Dr. Hans Joachim Herrmann
Rz. 125
Bei ihrer Entnahme aus dem Betriebsvermögen müssten einbringungsgeborene Anteile nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit dem Teilwert bewertet werden, sodass der Unterschiedsbetrag zwischen dem Teilwert einerseits und den Anschaffungskosten bzw. dem niedrigeren Teilwert nach § 21 Abs. 4 Satz 2 UmwStG andererseits als Gewinn zu versteuern oder als Verlust abziehbar wäre. Dies widerspricht jedoch der speziellen Regelung von § 21 Abs. 1 und 2 UmwStG. Dort ist die Entnahme nicht als ein Tatbestand aufgeführt, der zu einer Gewinnrealisierung führt. Es bedarf grundsätzlich keiner Aufdeckung von stillen Reserven bei einer Entnahme, denn die einbringungsgeborenen Anteile bleiben auch nach ihrer Entnahme weiter steuerverstrickt. Demnach tritt durch eine Entnahme grundsätzlich keine Gewinnrealisierung ein; Gewinne aufgrund stiller Reserven über die ursprünglichen Anschaffungskosten hinaus werden erst bei einer Veräußerung der Anteile nach § 21 Abs. 1 UmwStG oder aufgrund eines der Ersatztatbestände von § 21 Abs. 2 UmwStG versteuert (vgl. Rz. 38).
Rz. 126
Eine Entnahme führt zu keiner Gewinnrealisierung, wenn der Teilwert der Anteile deren Anschaffungskosten i. S. von § 20 Abs. 4 UmwStG übersteigt. Diese stillen Reserven werden später bei einer Veräußerung (vgl. § 21 Abs. 1 UmwStG) oder aufgrund einer der Umstände des § 21 Abs. 2 UmwStG erfasst. Jedoch entsteht ein Entnahmegewinn nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG, wenn der Teilwert und die Anschaffungskosten den Buchwert übersteigen (vgl. Rz. 38). Dieser Entnahmegewinn in Gestalt der Differenz zwischen dem Teilwert und den Anschaffungskosten sowie dem Buchwert würde durch § 21 UmwStG nicht erfasst. Denn nach § 21 Abs. 1 UmwStG ist die Differenz zwischen dem Veräußerungspreis abzüglich der Veräußerungskosten und den Anschaffungskosten zu versteuern. Nach einer zu einem Entnahmegewinn i. S. von § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG führenden Entnahme ist der Entnahmewert anstelle der Anschaffungskosten der Ausgangswert für die Ermittlung eines späteren Veräußerungsgewinns maßgebend, aber nur, wenn dieser unter den Anschaffungskosten liegt. Anderenfalls würde ein Teil eines späteren Veräußerungsgewinns unversteuert bleiben.
Die einbringungsgeborenen Anteile sind mit den Anschaffungskosten von 100.000 EUR entsprechend § 21 Abs. 4 UmwStG in das Betriebsvermögen eingelegt worden. Während ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen ist hierauf eine Teilwertabschreibung auf 50.000 EUR vorgenommen worden. Schließlich werden die einbringungsgeborenen Anteile mit einem Entnahmewert von 150.000 EUR entnommen. Der Entnahmegewinn nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG beträgt 50.000 EUR. Dies ist die Differenz zwischen dem Buchwert von 50.000 EUR und den Anschaffungskosten von 100.000 EUR. Für die Ermittlung eines späteren Veräußerungsgewinns ist von den Anschaffungskosten von 100.000 EUR auszugehen. Würde man den Entnahmewert von 150.000 EUR zugrunde legen, wie es wohl der BMF (v. 25.3.1998, BStBl I 1998, 268, Tz. 21.12) vertritt, so bliebe die Differenz zwischen den Anschaffungskosten von 100.000 EUR und dem Entnahmewert von 150.000 EUR unversteuert.
Rz. 127
Ein Entnahmeverlust entsteht, soweit der Teilwert den Buchwert unterschreitet. Kein Entnahmeverlust fällt hingegen an, wenn der Teilwert nur unter die Anschaffungskosten, nicht aber unter den Buchwert gefallen ist. Die letztere Wertminderung wird durch § 21 UmwStG erfasst.
Die Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile i. S. von § 20 Abs. 4 UmwStG betragen 100.000 EUR. Zu diesem Wert werden sie nach § 21 Abs. 4 UmwStG in ein Betriebsvermögen eingelegt. Anschließend werden sie auf den niedrigeren Teilwert von 50.000 EUR abgeschrieben und zu diesem Wert entnommen. Ein Entnahmeverlust i. S. von § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG entsteht nicht. Denn der Teilwert im Zeitpunkt der Entnahme ist nicht unter den Buchwert gesunken. Der Entnahmewert von 50.000 EUR bildet anstelle der Anschaffungskosten den Ausgangswert für eine spätere Ermittlung eines Veräußerungsgewinns. Einige Jahre nach der Entnahme wird ein Antrag nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG gestellt bei einem gemeinen Wert der Anteile von 40.000 EUR. Hier ist ein Verlust von 10.000 EUR in Höhe der Differenz zwischen dem Entnahmewert von 50.000 EUR und dem gemeinen Wert bei Antragstellung von 40.000 EUR entstanden.
Rz. 128
Der Gewerbesteuer unterliegen Gewinne aus der Entnahme von einbringungsgeborenen Anteilen dann nicht, wenn eine Veräußerung des Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils, durch dessen Einbringung die Anteile erworben worden sind, beim Einbringenden nicht gewerbesteuerpflichtig gewesen wäre. Wenn die Aufdeckung stiller Reserven beim Einbringenden gewerbesteuerfrei geblieben wäre (vgl. § 20 Rz. 166), soll folgerichtig auch eine Realisierung der auf die einbringungsgeborenen Anteile verlagerten stillen Reserven durch Entnahme nicht zu einer Gewerbesteuerbelastung führen. Gewerbesteuerfrei bleiben dabei auch die stillen Reserven, die sich erst während der Zugeh...