Mobile Arbeit im Ausland: Betriebsstättenbegründung

Werden Mitarbeiter inländischer Unternehmen aus dem Ausland heraus tätig, können sie dort eine Betriebsstätte begründen. Dies sollte vermieden werden, denn die Folge ist eine Steuerpflicht im Ausland. Eine Betriebsvereinbarung minimiert das Risiko einer ungewollten ausländischen Betriebsstätte.

Mobiles Arbeiten im Ausland

Das mobile Arbeiten ist heute fester Bestandteil vieler Arbeitnehmer. Der Arbeitsort spielt häufig eine nachgeordnete Rolle. Die Unternehmen schreiten bei der Digitalisierung ihrer Prozesse voran, sodass eine ständige persönliche Anwesenheit im Büro oder beim Kunden – zumindest, was die bloße Abarbeitung der übertragenen Arbeiten anbelangt – nicht mehr zwingend erforderlich ist. Work-Life-Blending, wörtlich die Vermischung von Arbeit und Leben im Sinne von Freizeit, und Remote Work, also das ortsunabhängige Arbeiten, werden immer mehr zur Normalität. Mitarbeiter wollen vermehrt nicht mehr nur hinsichtlich ihrer Arbeitszeit, sondern auch im Hinblick auf den Arbeitsort flexibel arbeiten.

Gerade auch das mobile Arbeiten im Ausland, das immer mehr Unternehmen ihren Mitarbeitern bieten, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Hierunter fällt etwa das Verbinden von Arbeiten und dem Urlaub (Workation). Hieraus folgt, dass das mobile Arbeiten im Ausland für eine stetig wachsende Zahl von Arbeitnehmern interessant wird. Einer Studie des Branchenverbandes Bitkom zufolge kann zukünftig jeder Dritte seinen Arbeitsplatz regional frei wählen.

Steuerrechtliche Einordnung

Fällt die Entscheidung zum Arbeiten im Ausland, ergeben sich sowohl für die Unternehmen als auch für die Beschäftigten eine Reihe von Risiken, etwa bei Sozialversicherung, Arbeitsrecht sowie Aufenthaltsregeln. Darüber hinaus sollten Unternehmen darauf achten, dass infolge des mobilen Arbeitens keine Steuerpflicht für das Unternehmen selbst durch eine ertragsteuerliche Betriebsstätte im Ausland begründet wird. Die Folgen wären beträchtlich: Bei Bejahung einer ausländischen Betriebsstätte besteht ein erhöhter Complianceaufwand (Anzeige der Betriebsstätte, Ermittlung des Betriebsstättengewinns, Einrichtung eines separaten Buchungskreises) sowie die Gefahr der Doppelbesteuerung. Schließlich kommt eine Entstrickungsbesteuerung in Deutschland in Betracht, sofern Wirtschaftsgüter der ausländischen Betriebsstätte zuzurechnen sind.

Nach deutschem Verständnis wird zwar grundsätzlich durch die Ausübung der Tätigkeit im Homeoffice keine Betriebsstätte begründet. Jedoch sind für die Frage der Betriebsstätte die Bestimmungen und Interpretationen des jeweiligen ausländischen Staates und nicht die deutschen Regelungen maßgebend. Trotz einiger Harmonisierung der Betriebsstättendefinition aufgrund des OECD-Musterabkommens (OECD-MA) bestehen gewichtige Unterschiede, die im Einzelfall für das Vorliegen einer Betriebsstätte und einer damit einhergehenden Steuerpflicht entscheidend sein können.

Betriebsstättenbegriff

Zur Betriebsstätte äußerte sich bislang die OECD mit der Erneuerung des Musterkommentars im Jahr 2017. Danach ist eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung an einem bestimmten Ort und von einer gewissen Dauer, durch die die Geschäftstätigkeit des Unternehmens ausgeübt wird und über die das Unternehmen Verfügungsmacht hat. Der OECD-Musterkommentar (OECD-MK) ist jedoch für die nationalen Finanzverwaltungen und -gerichtsbarkeiten nicht bindend und stellt vielmehr eine bloße „Auslegungshilfe“ dar.

