Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
..., die Absetzung ...
Rz. 52
Der Begriff "Absetzung" steht im geltenden Steuerrecht im engsten Zusammenhang mit der Absetzung für Abnutzung bzw. Substanzverringerung, die ihrerseits wiederum unter den Oberbegriff "Abschreibung" fällt. Die Absetzung i.S. des § 16 hat jedoch direkt mit Abschreibungen nichts zu tun, wenngleich auch im Rahmen von § 16 Absetzungen in Form von Abschreibungen denkbar sind. Die Absetzung i.S. des § 16 ist als Oberbegriff für den Ansatz einkunfts- oder vermögensmindernder Beträge zu verstehen. Der Begriff Absetzung bezieht sich deshalb gleichermaßen auf Betriebsausgaben, Werbungskosten, Verbindlichkeiten, Rückstellungen, Rechnungsabgrenzungsposten, Wertberichtigungen, Schulden und andere Lasten, soweit sich ihr Ansatz auf die Höhe der Einkünfte oder des Vermögens auswirkt. Für den Begriff "Absetzung" ist es unerheblich, ob eine sofortige Absetzung in voller Höhe oder eine Absetzung in Form von AfA oder AfS erfolgt. Wie und wann die Abzugsbeträge beim Steuerpflichtigen abzusetzen sind, bestimmt das deutsche Steuerrecht, das insoweit durch § 16 weder eingeengt noch erweitert wird.
... von Schulden oder anderen Lasten ...
Rz. 53
"Schulden". Der Begriff "Schulden" kann sowohl im ertragsteuerlichen als auch im vermögensteuerlichen Sinne verstanden werden. § 16 will ihn jedoch offensichtlich nur im vermögensteuerlichen Sinne verstanden wissen. Dies ergibt sich einmal aus der Parallele zu § 160 AO, der sehr genau zwischen Schulden oder anderen Lasten bei der Feststellung des Vermögens oder der der Erbschaftsteuer unterliegenden Bereicherung einerseits und den Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei der Feststellung des Einkommens andererseits unterscheidet. Diese Zweiteilung hat der Gesetzgeber offensichtlich in § 16 übernehmen wollen. Bei jeder anderen Auslegung käme im Übrigen dem Schuldbegriff im ertragsteuerlichen Sinne praktisch keine Bedeutung zu, weil der Betriebsausgabenbegriff stets weitergeht. So sind z.B. Wertberichtigungen und unter Umständen auch Rückstellungen keine Schulden, jedoch stets Betriebsausgaben.
Rz. 54
Die Begriffe "Schulden und andere Lasten" fallen im vermögensteuerlichen Sinne unter den Oberbegriff "Lasten". Unter Lasten sind alle Verpflichtungen zu Leistungen, welcher Art sie auch sind, zu verstehen. Schulden sind dagegen alle Verpflichtungen zu einer einmaligen Leistung, auch wenn diese nicht auf einmal, sondern in Teilleistungen (Raten) erbracht werden müssen. Für die Anwendung von § 16 ist es unerheblich, ob die Absetzung der Schulden oder anderer Lasten gem. § 119 BewG vom Rohvermögen im Rahmen der Vermögensteuerveranlagung oder von einem anderen Vermögen (Betriebsvermögen) geltend gemacht wird. Ggf. findet § 16 im Rahmen der maßgeblichen Einheitsbewertung Anwendung. Eine andere Frage ist die, ob § 16 auch im Rahmen der Erbschaftsteuer Anwendung findet. Im Hinblick auf § 160 AO muss die Frage bejaht werden. Dafür spricht auch die Formulierung von § 16, der nur von der Absetzung von Schulden und anderen Lasten ohne jeden Bezug auf Vermögen oder Bereicherung spricht und offensichtlich damit die in § 160 Abs. 1 Satz 1 AO getrennt gehaltenen Alternativen zusammenfassen will. Kommt allerdings ein Abzug von Schulden und anderen Lasten schon aus anderen steuerlichen Gründen nicht in Betracht (z.B. weil sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit steuerfreiem Vermögen stehen), so entfällt die Mitwirkungspflicht nach § 16 als logisch nachrangig. Auch im Übrigen greifen die Offenlegungspflichten nach § 16 erst dann ein, wenn die Absetzung steuerlich zulässigerweise geltend gemacht werden kann und geltend gemacht wird. Das FA kann also nicht eine Aufklärung durch den Steuerpflichtigen mit dem Hinweis darauf verlangen, dass künftig ein Schuldenabzug in Betracht kommt.
... oder von Betriebsausgaben ...
Rz. 55
Wegen des Betriebsausgabenbegriffes kann auf die einschlägigen Kommentierungen zu § 4 Abs. 4 EStG vollinhaltlich Bezug genommen werden. Es besteht insoweit begrifflich volle Übereinstimmung zwischen § 4 Abs. 4 EStG und § 16. Die Problematik von § 16 stellt sich allerdings nur für die Betriebsausgaben, die den Gewinn mindern dürfen. Insbesondere nichtabzugsfähige Betriebsausgaben i.S. von § 4 Abs. 5 und Abs. 6 EStG lösen deshalb nicht die Offenlegungspflichten nach § 16 aus.
Rz. 56
Durch den Betriebsausgabenbegriff wird ein zeitliches Moment in den § 16 hineingetragen. Die Offenlegungspflichten nach § 16 entstehen zeitlich gesehen erst dann, wenn eine Absetzung in Anspruch genommen wird. Aufwendungen für aktivierungspflichtige Wirtschaftsgüter lösen deshalb erst dann Offenlegungspflichten aus, wenn Abschreibungen in Anspruch genommen werden. Bei einer Gewinnermittlung des Steuerpflichtigen nach § 4 Abs. 1 EStG oder nach § 5 EStG ist dabei auf den Zeitpunkt der wirtschaftlichen Entstehung der Betriebsausgabe abzustellen. Bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG kommt es dagegen entscheidend auf da...