Rz. 109

Begünstigende steuerliche Vorschriften setzen häufig eine Mindestbesitzzeit oder Haltefrist voraus (z. B. § 6b Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG, § 9 Nr. 7 GewStG a. F., § 8b Abs. 4 KStG a. F., § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InvZulG). Für diese Fälle bestimmen §§ 12 Abs. 3, 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG grds., dass der Zeitraum der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen der übertragenden Körperschaft bei der übernehmenden Körperschaft angerechnet wird.

 

Rz. 109a

Wird der Organträger verschmolzen, soll nach Verwaltungsauffassung jedoch eine nahtlose finanzielle Eingliederung (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 KStG) beim neuen (übernehmenden) Organträger nicht möglich sein, wenn der steuerliche Übertragungsstichtag ("unterjährig") vor dem Wj.-Ende der Organgesellschaft liegt (mit der Folge einer "Organschaftspause").[1] Dem ist die FG-Rspr. mit der ganz h. M. in der Literatur unter Hinweis § 12 Abs. 3 UmwStG entgegengetreten (s. a. Rz. 83, Rz. 87).[2] Die FG-Rspr. will das Organgesellschaftseinkommen in diesen Fällen allerdings aufteilen (sodass de facto die Situation hergestellt wird, als hätte die Organgesellschaft zum steuerlichen Übertragungsstichtag ein Rumpf-Wj. eingezogen), während die h. M. in der Literatur m. E. zutreffend das Einkommen bereits voll dem übernehmenden Organträger zurechnet.[3]

 

Rz. 109b

Nach dem BFH ist § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG nicht anwendbar, wenn die relevante Norm auf einen Besitzzeitpunkt abstellt[4] – im Urteilsfall § 9 Nr. 2a GewStG, aber z. B. auch § 9 Nr. 7 GewStG[5] oder § 8b Abs. 4 KStG n. F.[6] Der BFH urteilte allerdings zu einem Fall ohne Rückwirkung (Anteilstausch nach § 21 UmwStG); gilt § 2 Abs. 1 UmwStG, ist maßgeblicher Zeitpunkt der steuerliche Übertragungsstichtag.[7] Überdies enthält § 8b Abs. 4 S. 6 KStG eine eigene Rückwirkungsfiktion, die auch für Erwerbe durch Verschmelzung gilt und neben § 2 Abs. 1 UmwStG anwendbar ist.[8] (Streubesitz-)Anteile von übertragender und übernehmender Körperschaft an derselben Gesellschaft sind nach m. E. zutreffender Auffassung zu addieren.[9]

 

Rz. 110

Die Besitzzeiten werden auch dann zusammengerechnet, wenn die übernehmende Körperschaft nicht an der übertragenden Körperschaft beteiligt war.

[2] Hessisches FG v. 14.5.2020, 4 K 412/19, EFG 2020, 1344 mit ausführlichen Nachweisen zur h. M. (Rev. eingelegt, AZ beim BFH I R 21/20); FG Rheinland-Pfalz v. 19.8.2020, 1 K 1585/15, EFG 2021, 149 (Rev. eingelegt, AZ beim BFH I R 45/20); s a. § 14 KStG Rz. 949.
[3] § 14 KStG Rz. 953; Dötsch, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, UmwStG Anhang 1 Rz. 22b Rz. 53; Herlinghaus, in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, Anhang 4 Rz. 63; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl, UmwG, UmwStG, 9. Aufl. 2020, § 12 UmwStG Rz. 82; ausführlich Hasbach, DK 2020, 378, 382ff.
[5] I. d. F. des Gesetzes v. 12.12.2019, BGBl I 2019, 2451.
[9] Für § 8b Abs. 4 KStG Pung, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8b KStG Rz. 281; Schmitt, in Schmitt/Hörtnagl, UmwG, UmwStG, 9. Aufl. 2020, § 12 UmwStG Rz. 92.

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