Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
Rz. 622
Verhältnis zu § 50d Abs. 3 EStG. Die Regelung des § 50d Abs. 3 EStG wird (neben dem Freistellungsverfahren) auch im Erstattungsverfahren nach § 50c Abs. 3 EStG relevant. Dieses betrifft (im Gegensatz zum präventiv wirkenden Freistellungsverfahren) die nachträgliche Erstattung einer einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer oder Abzugsteuer auf bereits zugeflossene Einkünfte. § 50d Abs. 3 EStG ist insoweit für den Zeitpunkt zu prüfen, zu dem auch der geltend gemachte Entlastungsanspruch entstanden ist, d.h. für den Zuflusszeitpunkt (vgl. Rz. 610).
Rz. 623
Anspruch auf Erteilung eines Freistellungsbescheids. Gemäß § 50c Abs. 3 EStG hat ein (i) beschränkt steuerpflichtiger Gläubiger von Kapitalerträgen oder Vergütungen Anspruch auf Erstattung von Kapitalertragsteuer oder Abzugsteuer nach § 50a EStG, wenn (ii) Kapitalertragsteuer oder Abzugsteuer nach § 50a EStG einbehalten und abgeführt oder aufgrund eines Haftungs- oder Nachforderungsbescheids entrichtet wurde, (iii) der Besteuerung der dem Abzug unterliegenden Einkünfte die § 43b, § 50g oder ein DBA entgegenstehen, wozu die Prüfung des § 50d Abs. 3 EStG gehört, (iv) die Steuer nicht nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auf die Einkommensteuer (oder über § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG) auf die Körperschaftsteuer des Gläubigers angerechnet werden kann, (v) eine Ansässigkeitsbescheinigung nach § 50c Abs. 5 Satz 2 EStG vorgelegt wird, (vi) bei Kapitalertragsteuer die Bescheinigung i.S.d. § 45a Abs. 2 oder Abs. 3 EStG vorgelegt wird oder die Angaben nach § 45a Abs. 2a EStG übermittelt wurden, (vii) bei Vergütungen nach § 50a EStG die Bescheinigung i.S.d. § 50a Abs. 5 Satz 6 EStG beigefügt wird(viii) der Gläubiger einen entsprechenden Antrag grundsätzlich innerhalb von vier Jahren nach dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Kapitalerträge oder Vergütungen bezogen wurden, stellt (§ 50c Abs. 3 Satz 2 EStG). Der Erstattungsanspruch folgt materiell-rechtlich aus § 37 Abs. 2 AO, wird aber in § 50c Abs. 3 EStG spezialgesetzlich (insb. verfahrensrechtlich) ausgeformt. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Freistellungsbescheids müssen im Zeitpunkt seiner Erteilung (letzte Behördenentscheidung) vorliegen. Der Freistellungsbescheid bezieht sich auf einen bereits entstandenen Entlastungsanspruch, dessen Voraussetzungen für den Zuflusszeitpunkt zu prüfen sind. Da § 50d Abs. 3 EStG an diesen Entlastungsanspruch tatbestandlich anknüpft, muss auch § 50d Abs. 3 EStG für den Zuflusszeitpunkt geprüft werden (vgl. Rz. 610).
Rz. 624
Freistellungsbescheid. Der Freistellungsbescheid ist (im Gegensatz zur Freistellungsbescheinigung) ein Steuerbescheid i.S.d. § 155 Abs. 1 Satz 3 AO. In ihm wird die Steuerschuld des Gläubigers als Steuerschuldner festgesetzt. Der Freistellungsbescheid ist Grundlage für die Erstattung der (zu viel) einbehaltenen und abgeführten Steuer (vgl. § 218 Abs. 1 Satz 1 AO). Der zu erstattende Betrag wird nach Bekanntgabe des Freistellungsbescheids ausgezahlt. Der Freistellungsbescheid erledigt die Steueranmeldung (§ 168 AO) des Schuldners der Kapitalerträge oder Vergütungen, die bis zu diesem Zeitpunkt formeller Rechtsgrund für die einbehaltene und abgeführte Steuer war und aus diesem Grund einen Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO ausschloss. Zur Verzinsung eines Erstattungsanspruchs auf der Grundlage des § 50g EStG, s. § 50c Abs. 4 EStG. Zur Verzinsung aufgrund unionsrechtswidrig erhobenen bzw. nicht erstatteter Steuern s. Vor § 50d Abs. 3 EStG Rz. 21.