Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
... im Ausland ansässigen ...
Rz. 30
§ 16 Abs. 1 verwendet in Bezug auf eine Person den Ausdruck "ansässig". Dies ist deshalb befremdend, weil der Ausdruck "ansässig" ein terminus technicus des DBA-Rechts ist. Es ist zwar die freie Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, bei einer Regelung im AStG an die abkommensrechtliche Terminologie anzuknüpfen. Dies hat auch der BFH so entschieden. Allerdings hat die Finanzverwaltung die Entscheidung mit einem Nichtanwendungsschreiben belegt. Die Gesetzesformulierung stellt nur auf die Ansässigkeit im Ausland ab. Daraus kann man zwar schließen, dass es auf die Ansässigkeit "auch" im Inland nicht ankommt. Bei einer Ansässigkeit "auch" im Inland verfügt das FA aber über weitreichende Erklärungs- und Aufklärungsmöglichkeiten. Dies spricht dafür, nicht auf die DBA-Kriterien der Ansässigkeit, sondern auf eine sinngemäße Anwendung der §§ 8–11 AO abzustellen. Dafür spricht auch die verfassungsrechtliche Gleichbehandlung von DBA- und Nicht-DBA-Fällen und von nur im Inland ansässigen und von im In- und Ausland doppelt ansässigen Personen. Es daher davon auszugehen, dass das Merkmal "im Ausland ansässig" nur dann erfüllt ist, wenn kein Anknüpfungspunkt für eine (irgendwie geartete) Steuerpflicht im Inland besteht. Nur dann ist eine Gefahr der Gewinnverlagerung ins Ausland überhaupt denkbar, so dass diese Auslegung auch dem Sinn und Zweck der Norm entspricht.
Rz. 31
Mittelpunkt der geschäftlichen Tätigkeit im Ausland. Von den Fällen einer Ansässigkeit im In- und Ausland sind diejenigen zu unterscheiden, in denen der Geschäftspartner z.B. im Inland ansässig ist, jedoch den Mittelpunkt seiner geschäftlichen Tätigkeit im Ausland hat.
Beispiel
A hat seinen Wohnsitz in Lörrach/Baden und ist gleichzeitig Inhaber eines Einzelunternehmens in Basel. Das Einzelunternehmen unterhält Geschäftsbeziehungen zu den Steuerpflichtigen B, C und D. Obliegen den B, C und D die erhöhten Offenlegungspflichten nach § 16?
Dem Wortlaut des § 16 nach fallen nach der hier vertretenen Auffassung B, C und D nicht unter diese Vorschrift. Dies gilt selbst dann, wenn der Gewinn des Einzelunternehmens nach Art. 7, 24 (1) Nr. 1a DBA/S ausschließlich in der Schweiz besteuert werden kann. Vom Sinn des § 16 her gesehen, mag dieses Ergebnis nicht voll befriedigen. Die weite Fassung des Begriffes "Geschäftsbeziehung" zeigt (vgl. Rz. 22 ff.), dass das Gesetz jede grenzüberschreitende Geschäftsbeziehung erfassen wollte. Wenn dies dennoch nicht geschehen ist, so ist die Ursache dafür in erster Linie in einer ungenauen Gesetzesfassung zu suchen. Diese Gesetzeslücke kann nicht im Wege der Analogie geschlossen werden. Es würde sich um eine unzulässige Analogie zu Lasten des Steuerpflichtigen handeln. Allerdings ist zu beachten, dass den Steuerpflichtigen schon vor Inkrafttreten von § 16 im grenzüberschreitenden Verkehr erhöhte Mitwirkungspflichten trafen. In diesem von der Rechtsprechung abgesteckten Rahmen dürften Mitwirkungspflichten zu bejahen sein. Für den umgekehrten Fall, dass ein im Ausland ansässiger Steuerpflichtiger ein Unternehmen im Inland führt und in diesem Rahmen Geschäftsbeziehungen zu anderen Steuerpflichtigen unterhält, findet § 16 Anwendung.
Rz. 32
Ansässigkeit im Ausland. Eine Personengesellschaft oder eine ausländische Gesellschaft sind i.S. von § 16 im Ausland ansässig, wenn sie dort Sitz oder Geschäftsleitung haben. Diese Feststellung versteht sich keineswegs von selbst, weil das deutsche Steuerrecht bei Personengesellschaften nicht auf den Sitz oder die Geschäftsleitung abstellt. Für die Personengesellschaft tut sich damit streng genommen eine Gesetzeslücke auf, weil das deutsche Steuerrecht auf die Ansässigkeit der Mitunternehmer abstellt. Ein solches Ergebnis kann jedoch kaum vom Gesetzgeber gewollt sein. Anderenfalls bestünden unlösbare Schwierigkeiten in den Fällen, in denen nur ein Teil der Gesellschafter im Ausland ansässig ist. Hier macht sich einmal mehr die Übereile in der Gesetzesformulierung bemerkbar. Daher sollte die Gesetzeslücke in Analogie zu den Bestimmungen über Körperschaften geschlossen werden und auf die Ansässigkeit der Personengesellschaft selbst abgestellt werden.
Rz. 33
Zusätzliche Qualifikationsanforderungen. An die Personengesellschaften und die ausländischen Gesellschaften werden keine weiteren Qualifikationsanforderungen gestellt. Insbesondere ist es für die ausländische Gesellschaft nicht erforderlich, dass sie gleichzeitig Einkünfte aus passivem Erwerb erzielt. Wie bei natürlichen Personen ist auch bei ausländischen Gesellschaften und bei Personengesellschaften eine unbeschränkte Steuerpflicht gleichzeitig im In- und Ausland denkbar. Dabei ist allerdings für den Begriff der "ausländischen Gesellschaft" zu beachten, dass unbeschränkte Steuerpflicht im Inland und ausländische Gesellschaft sich wechselseitig ausschließen. Was für natürliche Personen in Rz. 30 ausgeführt wurde, gilt deshalb nicht für ausländisch...