Revision eingelegt (BFH VI R 12/19)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Mehraufwendungen für die Verpflegung eines Postzustellers mit festem Zustellstützpunkt
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Zustellstützpunkt, dem ein Postzusteller dauerhaft zugeordnet ist, und an dem er vor und nach der arbeitstäglichen Zustellungsrunde in deutlichem Zeitumfang für die Zustellung elementare Sortierarbeiten durchführt, ist als erste Tätigkeitsstätte des Postzustellers anzusehen, so dass § 9 Abs. 4a EStG n.F. maßgeblich ist für die Ermittlung und den Abzug für Mehraufwendungen für Verpflegung und keine Verpflegungsmehraufwendungen nach Reisekostengrundsätzen berücksichtigt werden können.
2. Bei der Berücksichtigung beruflich veranlasster Fahrten, bei der das weiträumige Tätigkeitsgebiet in § 9 Abs. 1 Nr. 4a Satz 3 EStG n.F. ausdrücklich genannt ist, ist Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte hat. Arbeitnehmer, die einer ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet sind, aber außerhalb derselben tätig werden, üben keine Tätigkeit in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet, sondern eine Auswärtstätigkeit aus.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 4a, 1 Nr. 4a S. 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit Mehraufwendungen für Verpflegung als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, der Kläger als angestellter Postzusteller.
Der Kläger arbeitet seit 1995 bei der Deutschen Post AG. Zunächst war er als Lkw-Fahrer tätig und wurde dann in gleicher Funktion nach 1 versetzt. 1998 ließ er sich nach 2 versetzen, wo er noch immer tätig ist. Dort arbeitete er von Beginn an als Postzusteller. Seit 2003 ist er sog. „fester Springer in einer 5-er Gruppe“, d.h. er ist für fünf feste Bezirke zuständig: Die Postzusteller der Deutschen Post AG arbeiten in einer 5-Tage-Woche; die Stammzusteller tragen an diesen fünf Arbeitstagen in ihrem festen Bezirk aus. Als fester Springer übernimmt der Kläger dann in fünf Bezirken den durch die 5-Tage-Woche nicht abgedeckten 6. Tag. Für Krankheitsfälle und Urlaubsvertretung sind sog. Vertreter zuständig. Im Jahr haben die Zusteller insgesamt drei Saison-Dienstpläne (z.B. von der 3. bis zur 22. Kalenderwoche). Zudem gibt es für jeden Stammbezirk 12-Wochen-Pläne, in denen festgehalten ist, wann jeder Zusteller eines Bezirks seine freien Tage hat.
Der gewöhnliche Arbeitstag des Klägers sieht wie folgt aus: Die Kompaktbriefe kommen morgens vorsortiert aus dem Briefzentrum 1. Diese werden so vom Zusteller zum Austragen übernommen. Großbriefe, Kataloge, Zeitschriften und Tageszeitungen kommen unsortiert. Sie werden ebenso wie die unsortierten Kompaktbriefe, die z.B. die Maschine nicht lesen konnte oder fehlgeleitet waren (das sind ca. 10 % der Kompaktbriefe), von einem Teil der Zusteller des Zustellstützpunkts gemeinsam auf die einzelnen Zustellbezirke sortiert. Die Pakete kommen unsortiert auf Rollwägen aus dem Frachtzentrum 3 und werden von den übrigen Zustellern gemeinsam auf die Bezirke verteilt. Diese Verteilung sowohl der Briefe als auch der Pakete erfolgt nur grob auf die Bezirke.
Im Anschluss steckt jeder Zusteller seine eigene auszutragende Post für die Runde auf Gangfolge. Briefe, bei denen ein Nachsendeauftrag besteht, werden vorab aussortiert. Die Pakete werden von dem Zusteller im Postauto auf Gangfolge sortiert. Im Anschluss macht der Zusteller seine Runde.
Nach der Zustellrunde macht der jeweilige Zusteller die Abschreibpost (d.h. die Post, bei der der Adressat unbekannt, unbekannt verzogen oder verzogen ist) und Abrechnungen z.B. für Nachnahmen, Nachentgelte oder Zollgebühren.
Der Kläger stempelt morgens, wenn er in den Zustellpunkt kommt. Die Vorarbeiten dauern ca. 2 Stunden. Wenn er den Zustellpunkt verlässt, um seine Runde zu machen, stempelt er "Auf Zustellung", bei Rückkehr stempelt er "Kommen von Zustellung". Im Anschluss an die Nacharbeiten, die ca. 10 bis 15 Minuten dauern, stempelt er "Gehen".
In der Einkommensteuererklärung 2015 machte der Kläger Mehraufwendungen für Verpflegung bei einer Auswärtstätigkeit als Werbungskosten geltend. In Anlage N erklärte er, an 109 Tagen habe eine Abwesenheit von mehr als 8 Stunden vorgelegen. In Zeile 33 der Anlage N gab der Kläger als „Sammelpunkt/nächstgelegener Zugang zum weiträumigen Tätigkeitsgebiet“ die Adresse des Zustellzentrums (2) an.
Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid die erklärten Verpflegungsmehraufwendungen nicht, sondern zog den Arbeitnehmer-Pauschbetrag i.H.v. 1.000 € anstelle der nach Ansicht des Amts anzuerkennenden Werbungskosten des Klägers i.H.v. 546 € ab. In den Erläuterungen führte es aus:
Mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.02.2013 wurden die bisherigen steuerlichen Bestimmungen z...