Rz. 90.1
Beschränkung von § 50i auf "Altfälle". Mit dem BEPS-UmsG I wurde § 50i Abs. 1 Satz 1 um eine neue Nr. 3 ergänzt. Hierüber wird der Anwendungsbereich von § 50i auf Altfälle beschränkt. Als Altfälle gelten fortan solche Strukturen, bei denen vor dem 29.6.2013 die Wirtschaftsgüter bzw. Anteile steuerneutral i.S. der Nummern 1 und 2 in das Betriebsvermögen der Personengesellschaft transferiert wurden und hinsichtlich dieses Vermögens bis zum 31.12.2016 (24:00 Uhr) – ohne Anwendung von § 50i Abs. 1 – eine Entstrickung stattgefunden hätte. Ein Wirtschaftsgut oder Anteil i.S. des § 50i Abs. 1 liegt also nur noch dann vor, wenn ungeachtet von § 50i Abs. 1 das deutsche Besteuerungsrecht vor dem 1.1.2017 beschränkt oder ausgeschlossen worden ist (hypothetische Entstrickung, s. Anm. 90.2). Hintergrund ist, dass § 50i Abs. 1 in seiner vor dem BEPS-UmsG I geltenden Fassung eine Entstrickung auch über den 29.6.2013 hinaus verhindert hat. Das ursprüngliche Gesetzesanliegen, mit § 50i nur Altfälle in die deutsche Steuerhoheit zurück zu holen, wurde so verfehlt; bspw. hat auch ein Wegzug eines Gesellschafters der § 50i-Gesellschaft nach dem 29.6.2013 keine Entstrickungsbesteuerung i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG bzw. § 12 Abs. 1 KStG ausgelöst, weil das deutsche Besteuerungsrecht abkommensüberschreibend mit § 50i Abs. 1 EStG a.F. gesichert wurde (Entstrickungsschutz vgl. Anm. 49). Dieser Entstrickungsschutz wird durch § 50i Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 auf Fallkonstellationen beschränkt, in denen bis zum 31.12.2016 (24:00 Uhr) das deutsche Besteuerungsrechts betreffend das Betriebsvermögen der § 50i-Gesellschaft ohne Berücksichtigung von § 50i Abs. 1 erstmals ausgeschlossen oder beschränkt worden wäre. Ein Besteuerungsrechtsverlust nach dem 31.12.2016 wird folglich nicht mehr durch die Anwendung von § 50i Abs. 1 verhindert, sodass die Rechtsfolgen der allgemeinen Entstrickungsregelungen zu beachten sind. Ungeachtet dessen bleiben auch die nach dem 31.12.2016 zuwachsenden stillen Reserven in den jeweiligen Wirtschaftsgütern bzw. Anteilen und die daraus erzielten Erträge in Deutschland steuerpflichtig, wodurch eine nicht sachgerechte Schieflage zwischen den Fiskalinteressen und den Schutzinteressen der Stpfl. entsteht. Zu der Frage, in welchen Konstellationen über den 31.12.2016 hinaus ein Entstrickungsschutz durch § 50i Abs. 1 besteht vgl. Anm. 90.3 und 90.4.
Rz. 90.2
Ausschluss oder Beschränkung des Besteuerungsrechts ungeachtet von § 50i Abs. 1. Ob das deutsche Besteuerungsrecht i.S. von § 50i Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 vor dem 1.1.2017 ungeachtet von § 50i Abs. 1 ausgeschlossen oder beschränkt wurde, ist nach allgemeinen Entstrickungsgrundsätzen zu beurteilen. Erst einmal setzt eine Entstrickung voraus, dass Deutschland ein unbeschränktes oder wenigstens beschränktes Besteuerungsrecht an den betreffenden Wirtschaftsgütern ungeachtet von § 50i Abs. 1 besitzt. Ein Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts liegt dann vor, wenn aufgrund der Verwirklichung eines Vorgangs das deutsche Besteuerungsrecht an Wirtschaftsgütern verloren geht, was z.B. bei erstmaliger Anwendung der Freistellungsmethode nach den von Deutschland vielfach abgeschlossenen DBA der Fall ist. Im Unterschied dazu liegt eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts vor, wenn der deutsche Besteuerungsumfang aufgrund eines ausländischen Besteuerungszugriffs bspw. durch Anrechnung oder Abzug der ausländischen Steuer reduziert wird. In den Fällen des § 50i ist das deutsche Besteuerungsrecht aufgrund des Entstrickungsschutzes (Anm. 49) aber jedenfalls bis zum 31.12.2016 weder ausgeschlossen noch beschränkt worden, weil § 50i Abs. 1 das deutsche Besteuerungsrecht abkommensüberschreibend unilateral gesichert hat. Aus diesem Grund ist für die Prüfung von Nr. 3 zu unterstellen, dass § 50i Abs. 1 im Zeitpunkt des grundsätzlichen Entstrickungssachverhalts § 50i Abs. 1 nicht anzuwenden ist, was durch die Formulierung "ungeachtet der Anwendung dieses Absatzes" zum Ausdruck gebracht wird (hypothetische Entstrickung). Hauptanwendungsfälle für solche hypothetischen Entstrickungssachverhalte sind der Wegzug eines Gesellschafters der § 50i-Gesellschaft aus dem Inland in einen ausländischen DBA-Staat oder die unentgeltliche Übertragung von Anteilen an der § 50i-Gesellschaft von einem Inländer auf einen DBA-Steuerausländer (z.B. durch Schenkung) vor dem 1.1.2017; darüber hinaus die Verlegung des Ortes der Geschäftsleitung eines in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft firmierenden Gesellschafters der § 50i-Gesellschaft oder die Einbringung von in Deutschland steuerverhaftetem Betriebsvermögen durch einen im DBA-Staat ansässigen Gesellschafter. Die Vorschrift unterscheidet nicht danach, ob das deutsche Besteuerungsrecht vollständig oder ggf. nur anteilig ausgeschlossen oder beschränkt worden ist. Es ist also davon auszugehen, dass die Ansässigkeit nur eines Gesellschafters im DBA-Ausland mit einem noch so geringen kapitalmäßigen Anteil ausre...