Feste (Geschäfts-)Einrichtung

Die unternehmerische Tätigkeit muss in einer fest installierten Einrichtung ausgeführt werden. Räumlichkeiten beim mobilen Arbeiten, wie etwa ein Arbeitszimmer in einem Ferienhaus, stellen eine solche Einrichtung dar, wobei der Arbeitgeber weder zivilrechtlicher Eigentümer noch Mieter der genutzten Räumlichkeiten sein muss (Wassermeyer/Kaeser, in: Wassermeyer, DBA, 165. EL April 2024, Art. 5, Rn. 26 ff.). Des Weiteren muss die Räumlichkeit eine geographische „Fixierung" haben, die bei einer Verankerung mit dem Boden gegeben ist (OECD-MK, Stand 2017, Art. 5, Rn. 21 ff.). In den meisten Fällen dürften diese beiden Kriterien auch beim mobilen Arbeiten im Ausland erfüllt sein, allerdings ergeben sich auch hier in der Praxis außergewöhnliche Konstellationen. So können sowohl ein Zelt als auch ein Wohnwagen – auch nach deutscher Rechtsauffassung (BFH v. 19.5.1993 – I R 80/92, BStBl. II 1993, 655) – als Einrichtung gelten, sofern ein fester Bezugspunkt zur Erdoberfläche besteht. Dies wäre z. B. gegeben, wenn ein Surfer regelmäßig mit seinem Wohnwagen zum gleichen Strand zurückkehrt oder dort für längere Zeit verweilt und in dieser Zeit im Wohnwagen arbeitet. Die österreichische Finanzverwaltung geht zwar davon aus, dass ein Schiff aufgrund des fehlenden festen Punkts auf der Erdoberfläche nicht als feste Einrichtung anzusehen ist; jedoch kann die Anlegestelle, sofern sie der betrieblichen Tätigkeit dient, unter bestimmten Voraussetzungen als Betriebsstätte qualifiziert werden (EAS-Auskunft des BMF v. 4.4.2019, BMF-010221/0070-IV/8/2019). Eine kontinuierliche Rundreise durch das Land oder durch Europa würde hingegen in der Regel nicht als feste Einrichtung gelten.

Verfügungsmacht

Die Ausübung der Tätigkeit im Homeoffice impliziert in der Regel keine zivilrechtliche Verfügungsmacht des Arbeitgebers über die Räumlichkeiten des Arbeitnehmers. Gemäß OECD-MK kann hingegen, auch wenn beim mobilen Arbeiten keine formale Verfügungsmacht besteht, faktisch eine solche gegeben sein (vgl. OECD-MK, Stand 2017, Art. 5 Rn. 18 f.). Faktische Verfügungsmacht soll danach gegeben sein, wenn erkennbar ist. dass der Arbeitgeber die Arbeit des Arbeitnehmers im häuslichen Umfeld erwartet (vgl. finnische Finanzverwaltung, 20.11.2023, VH/5613/00.01.00/2022). Dies ist etwa der Fall, wenn der Arbeitgeber keinen eigenen Arbeitsplatz für den Arbeitnehmer bereitstellt und ihm dadurch das Arbeiten von zu Hause aus faktisch zur Pflicht macht (vgl. OECD-MK, Stand 2017, Art. 5, Rn. 18 f.). Angesichts des zunehmenden Trends zum Homeoffice reduzieren viele Unternehmen zur Kosteneinsparung ihre Büroarbeitsplätze, sodass Arbeitnehmer sich diese teilen müssen oder Unternehmen nur noch in Shared Offices arbeiten. Dies könnte von ausländischen Finanzverwaltungen als Zwang zur Arbeit im Homeoffice interpretiert und als faktische Verfügungsmacht des Arbeitgebers gewertet werden. Zudem könnte eine finanzielle Unterstützung durch den Arbeitgeber zur Ausstattung des Homeoffice – wie die Bereitstellung von Möbeln oder IT-Ausrüstung – als Hinweis darauf gedeutet werden, dass das Homeoffice nicht allein auf Wunsch des Arbeitnehmers erfolgt. Es empfiehlt sich daher, vertraglich festzuhalten, dass das Arbeiten im Ausland ausschließlich auf freiwilliger Basis erfolgt und der Arbeitnehmer weiterhin über einen festen Arbeitsplatz beim Arbeitgeber im Inland verfügt. Unternehmen sollten darauf achten, dass finanzielle oder sachliche Unterstützung, wie die Bereitstellung von Bildschirmen oder Schreibtischen, im Inland verbleibt und für die Arbeitstage im Ausland keine zusätzliche Unterstützung gewährt wird, um das Risiko einer faktischen Verfügungsmacht zu minimieren. Andernfalls könnten ausländische Finanzverwaltungen unter Berufung auf das OECD-MA annehmen, dass der Arbeitnehmer zur Arbeit in privaten Räumlichkeiten verpflichtet ist und eine faktische Verfügungsmacht des Arbeitgebers vorliegt.

Des Weiteren bedarf das Vorliegen der faktischen Verfügungsmacht einer Wiederholungsabsicht. Diese soll vorliegen, wenn ein Aufenthalt im Homeoffice über einen längeren Zeitraum regelmäßig erfolgt. Im Umkehrschluss liegt die faktische Verfügungsmacht nicht vor, wenn der Arbeitnehmer üblicherweise nur gelegentlich und nicht kontinuierlich im Homeoffice tätig ist. Die österreichische Finanzverwaltung bejaht beispielsweise das Kriterium der Verfügungsmacht des Arbeitgebers bereits, sofern die Tätigkeit hälftig (50 %) im Homeoffice erbracht wird (§ 29 Abs. 1 öBAO). Der OECD-MK enthält zu diesem Merkmal keine Hinweise. Da das ausschließliche oder zumindest kontinuierliche Arbeiten im Homeoffice jedoch eher der Normalfall geworden ist, sollte die Frage der Verfügungsmacht nach dem OECD-MK selten ein praktisches Problem darstellen (vgl. OECD-MK, Stand 2017, Art. 5 Rn. 18f.).

