Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
... auf Verlangen des Finanzamts ...
Rz. 94
Die eidesstattliche Erklärung ist nur auf Verlangen des FA abzugeben. Daraus folgt zunächst, dass es Sache des FA ist, den Anstoß zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zu geben. Umgekehrt hat der Steuerpflichtige keinen Rechtsanspruch darauf, zur eidesstattlichen Versicherung zugelassen zu werden. Der Steuerpflichtige ist allerdings nicht rechtlos. Er kann durchaus beim FA den Antrag stellen, ihn zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zuzulassen. Das FA hat alsdann über diesen Antrag nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Der Steuerpflichtige kann seine Heranziehung zur eidesstattlichen Versicherung nicht erzwingen. Lehnt das FA den Antrag ab und unterstellt es alsdann eine für den Steuerpflichtigen negative Rechtsfolge, dann wird es seine Ermessensentscheidung zu begründen haben. Nur die Ermessensausübung ist gerichtlich nachprüfbar. Die Ermessensentscheidung kann insoweit mit dem Einspruch gem. § 347 AO und ggf. anschließend mit einer Verpflichtungs- oder Anfechtungsklage angefochten werden.
Rz. 95
Bei der Entscheidung über das Verlangen nach Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung wird das FA zunächst zu prüfen haben, inwieweit die Darlegungen des Steuerpflichtigen im Hinblick auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit überhaupt noch einer weiteren Glaubhaftmachung bedürfen. Sind die Angaben in sich oder durch andere Beweismittel glaubhaft bzw. glaubhaft gemacht, so wäre das Verlangen nach einer eidesstattlichen Versicherung ermessenswidrig. Bei der Prüfung des Grades der Glaubhaftmachung ist allerdings i.d.R. ein strenger Maßstab anzulegen, weil es sich um Beziehungen im grenzüberschreitenden Verkehr handelt und den dort geltenden erhöhten Offenlegungspflichten auch erhöhte Glaubhaftmachungspflichten entsprechen. Entscheidend für diese Betrachtungsweise ist, dass die Überprüfungsmöglichkeiten des FA im Ausland begrenzt sind und schon deshalb eine erhöhte Gefahr unzulässiger Gewinn- und Vermögensverlagerungen ins Ausland besteht.
Rz. 96
Kommt das FA bei seiner Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Angaben einer weiteren Glaubhaftmachung bedürfen, so hat es § 95 Abs. 1 Satz 2 AO zu beachten. Danach ist die eidesstattliche Versicherung das letzte Mittel der Glaubhaftmachung. Das FA muss deshalb vor allem prüfen, ob andere Beweismittel zur Glaubhaftmachung herangezogen werden können. Insbesondere kommen als anderweitige Beweismittel die Vorlage von Urkunden, Geschäftsbüchern usw. sowie die Einholung von Auskünften Dritter in Betracht. Führen andere Beweismittel nicht zum Ziele, so hat das FA zu prüfen, ob ihm die eidesstattliche Versicherung zur Glaubhaftmachung geeignet erscheint. Diese Prüfung ist oft eine Frage der Abwägung bisher gesammelter Indizien. Sprechen die bisher gesammelten Indizien für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben des Steuerpflichtigen und geht es lediglich darum, letzte bestehende Zweifel auszuräumen, so wird das Verlangen nach einer eidesstattlichen Versicherung regelmäßig angebracht sein. Sprechen dagegen die bisher gesammelten Indizien derart gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben des Steuerpflichtigen, dass das FA sie auch nach Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung noch nicht als glaubhaft ansehen kann, so kann es von dem Verlangen nach eidesstattlicher Versicherung absehen und auch einen entsprechenden Antrag des Steuerpflichtigen abschlägig bescheiden. Sind die Indizien für und gegen in etwa ausgeglichen, so wird das FA im Zweifel berücksichtigen müssen, dass dem § 16 Abs. 2 ebenso wie dem § 95 AO ein gewisser Schutzcharakter zugunsten des Steuerpflichtigen innewohnt. Während das Steuerrecht auch im Übrigen grundsätzlich auf den Erklärungen des Steuerpflichtigen aufbaut und diesen eine gewisse Vermutung der Richtigkeit zubilligt, wollen § 16 AStG und § 95 AO gleichermaßen an die Richtigkeit und Vollständigkeit einer abgegebenen eidesstattlichen Versicherung anknüpfen. In diesem Sinne soll die eidesstattliche Versicherung die Möglichkeit bieten, einmal letzte Zweifel zu beseitigen, darüber hinaus aber auch Tatsachen glaubhaft zu machen, die auf andere Weise nicht oder nur unzureichend bewiesen werden können. Daraus folgt, dass das FA den Antrag eines Steuerpflichtigen auf Zulassung zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung regelmäßig dann nicht wird ablehnen können, wenn konkrete Bedenken gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der eidesstattlichen Versicherung nicht vorliegen.
Rz. 97
Das Verlangen auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung kann nur von einem FA gestellt werden. Da § 16 Abs. 2 dem Steuerermittlungs- und -festsetzungsverfahren zuzuordnen ist, ist das Verlangen nach Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung Sache des Veranlagungsbereichs. Die eidesstattliche Versicherung kann auch im Rahmen einer Betriebsprüfung verlangt werden. Innerhalb des FA sind je nach Umfang des Zeichnungsrechtes der ...