„(7) [1] Die Einkünfte der Stiftung nach Absatz 1 werden in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes und des Einkommensteuergesetzes ermittelt.”

 

Rz. 306

[Autor/Stand] Entsprechende Anwendung der Vorschriften des KStG und des EStG. § 15 beruht für die Zeit ab dem VZ 2013 auf der Vorstellung, dass die ausländische Familienstiftung Einkünfte erzielt. Die ausländische Familienstiftung ist mit anderen Worten das sog. Einkünfteerzielungssubjekt; es werden erzielte Einkünfte und nicht der Einkünfteerzielungstatbestand dem Zurechnungsadressaten zugerechnet (vgl. Rz. 77, 103, 112). Damit steht im Einklang, dass sich gem. § 15 Abs. 8 Satz 1 die Art der Einkünfte beim Zurechnungsadressaten nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG (vgl. Rz. 350) und nicht nach dem von der Stiftung verwirklichten Sachverhalt bestimmt. Ist die Stiftung aber ein eigenständiges Einkünfteerzielungssubjekt, muss der für die Zurechnung nach § 15 Abs. 1 maßgebende Einkünftebegriff aus § 8 Abs. 1 KStG abgeleitet werden (vgl. näher Rz. 103).[2] § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG verweist auf die Vorschriften des EStG. Im Grundsatz kann die Stiftung Einkünfte i.S. von sechs der sieben Einkunftsarten erzielen; Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind nicht denkbar. § 8 Abs. 2 KStG findet keine Anwendung, weil die Stiftung nicht unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist. Gesetzlich nicht ganz eindeutig geregelt ist, ob zwecks Einkünfteermittlung unbeschränkte Steuerpflicht zu unterstellen ist. Die Anordnung allerdings, "die Einkünfte" nach den Vorschriften des KStG und des EStG bzw. (über § 10 Abs. 3 Satz 1) nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln, ist offenbar im Sinne von "sämtlichen weltweiten Einkünften" zu verstehen. Denn die inländischen Einkünfte der Stiftung i.S.v. § 49 Abs. 1 EStG müssen schon aufgrund der dann bestehenden Körperschaftsteuerpflicht (§ 2 Nr. 1 KStG) ermittelt werden. Ferner verlangt der Sinn und Zweck von § 15 die Zurechnung der weltweiten Einkünfte, da andernfalls die Zurechnung sich dadurch leicht vermeiden, dass die Stiftung nur ausländische Einkünfte erzielt. Ohne Einkünfteermittlung gibt es aber keine Einkünftezurechnung. Dies spricht dafür, die der Zurechnung unterliegenden Einkünfte auf der Basis einer fiktiven unbeschränkten Steuerpflicht der Stiftung nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln.[3] Dies entspricht der Rechtsprechung des BFH für die Rechtslage vor 2009.[4] Unbeschadet dessen wäre es wünschenswert, dass der Gesetzgeber diese Grundsatzfrage explizit regelt.

 

Rz. 307

[Autor/Stand] Bei der Stiftung eintretende Zurechnungsfolgen. Aus der Tatsache, dass § 15 Abs. 7 von "Einkünften der Stiftung" spricht, folgt im Umkehrschluss, dass die Zurechnung gem. § 15 Abs. 1 die Einkünfteerzielung der Stiftung selbst nicht berührt (vgl. Rz. 77, 103, 111). Die Zurechnung löst deshalb bei der Stiftung keine Einkünfteminderung aus. Die Zurechnungsbeträge können nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten der Stiftung angesetzt werden. Insoweit fehlt es an Aufwendungen i.S.d. §§ 4 Abs. 4 und 9 EStG. § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG findet auch sinngemäß keine Anwendung. Ferner wird der Umfang der ggf. bestehenden beschränkten Steuerpflicht der Stiftung im Inland durch die Zurechnung nicht eingeschränkt.[6] Die Einkünfte werden also unter Umständen in Deutschland zweimal besteuert. Diese Doppelbesteuerung wird dann gem. § 15 Abs. 5 durch Anrechnung der von der Stiftung gezahlten Steuern auf die Steuer des Zurechnungsadressaten nur im Rahmen der Höchstbetragsberechnung vermieden.

 

Rz. 308

[Autor/Stand] Beim Zurechnungsadressat eintretende Zurechnungsfolgen. Die Rechtsfolge des § 15 Abs. 1 besteht in einer (ggf. anteiligen) Zurechnung von Einkünften der Stiftung gegenüber einem Zurechnungsadressaten (vgl. Rz. 111 f.). Die Zurechnungsfolge ist insoweit gesetzlich geregelt, als § 15 Abs. 8 Satz 1 die Erfassung der Einkünfte beim Zurechnungsadressaten i.d.R. als solche i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG vorschreibt (vgl. Rz. 346 f., 350; zu Rechtslage beim körperschaftsteuerpflichtigen Zurechnungsadressaten vgl. Rz. 386 f., 390).

 

Rz. 309– 310

[Autor/Stand] frei

[Autor/Stand] Autor: Baßler, Stand: 01.10.2022
[2] Vgl. Vogt in Brandis/Heuermann, § 15 AStG Rz. 99 (Stand: März 2022); Oppel in Schaumburg, Internationales Steuerrecht5, Rz. 14.12 und 14.31; Kirchhain, Rz. 96 und Kirchhain in Fuhrmann3, § 15 AStG Rz. 95; Rundshagen in S/K/K, § 15 AStG Rz. 47 (Stand: Juni 2014); Angermann/Fick, DStR 2004, 299 (302); Habammer, DStR 2002, 425 (428); Haisch/Danz, DStZ 2008, 392(399 f.); von Löwe, IStR 2005, 577 (581).
[3] Vgl. Wassermeyer, IStR 2009, 191.
[4] BFH v. 5.11.1992 – I R 39/92, BStBl. II 1993, 388 = BFHE 170, 62; nur im Ergebnis gl.A. Runge in B/K/L/M/R, § 15 AStG Rz. 10, 23.
[Autor/Stand] Autor: Baßler, Stand: 01.10.2022
[6] Vgl. Baranowski, Besteuerung von Auslandsbeziehungen2, Rz. 1108; Rundshagen in S/K/K, § 15 AStG Rz. 10, 59 (Stand: Juni 2014); Schulz in Lademann, § 15 AStG Rz. 10 (Stand: November 2019); Sieker, BB 1993, 1257 (1258).
[Au...

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