Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld, Gary Rüsch
..., nach denen Einkünfte aufgrund ihrer Behandlung im anderen Vertragsstaat nicht von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen werden, ...
Rz. 121
Keine abkommensrechtliche Steuerfreistellung. Die abkommensrechtlichen Vorschriften (s. Rz. 122) müssen dazu führen, dass eine eigentlich vorgesehene Steuerfreistellung von Einkünften eingeschränkt wird ("nicht von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen"). Eine abkommensrechtliche Steuerfreistellung kann sich aus den Verteilungsartikeln (Art. 6–22 OECD-MA) mit abschließender Rechtsfolge und aus der im Methodenartikel vereinbarten Freistellungsmethode (Art. 23A OECD-MA) ergeben. Dabei normiert die Vorschrift dem Wortlaut nach keine Einschränkung auf eine der beiden Artikelkategorien, weil Einkünfte auch bei einer Steuerfreistellung durch die Verteilungsartikel "von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen" werden. Der Gesetzgeber spricht zwar nur von der Freistellungsmethode, er strebt aber eine uneingeschränkte Erfassung auch von Einkunftsteilen an.
Rz. 122
Aufgrund ihrer Behandlung. Eine abkommensrechtliche Steuerfreistellung kann auf Abkommensebene durch die verschiedensten Vorschriften eingeschränkt werden, § 50d Abs. 9 Satz 4 EStG erfasst aber nur jene Regelungstypen, die eine abkommensrechtliche Freistellung der Einkünfte "aufgrund ihrer Behandlung" versagen. Das könnte bei unbefangenem Blick dafürsprechen, sämtliche Abkommensvorschriften einzubeziehen, die eine Steuerfreistellung einschränken, weil Einkünfte bei der Anwendung steuerlicher Vorschriften stets "irgendwie" steuerlich behandelt werden. Dieses Verständnis liegt § 50d Abs. 9 Satz 4 EStG jedoch nicht zugrunde. Die abkommensrechtliche Freistellung muss infolge eines korrespondierenden Besteuerungstatbestands eingeschränkt werden. Hiermit sind Vorschriften gemeint, die einen ausdrücklich formulierten Besteuerungsvorbehalt enthalten, der ein Abhängigkeitsverhältnis zu anderweitigen Besteuerungsmerkmalen normiert. Innerhalb dessen werden – nach unterschiedlicher Auffassung im Schrifttum – sämtliche Vorschriften erfasst, was für eine gleichmäßige Verwirklichung des gesetzgeberischen Anliegens auch konsequent erscheint. Es geht somit nicht nur um Vorschriften, die dem – u.a. auf Qualifikationskonflikte eingeschränkten – Anwendungsbereich von § 50d Abs. 9 Satz 1 EStG entsprechen, aber auf Abkommensebene zu verorten sind. Ebenfalls unbeachtlich ist, ob sie in den Verteilungsartikeln, im Methodenartikel oder im zugehörigen Protokoll verankert sind. Weitere Voraussetzungen bestehen nicht. So kommt es z.B. nicht darauf an, wer für den Eintritt der Rechtsfolgen derartiger Vorschriften "verantwortlich" oder wie das steuerliche Abhängigkeitsverhältnis formuliert ist. Nicht erfasst werden nach unstreitiger Auffassung im Schrifttum Aktivitätsklauseln, weil sie kein steuerliches Abhängigkeitsverhältnis normieren, da es hier um die zugrunde liegende Tätigkeit geht.
Rz. 123
Kategoriale Einordnung. Für derartige Vorschriften (s. Rz. 122) findet sich bisher keine einheitliche Bezeichnung. Sie werden zumeist als Switch-Over-, Subject-to-Tax- oder Korrespondenzklauseln, aber auch als Umschalt- oder Rückfallklauseln bezeichnet. Bei Remittance-Base-Klauseln (auch Überweisungsklauseln oder Herkunftsbestimmungen genannt) geht es darum, dass die Einkünfte in den anderen Vertragsstaat überwiesen werden. Wird darin lediglich auf den monetären Zahlungsvorgang abgestellt, ist das keine Frage der steuerlichen Behandlung (s. Rz. 122). Nur wenn sie auch auf die steuerliche Behandlung abstellen, werden sie von § 50d Abs. 9 Satz 4 EStG erfasst. Dass es durch die unterschiedlichen Bezeichnungen letztlich wenig Sinn ergibt, (nicht) erfasste Normengruppen aufzuzählen, zeigt sich an den uneinheitlichen Ausführungen im Schrifttum dazu, welche Normengruppen von § 50d Abs. 9 Satz 4 EStG erfasst sein sollen. Systematischer ist daher, die Frage jeweils über das Vorhandensein eines steuerlichen Abhängigkeitsverhältnisses zu klären.
Rz. 124
Im anderen Vertragsstaat. Mit der Formulierung "im anderen Vertragsstaat" bezieht sich die Anordnung auf den zu Beginn von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG angesprochenen "anderen Staat" (s. Rz. 60). Daraus folgt, dass für die korrespondierende Besteuerung nur dieses Abkommensverhältnis maßgeblich ist, was man als Abkommenskongruenz bezeichnen kann. Steuerliche Auswirkungen in einem davon abweichenden Staat können damit nicht berücksichtigt werden.