Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 1
Bedeutung des § 14 für die Systematik der Hinzurechnungsbesteuerung. Sucht man innerhalb des AStG nach einer Bestimmung, die von Anfang an eine nur unbefriedigende Lösung erfahren hat, so wird man wahrscheinlich vor allen anderen § 14 nennen müssen. Dabei ist dem Gesetzgeber zuzustimmen, dass eine Hinzurechnungsbesteuerung ohne die Erfassung nachgeschalteter Zwischengesellschaften deren Berechtigung insgesamt in Frage gestellt hätte. Es bedurfte deshalb einer Regelung wie die des § 14, um das System der Hinzurechnungsbesteuerung einigermaßen sinnvoll abzurunden (vgl. Anm. 21). Daraus folgt gleichzeitig die Bedeutung des § 14 für die Systematik der Hinzurechnungsbesteuerung, die im Gesetzgebungsverfahren nur unvollkommen erkannt worden ist. Die damals geführte Diskussion betraf vor allem die Frage, was von den nachgeschalteten Zwischengesellschaften zuzurechnen ist. Insoweit war einmal die entsprechende Anwendung von § 13 aF umstritten. Fast unerörtert blieb dagegen die Frage, wie zuzurechnen sei. Diese Frage nach der Technik der Zurechnung bereitet deshalb heute im Rahmen von § 14 die größten Schwierigkeiten (vgl. Anm. 24). Die Entstehungsgeschichte der Bestimmung bestätigt diese Feststellung.
Rz. 2
1. RefE vom 23.12.1970. Bereits der 1. RefE v. 23.12.1970 stellte für die Zurechnung von Einkünften nachgeschalteter Zwischengesellschaften darauf ab, ob für die Einkünfte der vorgeschalteten ausländischen Obergesellschaft die Voraussetzung des damaligen § 8 Nr. 2 (Niedrigbesteuerung) und bei der nachgeschalteten Gesellschaft die Voraussetzungen des § 8 insgesamt erfüllt sind. Dies hätte bedeutet, dass die Voraussetzungen der §§ 7–8 zunächst auf der Stufe der nachgeschalteten ausländischen Gesellschaft zu prüfen waren. Die Prüfung musste sich dann auf der Stufe der vorgeschalteten Obergesellschaft wiederholen. Unklar war schon damals, inwieweit die von nachgeschalteten Zwischengesellschaften zuzurechnenden Einkünfte die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen bei der Obergesellschaft tangierten. Dies gilt insbesondere für die Prüfung der Niedrigbesteuerung auf der Stufe der Obergesellschaft. Angesichts der Gesetzesfassung "erfüllt sind" konnten im Rahmen dieser Prüfung wohl die effektiv von der Obergesellschaft entrichteten Steuern berücksichtigt werden, nicht aber diejenigen, die im Falle einer Ausschüttung durch die nachgeschaltete Zwischengesellschaft an die Obergesellschaft bei letzterer angefallen wären.
Rz. 3
2. RefE vom März 1971. Schon der 2. RefE vom März 1971 änderte die Bestimmung grundlegend und erweiterte sie auf zwei Absätze. Nunmehr war von Enkelgesellschaften als terminus technicus die Rede, woraus man die Schlussfolgerung ziehen konnte, dass nur diese, nicht aber zB Urenkel- und andere Gesellschaften der Hinzurechnungsbesteuerung unterworfen waren. Außerdem fand hier erstmals die lange maßgebende Formulierung Eingang in den Gesetzesentwurf, dass "für die Anwendung der §§ 7 bis 13" die Einkünfte der nachgeschalteten Zwischengesellschaft der vorgeschalteten ausländischen Gesellschaft zuzurechnen sind. Gerade diese Formulierung, die in weiteren Gesetzesentwürfen nicht mehr geändert wurde, wirft die bereits genannten Grundsatzprobleme auf. Der 2. RefE korrigierte aber auch den 1. Gesetzesentwurf und stellte nunmehr darauf ab, ob die Einkünfte der nachgeschalteten Zwischengesellschaft im Falle der Ausschüttung an die vorgeschaltete Obergesellschaft bei dieser zu Einkünften führen würden, für die die Obergesellschaft Zwischengesellschaft wäre. Die entsprechende Fassung berücksichtigte zwar die gegen den 1. RefE zu erhebenden Bedenken. Sie gefährdete aber gleichzeitig den Erfolg der Hinzurechnungsbesteuerung insgesamt. Denn die Obergesellschaft war nach § 8 aF nur dann Zwischengesellschaft, wenn sie passivem Erwerb nachging und (nach der ursprünglichen Fassung) im Staat ihres Sitzes bzw. ihrer Geschäftsleitung einer niedrigen Besteuerung unterlag. Gerade letzteres hätte jedoch ohne Schwierigkeiten vermieden werden können, wenn der Steuerinländer seine Auslandsbeziehungen in einer Holding im hoch besteuerten Ausland zusammengefasst hätte, ohne in diese Holding auszuschütten. Damit hätte fast jede Hinzurechnungsbesteuerung umgangen werden können. Gerade in dieser Formulierung zeigt sich deshalb, wie wenig die Vorschrift durchdacht war.
Rz. 4
3. RefE vom 20.4.1971. Der 3. RefE v. 20.4.1971 unterscheidet sich vom 2. RefE nur durch das Einfügen eines Satzes 2 in Abs. 1, durch den sichergestellt werden sollte, dass die Bestimmung nicht nur auf Enkelgesellschaften, sondern auf alle nachgeschalteten Zwischengesellschaften anzuwenden war. Im KabE v. 30.6.1971 wurde dann der Begriff "Enkelgesellschaft" richtigerweise durch den Begriff "Untergesellschaft" ersetzt. Der bisherige Abs. 1 Satz 2 wurde in einen Abs. 3 umgewandelt, weil andernfalls die entsprechende Anwendung von § 11 aF auf Ausschüttungen von Enkelgesellschaften begrenzt gewesen...