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  1. nachgewiesen wird, dass das Stiftungsvermögen der Verfügungsmacht der in den Absätzen 2 und 3 genannten Personen rechtlich und tatsächlich entzogen ist und

...”

 

Rz. 274

[Autor/Stand] Wer hat den Nachweis zu erbringen? Nach § 15 Abs. 6 Nr. 1 muss "nachgewiesen" werden, dass das Stiftungsvermögen der Verfügungsmacht der in den Abs. 2 und 3 genannten Personen rechtlich und tatsächlich entzogen ist.[2] Anders als der Gegenbeweis nach § 8 Abs. 1 Satz 1 bestimmt das Gesetz nicht ausdrücklich, wer den Nachweis zu führen hat. Aus dem Gesamtkontext der Vorschrift ergibt sich jedoch, dass der Nachweis durch die in § 15 Abs. 2 und 3 genannten Personen und nicht durch die Finanzverwaltung zu führen ist.[3] Weitere Voraussetzung ist, dass die in § 15 Abs. 2 und 3 genannten Personen bei Anwendung von § 15 Abs. 1 steuerpflichtig wären. Sofern keine Steuerpflicht besteht, gibt es auch keinen Anlass, den Personen i.S. von § 15 Abs. 2 und 3 für deutsche Besteuerungszwecke eine Nachweisverpflichtung aufzuerlegen. Dies entspricht im Grundsatz der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache "Cadbury Schweppes", wonach der für eine verhältnismäßige Ausgestaltung von typisierenden Missbrauchsvorschriften notwendige Gegenbeweis vom Stpfl. zu führen ist.

 

Rz. 275

[Autor/Stand] Praktische Probleme bei mehreren Personen i.S. von § 15 Abs. 2 und 3. Es stellt sich die Frage, wie zu verfahren ist, wenn mehrere steuerpflichtige Personen i.S. von § 15 Abs. 2 und 3 vorhanden sind, aber nur einige davon den Nachweis erbringen (bzw. erbringen können). Die Frage geht dahin, ob man anderen Stpfl. den von einer anderen, ggf. auch nicht steuerpflichtigen, Person erbrachten Nachweis, die Verfügungsmacht ist dem Stpfl. entzogen, zurechnen kann. Dies wird man schon vor dem unionsrechtlichen Hintergrund von § 15 Abs. 6 bejahen müssen. Denn steht fest, dass das Stiftungsvermögen der Verfügungsmacht der in § 15 Abs. 2 und 3 genannten Personen rechtlich und tatsächlich entzogen ist, dann liegt keine bloße künstliche Konstruktion vor und es besteht kein Bedürfnis für eine Zurechnung nach § 15 Abs. 1. Es würde erheblichen unionsrechtlichen Bedenken begegnen, wenn einem Stpfl., der z.B. aufgrund seiner Destinatärsstellung nicht den Nachweis erbringen kann, Einkünfte der Stiftung zugerechnet werden, obwohl ein anderer Stpfl. den entsprechenden Nachweis erbracht hat.[5] Dieses Ergebnis ist auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, weil zumindest bei mehreren Zurechnungsadressaten i.S. von § 15 Abs. 1 die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gem. § 18 Abs. 4 (einheitlich) durch ein Feststellungsfinanzamt erfolgt. Die Informationen liegen dann also dem entsprechenden FA vor. Bei der Parallelproblematik im Rahmen von § 8 Abs. 2 will die Finanzverwaltung dem Vernehmen nach den erfolgreichen Nachweis durch einen Gesellschafter ausreichen lassen. Diese Sichtweise sollte auch im Rahmen von § 15 Abs. 6 gelten.

 

Rz. 276

[Autor/Stand] Umkehr der Darlegungs- und Beweislast. Im Ergebnis führt § 15 Abs. 6 Nr. 1 zu einer Umkehr der Darlegungs- und Beweislast.[7] § 15 Abs. 1 vermutet damit widerleglich, dass die Einschaltung einer ausländischen Familienstiftung eine missbräuchliche Gestaltung des Rechts darstellt. Aus Sicht des Unionsrechts liegt darin zugleich die – nach Auffassung des EuGH wohl zulässige – Vermutung einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Grundfreiheiten. Die Personen i.S. von § 15 Abs. 2 und 3 sollen jedoch über § 15 Abs. 6 die Möglichkeit haben, diese Vermutung durch das Führen des Gegenbeweises zu widerlegen. Dies setzt allerdings voraus, dass die betreffende Person aufgrund ihres Verhältnisses zur ausländischen Familienstiftung tatsächlich die notwendigen Informationen beschaffen kann. Das kann unter Umständen (insbesondere bei den Bezugs- oder Anfallsberechtigten) objektiv unmöglich sein. Der Staat darf dem Stpfl. aber nichts abverlangen, was dieser objektiv nicht erbringen kann. In diesem Fall wäre die Umkehr der Darlegungs- und Beweislast unverhältnismäßig. Die Finanzverwaltung muss dann auf der Grundlage der Amtshilferichtlinie bzw. der Auskunftsklauseln in DBA diejenigen Informationen beschaffen, aus denen sich ergibt, dass die ausländische Familienstiftung die Voraussetzungen von § 15 Abs. 6 nicht erfüllt.

 

Rz. 277

[Autor/Stand] Anforderungen an Darlegungs- und Beweislast. Die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast durch die Stpfl. dürfen insgesamt nicht überhöht werden. Der EuGH hat in "Cadbury Schweppes" darauf hingewiesen, dass die zuständigen nationalen Behörden angesichts der von der ausländischen Gesellschaft (bzw. vom Stpfl.) vorgelegten Beweise die Möglichkeit haben, auf die Mechanismen der Amtshilferichtlinie oder der DBA zurückzugreifen, "um die erforderlichen Informationen über die tatsächliche Lage der beherrschten Gesellschaft zu erhalten".[9] Diese Ausführungen gelten entsprechend für § 15 Abs. 6. Die Anforderungen sollten mit abnehmender Möglichkeit der tatsächlichen Einflussnahme auf die ausländi...

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