Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuerfreiheit umlegungsbedingter Zuteilungen
Leitsatz (amtlich)
Trotz Einleitung eines förmlichen Umlegungsverfahrens nach §§ 45 ff. BauGB sind nur solche Grundstückszuteilungen grunderwerbsteuerfrei, die auch umlegungsbedingt erfolgen. Bei vorherigem Erwerb eines relativ kleinen Grundstücks im Umlegungsgebiet durch eine städtische Gesellschaft ist daher - wie schon bei Beginn des Umlegungsverfahrens geplant - die Zuteilung eines Stadiongrundstücks mit einer fast 53fachen der eingebrachten Fläche an diese städtische Gesellschaft nicht grunderwerbsteuerfrei.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 2b; BauGB § 45 ff.
Nachgehend
BFH (Urteil vom 15.02.2017; Aktenzeichen II R 43/13) |
Tatbestand
Im Streit ist, ob die Grunderwerbsteuerbefreiung des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 lit. b des Grunderwerbsteuergesetzes -GrEStG- zum Tragen kommt.
Die Klägerin ist eine am 03. Juni 2003 gegründete GmbH, deren Stammkapital zu 100 % der Stadt X gehört. Die Klägerin war zu dem Zweck gegründet worden, das dem Sportverein Y gehörende Stadion (Y-Stadion) zu erwerben. ...
Der Beklagte hatte zunächst am 8. August 2003 eine Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt, nachdem ihm die Stadt X in einem Schreiben vom 7. Juli 2003 unter Beifügung entsprechender Grundbuchauszüge mitgeteilt hatte, dass die Klägerin als Erwerberin des Grundstücks bereits Alteigentum im Umlegungsverfahren gehabt habe und damit gem. § 48 des Baugesetzbuchs -BauGB- als Beteiligte im Umlegungsverfahren anzusehen sei.
Im November 2006 erhielt der Beklagte durch eine Mitteilung des Finanzamts X weitere Informationen über die Abwicklung des Umlegungsverfahrens. Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der Stadt X wurde dem Beklagten bekannt, dass die Klägerin im Umlegungsverfahren lediglich ein ganz kleines Grundstück eingebracht hatte, das von ihr erst kurz zuvor erworben worden war.
Im Rahmen einer Außenprüfung für grunderwerbsteuerliche Zwecke, mit der der Beklagte das Finanzamt X beauftragt hatte, wurden weitere Tatsachen hinsichtlich des Grunderwerbs im Rahmen der Baulandumlegung Nr. ... "Grundstücksbezeichnung" bekannt.
Hiernach hatte die Stadt X das Umlegungsverfahren am 19. Mai 2003 beschlossen. Sodann hatte die Klägerin am 03. Juni 2003, also am Tag ihrer Gründung (Urkunde Nr. ...3/2003 des Notars Z), vom Y ein noch zu vermessendes Grundstück erworben (Urkunde Nr. ...5/2003 des Notars Z). Dieses sollte aus dem Grundstück Flur .../13 (= 10.229 m2 ) herausgelöst werden. Nach Herauslösung erhielt das 1.936 m2 große Grundstück die Bezeichnung .../15 und diente als sog. Einwurfgrundstück im Rahmen des Umlegungsverfahrens. Der Kaufpreis belief sich auf 14.520,- €. Die im Umlegungsverfahren eingebrachte Grundstücksfläche hatte insgesamt 112.548 m2 betragen. Mit Beschluss der Stadtverwaltung X vom 10. Juni 2003 wurde der Grundbesitz hinsichtlich des Y-Stadions mit einer Fläche von 101.899 m² der Klägerin zugeteilt. Abweichend von § 64 BBauB war sie, die Klägerin, auch Schuldnerin der Ausgleichsleistung. Voraussetzung für die Rechtskraft der Eigentumsregelung war die Lizenzerteilung ... für Y ...
Der Beklagte vertrat in Kenntnis dieser Sachlage die Auffassung, dass die vorliegende Gestaltung missbräuchlich i.S.v. § 42 der Abgabenordnung -AO- sei. Er erließ am 15. November 2007 einen Grunderwerbsteuerbescheid über 1.714.363,- €. Von der Ausgleichsleistung von 51.800.000,- € waren 2.818.200,- € für Betriebsvorrichtungen abzusetzen, so dass die Bemessungsgrundlage 48.981.800,- € betrug.
Ihren Einspruch hiergegen stützte die Klägerin darauf, dass die Voraussetzungen für einen Missbrauch i.S.d. § 42 AO nicht vorlägen. Dem Steuerpflichtigen stehe es grundsätzlich frei, die Gestaltung zu wählen, die ihm die geringste Steuerlast beschere. Eine unangemessene Gestaltung erfordere drei Voraussetzungen, welche im Streitfall nicht vorlägen. So müsse die Gestaltung im Hinblick auf das erstrebte Ziel objektiv unangemessen sein, sie müsse zu einer Steuerminderung oder Steuervergünstigung führen und schließlich durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen sein.
Im vorliegenden Falle sei das Umlegungsverfahren gewählt worden, um die Besitzverhältnisse im Umlegungsgebiet Y neu zu ordnen. Das Umlegungsverfahren entspreche genau dem Teilplan B des Bebauungsplans der Stadt. Auf dem Grundstück .../15 sollte eine Buswendeschleife errichtet werden. Diese sei für einen regulären Spielbetrieb im Stadion notwendig geworden. Damit hätten zunächst beachtliche wirtschaftliche Gründe vorgelegen, wenngleich aus verschiedenen Gründen der Bau einer Busschleife danach nicht zustande gekommen sei. Nichtsteuerliche Gründe seien auch darin zu sehen, dass durch das Umlegungsverfahren Gebühren in einer Höhe von rd. 96.000,- € gespart worden seien, weil weder Notar- noch Eintragungsgebühren angefallen seien. Kosten in diesem Umfang hätten aus finanziellen Gründen weder die Klägerin noch der Y entrichten können. Das Umlegungsverfahren se...