Rz. 136
Keine Entstrickung bei Begründung der Betriebsaufspaltung vor dem 29.6.2013. Sofern eine Betriebsaufspaltung vor dem 29.6.2013 begründet wurde, hat dies bei einer anschließenden Wohnsitzverlagerung des Besitzeinzelunternehmers oder des Gesellschafters einer Besitzpersonengesellschaft in einen DBA-Staat nicht zu einer (anteiligen) Entstrickung der Wirtschaftsgüter des Besitzunternehmens geführt, weil durch § 50 i ein unilaterales Besteuerungsrecht mit Rückwirkung gesichert und ein Verlust des Besteuerungsrechts verhindert wird (zur Sperrwirkung von § 50 i im Verhältnis zu den Entstrickungsnormen vgl. Anm. 49). Wenn § 50 i nicht anwendbar wäre, hätte die Wohnsitzverlagerung in einen DBA-Staat regelmäßig zu einem Verlust des deutschen Besteuerungsrechtes geführt, weil nach Auffassung des BFH die Tätigkeit des (inländischen) Besitzunternehmens keine abkommensrechtlich relevanten Unternehmenseinkünfte (Art. 7 Abs. 1 OECD-MA) und die schlichte Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern regelmäßig auch keine Betriebsstätte (Art. 5 OECD-MA) vermittelt. Das Besteuerungsrecht für das unbewegliche Vermögen des Besitzunternehmens (insb. Grundbesitz) ist abkommensrechtlich aber regelmäßig dem Belegenheitsstaat (Deutschland) zuzurechnen, weshalb insoweit ohnehin kein deutsches Besteuerungsrecht verloren gegangen wäre (Art. 6 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 OECD-MA); etwas anderes gilt aber insb. für die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft, deren Gewinn aus der Anteilsveräußerung sowie die laufenden Beteiligungserträge regelmäßig dem Ansässigkeitsstaat zustehen (Art. 10 Abs. 2, Art. 13 Abs. 5 OECD-MA).
Rz. 137
Fraglicher unilateraler Besteuerungsanspruch. Aufgrund der Erweiterung von § 50 i um Besitzeinzelunternehmen im Zuge des KroatienAnpG scheint der Gesetzgeber davon auszugehen, dass auch bei ins DBA-Ausland verzogenen Besitzeinzelunternehmern keine Besteuerung von stillen Reserven in den Anteilen an der Betriebskapitalgesellschaft stattgefunden hat. Fraglich ist aber, auf welcher Rechtsgrundlage Stpfl. und Finanzverwaltung vor Schaffung von § 50 i von einer Entstrickungsbesteuerung abgesehen haben. Denn bereits nach rein deutschem Steuerrecht hätte der Wegzug regelmäßig zu einer Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 Satz 1, Abs. 3 a EStG) mit voller Gewinnrealisierung geführt, weil der Einzelunternehmer nach dem Wegzug mit seiner Verpachtungstätigkeit regelmäßig keine inländische Betriebsstätte mehr unterhält, weshalb hieraus auch keine Einkünfte aus (fiktivem) Gewerbebetrieb nach Maßgabe von § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG im Inland mehr erzielt werden können. Ferner scheint zweifelhaft, ob in dieser Konstellation ein (fiktiver) Gewerbebetrieb im Inland dadurch aufrechterhalten wurde, dass der Besitzeinzelunternehmer einen ständigen Vertreter zur Verwaltung der im Inland belegenen und der Betriebskapitalgesellschaft zur Nutzung überlassenden Betriebsgrundlage bestellt hat. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, warum der Gesetzgeber § 50 i Abs. 1 Satz 4 auf Besitzeinzelunternehmen ausgeweitet hat. Vermutlich wird eine nicht identifizierte Entstrickung im Wegzugsjahr des Besitzeinzelunternehmens auf Sachverhalts- oder Rechtsirrtümer des Stpfl. und der Finanzverwaltung zurückzuführen sein. Das Problem einer fehlenden Betriebsstätte besteht zumindest bei inländischen Besitzpersonenhandelsgesellschaften nicht, weil diese eine inländische Geschäftsleitungsbetriebsstätte unterhalten müssen.