  1.  

Ausnahme bei vorbereitenden oder hilfsweisen Tätigkeiten

Gemäß Art. 5 Abs. 4 OECD-MA wird selbst bei Erfüllung aller Voraussetzungen keine Betriebsstätte begründet, sofern die Tätigkeiten im Ausland lediglich vorbereitender oder hilfsweiser Art sind. Ob eine Tätigkeit als „vorbereitend“ oder „hilfsweise“ gilt, orientiert sich maßgeblich nach dem Geschäftsmodell des Unternehmens. So werden Tätigkeiten der Personalabteilung typischerweise als Hilfstätigkeiten betrachtet. Anders verhält es sich jedoch, sofern eine eigenständige Konzerngesellschaft die Personalverwaltung übernimmt oder wenn die Personalabteilung von einer Holdinggesellschaft ausgeübt wird und ihre Kosten auf die übrigen Konzernunternehmen umlegt; in diesen Fällen liegt keine Hilfstätigkeit vor.

Steuerliche Konsequenzen bei Bejahung einer Betriebsstätte

Liegt nach alledem eine Betriebsstätte im jeweiligen ausländischen Staat vor, hat dieses Land in Bezug auf die Einkünfte der Betriebsstätte grundsätzlich ein Besteuerungsrecht, Art. 7 i. V. m. Art. 5 OECD-MA. Hieraus entstehen für das Unternehmen neben der Pflicht zur Abführung von Steuern einschließlich von Lohnsteuern erhebliche Compliance Kosten, da die Betriebsstätte angemeldet und das zu versteuernde Einkommen nach den lokalen Regelungen ermittelt werden muss. Zudem droht eine Doppelbesteuerung, sofern aus deutscher steuerlicher Sicht keine Betriebsstätte im Ausland begründet wird und das ausschließliche Besteuerungsrecht Deutschland innehat. Beide Länder beanspruchen demnach das alleinige Besteuerungsrecht der Betriebsstätten-Einkünfte.

Im Falle einer Betriebsstätte im Ausland muss weiterhin geprüft werden, ob und welche Wirtschaftsgüter der Betriebsstätte zuzurechnen sind und dadurch gar in Deutschland entstrickt werden (§ 4 Abs. 1, Sätze 3, 4 EStG). Aber selbst in Fällen, in denen der ausländische Staat aufgrund seiner Interpretation des jeweiligen DBA über kein Besteuerungsrecht verfügt, können aufgrund lokaler Bestimmungen Melde- und Registrierungspflichten bestehen. Betroffenen Unternehmen ist insoweit zu empfehlen, sich vor Tätigkeitsaufnahme im jeweiligen ausländischen Staat über die steuerlichen Folgen zu informieren.

Zusammenfassung

Für inländische Unternehmen, die ihren Angestellten eine mobile Arbeit im Ausland ermöglichen, bestehen einige steuerliche Risiken. Es ist komplex, mobile Arbeit im Ausland zu ermöglichen, ohne dadurch eine Betriebsstätte zu begründen. Zwar bietet das OECD-MA einheitliche Kriterien, jedoch interpretieren die Staaten diese unterschiedlich, was die Einhaltung länderspezifischer Regelungen erfordert. Unternehmen können hierauf reagieren, indem sie allgemeine Richtlinien durch länderspezifische Regelungen ergänzen, die die lokalen zeitlichen und tätigkeitsbezogenen Vorgaben berücksichtigen. Diese spezifischen Anpassungen schaffen höhere Rechtssicherheit und erlauben mobiles Arbeiten in größerem Umfang, sind jedoch zeit- und kostenintensiv, da jede Konstellation individuell geprüft und laufend überwacht werden muss.

Um den Aufwand zu reduzieren, setzen viele Unternehmen auf interne Richtlinien oder Betriebsvereinbarungen, die allgemeine Bedingungen festlegen (z. B. die zulässige Dauer und die in Frage kommenden Länder). Die Herausforderung ist sodann, die unternehmensspezifische Risikobereitschaft festzulegen. Für besonders kritische Länder jedenfalls sollten erweiterte Beschränkungen gelten, etwa durch zeitliche Eingrenzungen oder Limitierungen der Antragszahl. Solche Regelungen beschränken zwar das mobile Arbeiten, minimieren aber gleichzeitig das Risiko der Begründung einer ertragssteuerlichen Betriebsstätte.