Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 26
Wird das Vermögen einer Körperschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine andere Körperschaft übertragen (Verschmelzung), ändert sich an der steuerlichen Behandlung der an die Gesellschafter (Geschäftsführer) der übertragenden Körperschaft gezahlten Gehälter, Mieten und Zinsen nichts. Diese Zahlungen waren bei der übertragenden Körperschaft Betriebsausgaben. Durch die Gesamtrechtsnachfolge gehen die Anstellungs-, Miet- und Darlehensverträge auf die übernehmende Körperschaft über. Handelsrechtlich erfolgt dieser Übergang erst mit Eintragung in das Handelsregister, steuerlich aber bereits zum steuerlichen Übertragungsstichtag. Mit dem steuerlichen Übertragungsstichtag gelten die Gehälter, Mieten und Zinsen daher als Betriebsausgaben der übernehmenden Körperschaft.
Bei der Beurteilung, ob die Zahlungen an die Gesellschafter verdeckte Gewinnausschüttungen sind, ist die steuerliche Rückwirkung ebenfalls zu berücksichtigen. Da auch die Vertragsverhältnisse auf den Übernehmer übergehen, gelten die mit der übertragenden Körperschaft abgeschlossenen Anstellungs-, Miet- und Darlehensverträge ab dem steuerlichen Übertragungsstichtag mit Wirkung für und gegen den Übernehmer; die Voraussetzung der klaren Vereinbarung ist daher erfüllt. Ändern sich durch die Vermögensübertragung die Beteiligungsverhältnisse, können einzelne Gesellschafter rückwirkend zum steuerlichen Übertragungszeitpunkt die Stellung als beherrschender Gesellschafter (vgl. Anhang zu § 8 Rz. 128ff.) erlangen oder verlieren; je nachdem sind dann, rückwirkend auf den steuerlichen Übertragungsstichtag, die Regeln über den beherrschenden Gesellschafter anzuwenden.
Rz. 27
Wird das Vermögen einer Körperschaft auf eine Personengesellschaft übertragen, sind mit dem steuerlichen Übertragungsstichtag nicht mehr die für Körperschaften geltenden Regelungen anzuwenden, sondern die für Personengesellschaften. Das bedeutet, dass rückwirkend zum steuerlichen Übertragungszeitpunkt an Gesellschafter gezahlte Gehälter, Mieten und Zinsen nicht mehr als Betriebsausgaben (einer Körperschaft) anzusetzen, sondern bei der Personengesellschaft nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG als Vorwegvergütungen der Gesellschafter zu behandeln sind.
Sind den Gesellschaftern zustehende Gehälter, Mieten und Zinsen im steuerlichen Übertragungszeitpunkt rückständig, also von der Körperschaft noch nicht gezahlt, sind sie als Verbindlichkeiten in der Übertragungsbilanz der Körperschaft zu passivieren. Mit dem steuerlichen Übertragungszeitpunkt gelten diese Forderungen den Gesellschaftern als zugeflossen, sind zu diesem Zeitpunkt also als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung oder Kapitalvermögen zu versteuern. Gleichzeitig werden diese Verbindlichkeiten der übertragenden Körperschaft in Eigenkapital der übernehmenden Personengesellschaft umqualifiziert. Werden diese Beträge dann an die Gesellschafter ausgezahlt, werden keine Verbindlichkeiten mehr beglichen, sondern Entnahmen aus der Personengesellschaft getätigt.
Rz. 28
Wird eine Personengesellschaft oder ein Einzelunternehmen in eine Körperschaft umgewandelt, gilt nach § 20 Abs. 7 S. 1, 2 UmwStG eine dem § 2 UmwStG entsprechende Rückwirkung. Das bedeutet, dass rückwirkend zum steuerlichen Übertragungsstichtag die von der Personengesellschaft an die Gesellschafter gezahlten Vergütungen kein Vorweggewinn sind, sondern Betriebsausgabe der Körperschaft. Die Rückwirkung bedeutet weiter, dass rückwirkend auch die Regelungen über die verdeckte Gewinnausschüttung zum Tragen kommen, d. h. dass auch das Erfordernis der vorherigen, klaren und eindeutigen Vereinbarung gilt. Hatte die Personengesellschaft mit ihren Gesellschaftern solche Vereinbarungen abgeschlossen, gehen diese im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Körperschaft über und können damit die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung vermeiden. Liegen solche Verträge dagegen nicht vor, führt der Vermögensübergang insoweit zu einer verdeckten Gewinnausschüttung; die notwendigen Vereinbarungen können nicht mit rückwirkender Kraft geschlossen werden (vgl. Anhang zu § 8 Rz. 163ff.).