den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten am 02.04.2014 erörtert. Zu den Einzelheiten wird auf das Protokoll des Erörterungstermins hingewiesen (Blatt 46/47 der Gerichtsakte).
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Feststellungsbescheid und die Einspruchsentscheidung sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Erbschaftsteuerforderung des Beklagten kann nicht als Insolvenzforderung durch Feststellungsbescheid gemäß § 251 Abs. 3 AO geltend gemacht werden.
Gemäß § 251 Abs. 3 AO ist die Finanzbehörde befugt, soweit sie im Insolvenzverfahren einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung geltend macht, diesen im Bestreitensfall durch Bescheid festzustellen.
Voraussetzung ist, dass es sich bei dem Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis um eine Insolvenzforderung handelt. In einem Nachlassinsolvenzverfahren kommen daher nur solche Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis als Insolvenzforderung in Betracht, bei denen es sich um Nachlassverbindlichkeiten handelt, § 325 InsO.
Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören gem. § 1967 Abs. 2 BGB die vom Erblasser herrührenden Schulden (Erblasserschulden) und die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen (Erbfallschulden). Demgegenüber sind Eigenschulden des Erben, die vor oder nach dem Erbfall in der Person des Erben entstehen und ihn als Träger seines Eigenvermögens berühren, keine Nachlassverbindlichkeiten (vgl. Küpper in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch Band 9 Erbrecht, § 1967 Rz. 25). Eigenverbindlichkeiten des Erben sind auch sog. Nachlasserbenschulden, die der Erbe bei der Verwaltung des Nachlasses eingeht. Soweit bei Eingehung dieser Verbindlichkeiten auch ein Zusammenhang mit der Abwicklung des Nachlasses besteht, kann nach außen sowohl eine Nachlass- als...