Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine steuermindernde Berücksichtigung von Sozialversicherungsbeiträgen aufgrund des Bezugs von steuerfreien Lohnersatzleistungen
Leitsatz (amtlich)
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung, die aus steuerfreien Lohnersatzleistungen stammen, stehen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen im Sinne des § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG und sind deshalb nicht als Sonderausgaben abziehbar. Eine Kürzung der im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigenden Lohnersatzleistungen um die abgeführten Sozialversicherungsbeiträge kommt ebenfalls nicht in Betracht.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1-2, § 32b
Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Berücksichtigung von Sozialversicherungsbeiträgen, die auf Lohnersatzleistungen entfallen.
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr 2011 bezog der Kläger für den Zeitraum vom 16.10.2007 bis 31.12.2011 Verletztengeld nach §§ 45ff SGB VII in Höhe von 91.078,20 €. Darin enthalten waren Beiträge des Klägers zur Rentenversicherung. Ferner musste der Kläger im Streitjahr Arbeitslosengeld I in Höhe von 19.526,40 € zurückzahlen.
In ihrer für das Streitjahr beim Beklagten eingereichten Einkommensteuererklärung beantragten die Kläger, die Nachzahlung des Verletztengeldes für vorangegangene Veranlagungszeiträume dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 34 Abs. 1 EStG (sog. "Fünftelregelung") zu unterwerfen.
Das Finanzamt beließ die Lohnersatzleistungen in Höhe von 91.078,20 € im angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 15.11.2012 steuerfrei, bezog sie jedoch in voller Höhe abzüglich des zurückgezahlten Arbeitslosengeldes von 19.526,40 € sowie abzüglich des Arbeitnehmer-Pauschbetrags von 1.000 €, mithin in Höhe von insgesamt 70.551 € in die Berechnung des besonderen Steuersatzes gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 1 b EStG (Progressionsvorbehalt) ein.
Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein, mit dem sie sich neben weiteren hier nicht streitigen Punkten gegen die Nichtanwendung der Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG auf die im Streitjahr erfolgte Nachzahlung des Verletztengeldes wendeten.
Mit Einspruchsentscheidung vom 14.03.2013 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger nunmehr die Berücksichtigung der in dem ausgezahlten Verletztengeld enthaltenen Sozialversicherungsbeiträge als Sonderausgaben. Sie tragen vor, das beklagte Finanzamt habe zutreffend Lohnersatzleistungen mit einem Betrag von 70.551 € in die Berechnung des Steuersatzes einbezogen (Progressionsvorbehalt). In dem im Streitjahr bezogenen Verletztengeld in Höhe von 91.078,20 € seien jedoch auch Arbeitnehmeranteile zur Rentenversicherung in Höhe von insgesamt 11.791,65 € enthalten. Zum Beleg hierzu reichten die Kläger ein Schreiben der …-BKK vom 07.06.2013 ein, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl.34 f der Prozessakte).
Diese Sozialversicherungsbeiträge seien, so die Kläger, im Rahmen des § 10 EStG zu berücksichtigen. Hierzu verweisen die Kläger auf die Ausführungen des Finanzgerichts Köln in seinem Urteil vom 09.11.2006 - 10 K 1997/02 - (EFG 2007, 518), in dem eine Kürzung der im Rahmen des Progressionsvorbehalts anzusetzenden Lohnersatzleistungen um abzuführende Sozialversicherungsbeiträge u. a. mit der Begründung abgelehnt wurde, dass andernfalls die Sozialversicherungsabgaben nochmals berücksichtigt würden, obwohl sie das zu versteuernde Einkommen bereits im Rahmen der Sonderausgaben nach § 10 EStG gemindert hätten.
Ferner tragen die Kläger vor, die Entscheidung des BFH vom 18.04.2012 - X R 62/09 - (BStBl II 2012, 721) betreffe einen anders gelagerten Fall und sei auf den Streitfall nicht anwendbar. In jener Entscheidung habe der dortige Kläger den Sonderausgabenabzug für obligatorische Beiträge an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung begehrt, wobei die zugrunde liegenden Einkünfte nach dem DBA Schweiz steuerfrei gewesen seien. Selbst wenn man die Grundsätze dieses Urteils auf den Streitfall übertragen wollte, würde der Sonderausgabenabzug zwar an dem Abzugsverbot des § 10 Abs. 2 Nr. 1 EStG scheitern, sofern man sich der Auffassung anschließen sollte, dass die Beiträge zur Sozialversicherung im Zusammenhang mit dem steuerfreien Verletztengeld und nicht mit dem später steuerpflichtigen Renteneinkommen stehen. Im Gegenzug müsste jedoch dann eine Kürzung der bezogenen Leistungen im Rahmen des Progressionsvorbehalts um die Sozialversicherungsbeiträge erfolgen. Auf die Entscheidung des Finanzgerichts Köln vom 09.11.2006 - 10 K 1997/02 - werde in diesem Zusammenhang nochmals verwiesen.
Die zitierte Entscheidung des BFH sei auch insoweit mit dem Streitfall nicht vergleichbar, als die Beiträge an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung in der Schweiz im Rahmen der Ermittlung der gewerblichen Einkünfte steuermindernd berücksichtigt worden seien. Wie der BFH in seiner Entscheidung ausdrücklich klargestellt habe, habe er in seinem Beschluss...