Dr. Nils Häck, Dr. Julian Böhmer
Rz. 469
Einlage von Anteilen in eine ausländische Betriebsstätte. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a.F. enthielt noch einen besonderen, eigenständigen Ergänzungstatbestand, wonach "[...] die Einlage der Anteile in einen Betrieb oder eine Betriebsstätte des Steuerpflichtigen in einem ausländischen Staat [...]" eine Wegzugsbesteuerung auslöste, ohne dass es auf den Ausschluss oder die Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts ankam. § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a.F. findet sich in § 6 Abs. 1 Satz 1 nicht mehr, so dass die Einlage der Anteile i.S.v. § 17 EStG in einen ausländischen Betrieb bzw. eine ausländische Betriebsstätte des Steuerpflichtigen nur noch steuerbegründend ist, wenn hierdurch das deutsche Besteuerungsrecht ausgeschlossen oder beschränkt wird (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3). Die Gesetzesbegründung sah einen Beibehalt des § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a.F. als verzichtbar an, da "[d]ie Einlage einer Beteiligung im Sinne des § 17 EStG durch einen im Inland ansässigen unbeschränkt Steuerpflichtigen in einen ausländischen Betrieb oder in eine ausländische Betriebsstätte [...] grundsätzlich eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nummer 3 AStG dar[stelle]; sei es, weil die Betriebsstättengewinne nach einem Doppelbesteuerungsabkommen freizustellen oder ausländische Steuern nach Doppelbesteuerungsabkommen oder § 34c EStG anzurechnen sind". Dies entspricht der Auffassung der Finanzverwaltung. Dies gelte unabhängig davon, ob der ausländische Staat tatsächlich eine Steuer auf den Veräußerungsgewinn erhebe; die abstrakte Beschränkung des Besteuerungsrechts genüge.
Rz. 470
Fallgruppenrelevante Vorgänge. Anders als in § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a.F. wird die Fallgruppe "Einlage der Anteile in einen ausländischen Betrieb bzw. eine ausländische Betriebsstätte" in § 6 nicht mehr explizit angesprochen, so dass es einer strengen Definition der "Einlage" an sich nicht mehr bedarf. In der Regel wird es sich aber um "Einlagen" handeln, wie sie auch von § 4 Abs. 1 Satz 8 Halbs. 1 EStG angesprochen werden, so dass prinzipiell jede Art von ertragsteuerrechtlicher "Zuführung" der Anteile zu einem ausländischen Betrieb bzw. einer ausländischen Betriebsstätte des Anteilsinhabers relevant sein kann. "Zuführung" ist insoweit steuerrechtlich zu verstehen, d.h. es kann sich um eine rechtliche Übertragung (d.h. mit Rechtsträgerwechsel) oder eine Überführung (d.h. ohne Rechtsträgerwechsel) handeln. Die "Zuführung" kann entsprechend in einer Überführung in das (ausländische) Einzelunternehmen oder das Sonderbetriebsvermögen des Steuerpflichtigen bei einer ausländischen Mitunternehmerschaft bestehen oder in einer Übertragung in das Gesamthandsvermögen einer Mitunternehmerschaft.
Rz. 471
Unentgeltliche "Zuführung". Die "Zuführung" der Anteile darf selbst nicht bereits eine originäre "Veräußerung" i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG begründen, da diese die Anwendung von § 6 Abs. 1 insgesamt ausschließt ("vorbehaltlich der Vorschriften des EStG", § 6 Abs. 1 Satz 1). Offene oder verdeckte Einlagen in Kapitalgesellschaften können daher von vornherein nicht unter § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 fallen (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG). Die Einbringung der Anteile gegen Entgelt oder Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine gewerblich tätige oder gewerblich geprägte Personengesellschaft ist ebenfalls "Veräußerung" i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG. Vorgänge i.S.v. § 6 Abs. 5 EStG können ebenso wie Einbringungen nach § 24 UmwStG nicht von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 erfasst sein, da sie nur Übertragungen und Überführungen aus dem steuerrechtlichen Betriebsvermögen erfassen, Anteile i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG daher kein tauglicher Einbringungsgegenstand sein können. Als fallgruppenrelevante "Zuführung" i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 verbleiben dann einerseits die – zwingend unentgeltliche – Überführung aus dem Privatvermögen ohne Rechtsträgerwechsel (bspw. in das Sonderbetriebsvermögen bei einer ausländischen Personengesellschaft durch Widmung oder Zuordnungswechsel). Unentgeltliche Übertragungen der Anteile in das Gesamthandsvermögen von gewerblichen oder gewerblich geprägten Personengesellschaften (d.h. mit Rechtsträgerwechsel) sind nur dann als unentgeltlich anzusehen, wenn im Zuge dessen ausschließlich das sog. gesamthänderisch gebundene Rücklagenkonto oder das variable Kapitalkonto II angesprochen wird.
Rz. 472
Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts. Ein "Ausschluss" des deutschen Besteuerungsrechts iS.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ist nur denkbar, wenn (i) das ausländische Betriebsvermögen in einem DBA-Staat belegen ist, (ii) die Kapitalgesellschaftsanteile nach der Einlage einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte abkommensrechtlich zuzurechnen sind (Art. 13 Abs. 2 OECD-MA) und (iii) das einschlägige DBA für Betriebsstättengewinne die Freistellungsmethode vorsieht und deren Voraussetzungen bei einer hypothetischen Veräußerung der Ant...