Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 59
Es sind Fälle denkbar, in denen die strittigen Punkte an sich zum Regelungsbereich des Körperschaftsteuerbescheides gehören, wegen der Besonderheiten des einzelnen Falles aber den Regelungsgehalt nicht verändern; eine Anfechtung des Körperschaftsteuerbescheides und der mit ihm verbundenen Feststellungen kommt dann nicht infrage, da sich die Höhe der im Körperschaftsteuerbescheid festgesetzten Beträge nicht ändert.
Das Einkommen ist mit 100.000 DM berechnet worden; darin enthalten sind nicht abzugsfähige Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 EStG in Höhe von 5.000 DM; gleichzeitig ist das Einkommen um 7.000 DM steuerfreie Einnahmen gemindert worden. Es ergaben sich also folgende Einkommensberechnung und Gliederung des Eigenkapitals:
Gewinn |
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62.000 |
steuerfreie Einnahme |
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./. 7.000 |
Körperschaftsteuer |
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40.000 |
nicht abzugsfähige Betriebsausgabe |
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5.000 |
Einkommen |
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100.000 |
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EK 40 |
EK 02 |
Einkommen |
100.000 |
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Tarifbelastung |
./. 40.000 |
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60.000 |
60.000 |
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nicht abzugsfähige Betriebsausgabe |
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./. 5.000 |
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steuerfreie Einnahme |
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7.000 |
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55.000 |
7.000 |
Erbringt der Steuerpflichtige nun den Nachweis, dass die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben doch abzugsfähig sind, etwa indem er neue Tatsachen vorbringt oder neue Nachweise erbringt, kann die Verwaltung die Änderung des Körperschaftsteuerbescheides und der in ihm enthaltenen Feststellungen mit der Begründung ablehnen, die steuerfrei gelassenen Einkünfte seien doch steuerpflichtig; infolge der Saldierung ergäbe sich weder eine Änderung des Einkommens noch der festgesetzten Steuer. Wird unterstellt, dass diese Entgegnung der Verwaltung richtig ist, muss der Feststellungsbescheid geändert werden, obwohl der Körperschaftsteuerbescheid bzw. das im Körperschaftsteuerbescheid festgestellte Einkommen nicht geändert worden ist. Änderungsgrundlage für den Feststellungsbescheid ist die gleiche Änderungsvorschrift, die ohne Saldierung zu einer Änderung des Körperschaftsteuerbescheides geführt hätte. In Anwendung des § 177 AO ist dann nicht nur die Zurechnung der Ausgaben zum Einkommen zu korrigieren, sondern auch das EK 02 entsprechend umzugliedern, da die Gliederungsrechnung sonst eine zu geringe anrechenbare Körperschaftsteuer ausweist. Einkommensermittlung und Gliederungsrechnung würden dann folgendermaßen aussehen:
Gewinn |
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62.000 |
steuerfreie Einnahme (Rest) |
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./. 2.000 |
Körperschaftsteuer |
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40.000 |
nicht abzugsfähige Betriebsausgabe |
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0 |
Einkommen |
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100.000 |
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EK 40 |
EK 02 |
Einkommen |
100.000 |
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Tarifbelastung |
./. 40.000 |
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60.000 |
60.000 |
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nicht abzugsfähige Betriebsausgabe |
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./. 0 |
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steuerfreie Einnahme |
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2.000 |
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60.000 |
2.000 |
Die Umgliederung auch der restlichen 2.000 DM an steuerfreien Einnahmen (die nach dem Sachverhalt in Wirklichkeit nicht steuerfrei sind) aus dem EK 02 in das belastete Eigenkapital ist nicht möglich, da sich infolge der Saldierung nach § 177 AO nur 5.000 DM als steuerpflichtig im Einkommen ausgewirkt haben. Diese (sachlich unrichtige, aber aus formellen Gründen nicht änderbare) Entscheidung aus dem Körperschaftsteuerbescheid muss die Gliederungsrechnung übernehmen. Insgesamt weist die Gliederungsrechnung auch die richtige anrechenbare Steuer aus, da die 2.000 DM letztlich nicht mit Steuer belastet sind; dies beruht auf einer fehlerhaften, aber die Gliederungsrechnung bindenden Entscheidung im Körperschaftsteuerbescheid.
Rz. 60
Problematisch sind jedoch diejenigen Fälle, in denen keine Änderungsvorschrift vorliegt, sondern der Steuerpflichtige gegen den Körperschaftsteuerbescheid Einspruch eingelegt hat, um eine Änderung der Feststellung des Einkommens und der Festsetzung der Körperschaftsteuer zu erreichen. In diesen Fällen wird regelmäßig der Feststellungsbescheid nicht angefochten, da insoweit die Entscheidungen des Feststellungsbescheides nicht in Streit sind; die Anpassung des Feststellungsbescheides soll über die Folgeänderung nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO erfolgen. Erfolgt nun eine Saldierung, wird über die Streitfrage nicht (förmlich) entschieden, sondern in Form einer Alternativentscheidung: Der Rechtsbehelf wird zurückgewiesen, weil entweder die Einwendungen des Steuerpflichtigen nicht stichhaltig sind oder, wenn dies doch der Fall ist, wegen der gegenläufigen Saldierung nicht zur Änderung von Einkommen und Körperschaftsteuer führen würden. Die Rechtslage bleibt also unklar, weil feststeht, dass keine Auswirkungen auf den Körperschaftsteuerbescheid entstehen. Der Feststellungsbescheid ist aber, wenn er nicht vorsorglich angefochten worden ist, bestandskräftig, eine Änderungsvorschrift greift nach den Sachverhaltsannahmen nicht ein. Hier besteht aus formellen Gründen keine Möglichkeit, die Rechtsfrage zu klären, der Feststellungsbescheid kann nicht geändert werden. Es ist daher anzuraten, nicht nur den Körperschaftsteuerbescheid, sondern immer auch den Feststellungsbescheid anzufechten.