Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 75
Rechtsfolge der Übertragung des verbleibenden Verlustvortrags der übertragenden Körperschaft ist, dass die übernehmende Körperschaft hinsichtlich des verbleibenden Verlustvortrags in die Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft einrückt. Sie übernimmt den verbleibenden Verlustvortrag also so, wie er bei der übertragenden Körperschaft zum Schluss des letzten (steuerlichen) Wirtschaftsjahres, das mit dem steuerlichen Übertragungszeitpunkt endet, festgestellt worden ist. Dieser Verlust wird nicht etwa laufender Verlust der übernehmenden Körperschaft, sondern bleibt auch bei ihr verbleibender Verlustvortrag
Rz. 76
Die übernehmende Körperschaft kann den Verlustvortrag in gleicher Weise nutzen, wie dies die übertragende Körperschaft hätte tun können. Das bedeutet, dass dieser Verlustvortrag bei der übertragenden Körperschaft zum Verlustausgleich in dem Wirtschaftsjahr, in das der steuerliche Übertragungszeitpunkt fällt, zur Verfügung steht. Der übernommene Verlustvortrag ist in die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum Schluss des Wirtschaftsjahres der übernehmenden Körperschaft, in das der steuerliche Übertragungszeitpunkt fällt, einzubeziehen, und steht damit zum Verlustvortrag zur Verfügung. Dagegen kann dieser Verlustvortrag der übertragenden Körperschaft nicht zum Verlustrücktrag bei der übernehmenden Körperschaft genutzt werden Der Verlustabzug bei der übertragenden Körperschaft ist definiert als Verlust nach Verlustrücktrag, der somit nur zum Verlustausgleich und Verlustvortrag genutzt werden kann (ein Verlustrücktrag ist bereits bei der übertragenden Körperschaft durchgeführt worden); hieran ist die übernehmende Körperschaft gebunden.
Rz. 77
Ist die übernehmende Körperschaft eine Organgesellschaft, und hatte die übertragende Körperschaft vortragsfähige Verluste, gehen diese Verlustvorträge auf die übernehmende Körperschaft über. Bei der Organgesellschaft wird der Verlust als vorvertraglicher Verlust nach § 15 Nr. 1 KStG behandelt, d. h. er kann nicht auf den Organträger übertragen werden. Der Verlust entsteht bei der Organgesellschaft nicht originär, sondern ist ein außerhalb der Organschaft angefallener Verlust. Hätte die Organgesellschaft mit der übertragenden Körperschaft statt eines Verschmelzungsvertrags einen Organschaftsvertrag (Ergebnisabführungsvertrag) abgeschlossen, würde der Verlust der übertragenden Körperschaft zweifelsfrei als vororganschaftlicher Verlust unter § 15 Nr. 1 KStG fallen. Hieraus kann für den Fall der Verschmelzung geschlossen werden, dass es sich auch bei dem Übergang des Verlusts durch Verschmelzung um einen „außerorganschaftlichen” Verlust, und damit einen vororganschaftlichen Verlust, handelt, dessen Abzug im Organkreis nach § 15 Nr. 1 KStG ausgeschlossen ist.
Rz. 78
Außerhalb des Abs. 3 S. 2, wonach die übernehmende Körperschaft einen Verlustvortrag der übertragenden Körperschaft ansetzen kann, ergeben sich durch die Verschmelzung keine weiteren zusätzlichen Verlustverrechnungsmöglichkeiten. Insbesondere können nicht Verluste der übernehmenden Körperschaft auf die übertragende Körperschaft für einen Zeitraum vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag zurückgetragen werden.