Dr. Xaver Ditz, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 869
Aufgabe des eingeschränkten Anwendungsbereichs der TNMM. Nach den VWG-Verfahren waren die geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode wie die geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode zwar grundsätzlich anerkannt, sie kamen allerdings nur subsidiär zu den Standardmethoden zur Anwendung. Der Anwendungsbereich der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode wurde ferner auf Unternehmen mit Routinefunktionen beschränkt. Zusätzlich wurde er davon abhängig gemacht, dass der Nachweis über die Vergleichbarkeit der Vergleichsunternehmen geführt wird und dass besondere, tatsächlich entstandene Gewinne oder Verluste des betreffenden Unternehmens, die sich trotz Vergleichbarkeit nicht in den Renditekennziffern der Vergleichsunternehmen niederschlagen, Berücksichtigung finden. Schließlich sollte die Anwendbarkeit der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode nicht für die Kategorie der sog. Mittelunternehmen gelten, wobei allerdings die Verrechnungspreisermittlung aufgrund von Planrechnungen und unter Bestimmung der Gewinnkomponente auf Basis von Renditeziffern funktional (zumindest eingeschränkt) vergleichbarer Unternehmen in dem betreffenden Geschäftsbereich letztlich auf diese Methode hinauslief.
Durch die VWG VP wurden diese einschränkenden Bestimmungen, die nach den VWG 2020 weiterhin galten, aufgegeben. Die Unvereinbarkeit dieser überholten Verwaltungsauffassung war nach der Änderung des § 1 Abs. 3 Satz 5 durch das AbzStEntModG – jedenfalls für VZ ab 2022 – zwingend, denn hiernach ist der Fremdvergleichspreis grundsätzlich nach der im Hinblick auf die Vergleichbarkeitsanalyse und die Verfügbarkeit von Werten zu vergleichbaren Geschäftsvorfällen voneinander unabhängiger Dritter am besten geeigneten Verrechnungspreismethode zu bestimmen. Insofern stehen die deutschen (gesetzlichen) Verrechnungspreisgrundsätze im Einklang mit den international anerkannten Verrechnungspreisgrundsätzen, wobei der OECD-Ansatz der "am besten geeigneten Verrechnungspreismethode" gerade darauf gerichtet war, der zunehmenden praktischen Bedeutung der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode Rechnung zu tragen. Die gleichrangige Anwendbarkeit der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode entsprach auch schon bisher den Praxiserfahrungen der deutschen Finanzverwaltung, nach denen 80 % der "einfachen Fälle" ("einfache" Vertriebsgesellschaften, Produktionsgesellschaften oder Dienstleistungsgesellschaften) von vornherein nach dieser Methode abgerechnet werden. Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 5, jedenfalls für VZ ab 2022, ist grundsätzlich die "am besten geeignete Verrechnungspreismethode" anzuwenden.
Ferner enthält Rz. 3.11 der VWG VP – jedenfalls für den Regelfall – die erfreuliche Klarstellung, dass nicht-operative Erträge und Aufwendungen bei der Bestimmung von Nettogewinnindikatoren im Rahmen der geschäftsvorfallbezogenen Nettomarkenmethode nicht zu berücksichtigen sind. Die Prüfungspraxis zeigt, dass ein diesbezüglicher Hinweis auch für den zu beurteilenden konzerninternen Geschäftsvorfall hilfreich gewesen wäre.
Rz. 870
Kostenaufschlagsmethode als Regelmethode für konzerninterne Dienstleistungen. Nach Rz. 3.72 VWG VP sollen für verrechenbare konzerninterne Dienstleistungen Verrechnungspreise (VWG VP: "Fremdvergleichspreise") "grundsätzlich nach Kostenaufschlagsmethode unter Einbeziehung aller hierfür notwendigen direkten und indirekten Kosten" bestimmt werden. Zutreffend wird dieser Grundsatz dahingehend eingeschränkt, dass er nur dann gilt, wenn die Preisvergleichsmethode nicht die geeignetste Methode ist, sodass insofern die Verwaltungsauffassung im Ausgangspunkt der gesetzlichen Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 5 Rechnung trägt (vgl. Rz. 857 ff.). Auch wenn die Kostenaufschlagsmethode und daneben die geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode bei Anwendung eines kostenbasierten Nettogewinnindikators in der Verrechnungspreispraxis in den Hauptanwendungsfällen die am besten geeignetste Verrechnungspreismethode für die Bestimmung fremdüblicher Verrechnungspreise darstellen werden, trägt der verwaltungsseitige Grundsatz der Vielfältigkeit konzerninterner Dienstleistungen hinsichtlich (i) konzernspezifischer Leistungsgegenstände, (ii) der konkreten konzernspezifischen Bedingungen der Leistungserstellung und (iii) des Umstands, dass gerade bei Dienstleistungskonzernen auch die Marktleistung eine Dienstleistung darstellt, nur sehr eingeschränkt Rechnung. So ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass auch im Dienstleistungsbereich die Wiederverkaufspreismethode in Einzelfällen die am besten geeignete Verrechnungspreismethode sein kann. Ferner kommt die geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode bei – auch und gerade im Dienstleistungsbereich gegebenen – stark integrierten Wertschöpfungsprozessen und bei sonstigen einzigartigen und werthaltigen Wertschöpfungsbeiträgen beider Transaktionspartner in Betracht. Dies betrifft im Rahm...