Dr. Hans Joachim Herrmann
Rz. 47
Die in einbringungsgeborenen Anteilen enthaltenen stillen Reserven sind nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG schon vor einer Veräußerung dann zu versteuern, wenn ein etwaiger Veräußerungsgewinn nicht mehr der deutschen Besteuerung unterliegt. Von diesem Zeitpunkt an ist eine Versteuerung der stillen Reserven nicht mehr gewährleistet. Das Tatbestandsmerkmal „Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts” entspricht demjenigen in § 20 Abs. 3 UmwStG (vgl. § 20 Rz. 92ff.).
Rz. 48
Ausgeschlossen kann das deutsche Recht, Gewinne aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile zu besteuern, i. S. von § 21 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG zum einen aufgrund eines DBA sein. Der Hauptanwendungsfall dürfte sein, dass ein Steuerpflichtiger seine Anteile in eine ausländische Betriebsstätte einbringt, deren Gewinn nach einem DBA vom Betriebsstättenstaat zu besteuern ist. Weiter kann ein Anteilsinhaber einen zweiten Wohnsitz im Ausland begründen, der nach dem einschlägigen DBA als Hauptwohnsitz Anknüpfungspunkt für das Besteuerungsrecht des ausländischen Staates ist.
Rz. 49
Der Tatbestand des § 21 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG ist enger gefasst als der des § 6 Abs. 3 Nr. 2 AStG: Nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG muss das deutsche Besteuerungsrecht aufgrund eines DBA ausgeschlossen sein. Nach § 6 Abs. 3 Nr. 2 AStG genügt bereits die Begründung eines zweiten Wohnsitzes in einem anderen Staat, wenn dies zur Folge hat, dass auch dieser Staat nach dem einschlägigen DBA besteuerungsberechtigt ist. Dieser Unterschied zwischen den beiden Vorschriften lässt sich anhand der Begründung eines zweiten Wohnsitzes in der Schweiz veranschaulichen: Nach Art. 4 Abs. 3 DBA-Schweiz wird dadurch das deutsche Besteuerungsrecht nicht berührt, jedoch ist u. U. auch die Schweiz besteuerungsberechtigt. Somit kann durch die Begründung eines zweiten Wohnsitzes in der Schweiz zwar eine Besteuerung des Wertzuwachses einer Beteiligung nach § 6 Abs. 3 Nr. 2 AStG ausgelöst werden. Jedoch wird eine Veräußerung nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG nicht schon dann fingiert, wenn die Bundesrepublik die Schweizer Steuer anrechnen muss, sondern erst bei einer Beendigung des deutschen Besteuerungsrechts durch Wegzug.
Rz. 50
Der Anwendungsbereich der beiden vorstehenden Vorschriften kann sich überschneiden, etwa wenn zu einer Beteiligung auch einbringungsgeborene Anteile gehören. Gegebenenfalls geht § 21 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG als lex specialis vor, soweit einbringungsgeborene Anteile betroffen sind.
Rz. 51
Auch ohne ein DBA ist das deutsche Besteuerungsrecht i. S. von § 21 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG ausgeschlossen, wenn ein Anteilsinhaber beschränkt steuerpflichtig (vgl. § 1 Abs. 4 EStG, § 2 KStG) wird und das deutsche Besteuerungsrecht auch nicht deswegen fortbesteht, weil die einbringungsgeborenen Anteile zum Betriebsvermögen einer inländischen Betriebsstätte gehören (vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) und auch nicht als Beteiligung i. S. von § 17 EStG weiterhin der deutschen Besteuerung nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e EStG unterliegen.
Rz. 52
Die Steuerpflicht nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG tritt auch dann ein, wenn das deutsche Besteuerungsrecht infolge einer Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland ausgeschlossen ist, aber der Anteilseigner beabsichtigt, nach kurzer Zeit wieder in das Inland zurückzukehren. Anders als nach § 6 Abs. 4 AStG entfällt die einmal eingetretene Steuerpflicht nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG nicht nach einer bloßen vorübergehenden Phase der beschränkten Steuerpflicht. § 6 Abs. 4 AStG lässt sich nicht entsprechend anwenden, da diese Regelung nur für Beteiligungen i. S. von § 17 EStG gilt.
Rz. 53
Die Steuerpflicht nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG kann schließlich auch dadurch ausgelöst werden, dass ein Anteilsinhaber einbringungsgeborene Anteile an jemanden verschenkt, vererbt oder vermacht, der mit den Anteilen nicht der deutschen Besteuerung unterliegt. § 21 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG ist diesbezüglich weiter gefasst als § 6 Abs. 3 Nr. 1 AStG, der nur für eine Schenkung gilt. Zu versteuern hat die stillen Reserven der Übertragende. Denn bei ihm endet das deutsche Besteuerungsrecht.
Rz. 54 - 57
einstweilen frei