Rz. 49
Grundsätzlich stellt materiell-rechtlich jede freigebige Zuwendung einen eigenständigen steuerbegründenden Tatbestand dar. Rechtlich selbstständig zu beurteilende Zuwendungen liegen insbesondere vor, wenn die Zuwendungen nicht auf einem einheitlichen Schenkungsversprechen beruhen, den Zuwendungen kein obligatorisches Forderungsrecht zugrunde liegt, das ein Stammrecht des Bedachten auf die einzelnen Zuwendungen begründet und kein einheitlicher Steuerentstehungszeitpunkt vorliegt. Von einer einheitlichen Zuwendung wird demgegenüber gesprochen, wenn in einem einheitlichen Schenkungsversprechen mehrere Vermögensgegenstände mit einem übereinstimmenden Steuerentstehungszeitpunkt zugewendet werden. Diese Fälle sind kein Anwendungsfall des § 14 ErbStG, sondern in diesen Fällen werden die mehreren Zuwendungen mit ihren steuerlichen Werten addiert. Ist ein einzelner negativer Erwerb vorhanden, kann dieser von den weiteren positiven Erwerben abgezogen werden. Ist das FA bei der Festsetzung der Schenkungsteuer für mehrere freigebige Zuwendungen erkennbar (aber rechtsirrtümlich) davon ausgegangen, es liege eine einheitliche Zuwendung vor, führt dies nicht zur Nichtigkeit des Schenkungsteuerbescheids. Die Rspr. des BFH, nach der die unaufgegliederte Zusammenfassung mehrerer Steuerfälle in einem Bescheid zur Unbestimmtheit (§ 119 Abs. 1 AO) und Nichtigkeit eines Steuerbescheids führen kann, ist nicht anwendbar, wenn sich dem Steuerbescheid entnehmen lässt, dass das FA – wenn auch rechtsirrtümlich – bei der Steuerfestsetzung vom Vorliegen eines einheitlichen Erwerbsvorgangs ausgegangen ist. In einem solchen Fall ist der Steuerbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt i. S. d. § 119 Abs. 1 AO. Die Rspr. zur Nichtigkeit der unaufgegliederten Zusammenfassung mehrerer Steuerfälle in einem Bescheid hingegen betrifft Fälle, in denen aus dem Steuerbescheid hervorgeht, dass das FA trotz Annahme mehrerer Steuerfälle die Steuer unaufgegliedert festgesetzt hat, und auf die gesonderte Ermittlung der Steuer für die einzelnen Steuerfälle nicht ausnahmsweise verzichtet werden kann. Den maßgeblichen Unterschied sieht der BFH also darin, dass sich in diesen Fällen aus der unaufgegliederten Steuerfestsetzung nämlich nicht ersehen lässt, welche Steuerbeträge für die einzelnen Steuerfälle festgesetzt sein sollen.
Rz. 50
Das Vorliegen eines einheitlichen Schenkungsversprechens wird in der Praxis dadurch erreicht, dass im Schenkungsvertrag (einheitliches Schenkungsversprechen) ein einheitlicher Stichtag, zu dem das wirtschaftliche Eigentum übergehen soll, festgelegt wird. Auf den Übergang des zivilrechtlichen Eigentums, der je nach Vermögensart unterschiedlich sein kann, so etwa bei Grundstücken oder Personen- bzw. Kapitalgesellschaftsanteilen, kommt es dann nicht mehr an. Bei der Zuwendung eines Kommanditanteils unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung des Kommanditisten im Handelsregister ist im Hinblick auf die Entscheidungen des BFH Vorsicht geboten (vgl. hierzu § 9 ErbStG Rz. 89). Hinzuweisen ist, dass im Zweifel der Steuerpflichtige die Beweislast für das Vorliegen einer einheitlichen Schenkung trägt.