Prof. Dr. Michael Fischer
Rz. 440
Als Schenkung unter Lebenden gilt der Übergang von Vermögen aufgrund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 ErbStG). Satz 1 betrifft die Erstausstattung der Stiftung, die auch als ausländische Stiftung errichtet worden sein kann. Besteuert wird der Vermögensübergang auf die Stiftung, zu dem der Stifter mit der Anerkennung der Stiftung gem. § 82 S. 1 BGB verpflichtet wird bzw. der sich nach § 82 S. 2 BGB mit der Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig von selbst vollzieht. Ist die Stiftung errichtet worden und erfolgen später sog. Zustiftungen, unterliegen diese als freigebige Zuwendungen nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Schenkungsteuer. Bei der Prüfung, wer als Zuwendender und Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt ist, kommt es nach der ständigen Rspr. des BFH auf die Zivilrechtslage und nicht darauf an, wem nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise Vermögen oder Einkommen zuzurechnen ist; denn die Schenkungsteuer ist Verkehrsteuer. Bei einer Vermögensübertragung auf eine rechtsfähige Stiftung kann deshalb keine freigebige Zuwendung an den Begünstigten vorliegen. Die Zustiftung an eine (Familien-)Stiftung ist auch dann nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mit Steuerklasse III steuerpflichtig, wenn der Zuwendende zugleich der einzige Begünstigte der Stiftung ist. Der Sondertatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG ist allerdings dann noch einschlägig, wenn der Stifter im Stiftungsgeschäft die hinreichend konkretisierte Verpflichtung zu weiteren Zuwendungen an die Stiftung übernommen hat, was vor allem bei Familienstiftungen (§ 15 Abs. 2 ErbStG) steuerlich vorteilhaft sein kann.
Rz. 441
Zur Tatbestandserfüllung des § 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 1 ErbStG ist eine Bereicherung der Stiftung erforderlich, insbesondere, dass die Stiftung über die Erstausstattung tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann. An der Bereicherung fehlt es, wenn die Übertragung nur treuhänderisch erfolgt. Die Verpflichtung einer Stiftung, eine ihr zugedachte Verwendung satzungsgemäß zu verwenden, begründet keine auf der Zuwendung ruhende Last oder Auflage und mindert nicht die Bereicherung. Ebenso wenig schließt es die Bereicherung aus, dass die Stiftung satzungsgemäß weitgehend identischen Zwecken wie der Stifter dient. Während Kapitalgesellschaften ihren Gesellschaftern – jedenfalls bei eigennützigem Verbandszweck – "gehören", sind mitgliederlose Stiftungen eigenständige juristische Personen und damit im Grundsatz auch zum Stifter wie ein Dritter zu behandeln. Für als gemeinnützig anerkannte Stiftungen stellt § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG den Vermögensübergang von der Steuerpflicht frei.
Rz. 442
§ 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 ErbStG, der durch das StEntlG 1999/2000/2002 eingeführt worden ist, erstreckt die Besteuerung auf die Bildung und – abweichend von Satz 1 – auf die (spätere) Ausstattung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden. Dabei ist die Steuerklasse III einschlägig, weil sich die Privilegierung des § 15 Abs. 2 S. 1 ErbStG ausdrücklich auf Inlandsstiftungen beschränkt. § 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 ErbStG dient der Ergänzung des § 3 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 ErbStG. Mit der Regelung hat der Gesetzgeber auf die Entscheidung des BFH reagiert, wonach die Vermögenszuwendung an einen Inter-Vivos-Trust nach angloamerikanischem Recht nicht dem deutschen ErbStG unterliegt. Denn der Trustee ist nicht bereichert. Daran ändert auch Satz 2 nichts. Vielmehr erfolgt die Besteuerung der Errichtung von Inter-Vivos-Trusts seit dem 4.3.1999 aufgrund einer doppelten Fiktion. Da der Trust nach deutschem Zivilrecht keine Rechtsfähigkeit besitzt und damit kein Vermögensübergang stattfindet, fingiert das Gesetz in § 20 Abs. 1 S. 2 ErbStG zunächst die Erwerberfähigkeit und dann in § 7 Abs. 1 Nr. 8 S. 2 ErbStG den Vermögensübergang, der zumindest eine Anerkennung nach deutschem IPR voraussetzen dürfte. Dies bedeutet aber auch, dass die Fiktion des Satzes 2 zu Ende gedacht werden muss. Fehlt es bereits an einer Bereicherung des fiktiven Gebildes, weil der Trust-Errichter (Settlor) nach der Trusturkunde eine Rechtsposition besitzt, dass der Trustee nicht tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann, geht Satz 2 ins Leere. Stifter und (ausländische) Stiftung sind eigenständige Rechtspersonen, für die das sog. Trennungsprinzip gilt. Ein Durchgriff auf die Person des Stifters nach der Errichtung der Stiftung ist damit ausgeschlossen. Das hat zur Folge, dass beim Versterben des Stifters Vermögensgegenstände, die der Erblasser in die Stiftung eingebracht hat, nicht in den Nachlass fallen. Behält sich der Stifter umfassende Herrschaftsbefugnisse vor, ist ihm das Vermögen der Stiftung aber weiterhin zuzurechnen, da das Trennungsprinzip nach dem maßgeblichen ausländischen Stiftungsrecht durchbrochen wird. Herrschaftsbefugnisse in diesem Sinne ergeben sich z. B. durch den Vorbehalt des Stifters in Bezug auf die Entscheidung über die Anlage und Ve...