Rz. 42

Nach § 23 Abs. 1 i. V. m. § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG ist nur der "Zeitraum" anzurechnen, und dies auch nur, wenn (soweit) die "Dauer" der Zugehörigkeit (wirtschaftliches Eigentum) von Bedeutung ist. Dies bedeutet, dass die Vorbesitzzeit sich ausschließlich auf das Tatbestandsmerkmal "Zugehörigkeitsdauer" einer fraglichen gesetzlichen Regelung positiv auswirkt. § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG ist aber nicht als lex specialis zur grundsätzlichen Anordnung des Eintritts in die steuerliche Rechtsstellung nach § 12 Abs. 3 Hs. 1 UmwStG anzusehen. Der Norm kommt daher keine Sperrwirkung für von ihrer Regelungsanordnung nicht erfasste Fälle zu.[1]

 

Rz. 43

Die Anrechnung der Vorbesitzzeiten wirkt sich daher in Einzelfällen wie folgt aus:

  • Übertragung stiller Reserven nach § 6b EStG:

    Möchte die übernehmende Gesellschaft für den Gewinn aus der Veräußerung eines zuvor nach der §§ 20 oder 21 UmwStG zum Buchwert bzw. zu den Anschaffungskosten eingebrachten Wirtschaftsguts § 6b EStG in Anspruch nehmen, ist nach § 6b Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG Voraussetzung, dass das Wirtschaftsgut mindestens sechs Jahre zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört hat.

    § 23 Abs. 1 i. V. m. § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG hat lediglich zur Folge, dass für das Tatbestandsmerkmal "sechs Jahre (Eigentum/Besitz)" die Vorbesitzzeiten des Einbringenden angerechnet werden können. Die weiteren Tatbestandsmerkmale, wie die Zugehörigkeit zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte, bleiben davon unberührt. Diese können durch die weitere Rechtsfolge "Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung" nach § 23 Abs. 1 i. V. m. § 12 Abs. 3 Hs. 1 UmwStG erfüllt werden, wenn das Wirtschaftsgut beim Einbringenden auch zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört hat.

  • Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg nach § 9 Nr. 7 GewStG:[2]

    Auch hier wirkt sich § 23 Abs. 1 i. V. m. § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG lediglich hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Beteiligung seit Beginn des Erhebungszeitraums aus. Soweit auf der Tatbestandsebene eine Beteiligung zum einem bestimmten Zeitpunkt gefordert wird, wie z. B. bei § 9 Nr. 2a GewStG, ist § 23 Abs. 1 i. V. m. § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG nicht einschlägig, weil es hier um einen Zeitraum und nicht um einen Zeitpunkt geht.[3]

    Ist § 9 Nr. 7 GewStG dahin gehend zu verstehen, dass die Anteile, auf die die Dividenden ausgeschüttet werden, seit Beginn eines Kalenderjahrs gehalten worden sein müssen und dass zusätzlich[4] die Beteiligungsquote seit Beginn des Kalenderjahrs mindestens 15 % des Grund- oder Stammkapitals betragen haben muss, dann führt § 23 Abs. 1 i. V. m. § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG lediglich dazu, dass die Anteile seit Beginn eines Kalenderjahrs als gehalten gelten, wenn der Einbringende sie in dem entsprechenden Zeitraum bereits gehalten hat.

    § 23 Abs. 1 i. V. m. § 4 Abs. 2 S. 3 UmwStG führt hingegen nicht dazu, dass für das Tatbestandsmerkmal "15 %" die eingebrachten Anteile bereits vor dem steuerlichen Einbringungszeitpunkt "rückwirkend" mit berücksichtigt werden.

    § 23 Abs. 1 UmwStG ordnet jedoch ebenso die entsprechende Geltung des § 12 Abs. 3 Hs. 1 UmwStG an. Nach dieser Vorschrift tritt die übernehmende Körperschaft in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein.[5] Die als Generalklausel konzipierte Regelung führt somit zu einem umfassenden Eintritt in die steuerliche Rechtsstellung. Der Eintritt in die Rechtsstellung umfasst alle Attribute, die von steuerlicher Bedeutung sind. Dies umfasst auch – die für das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg relevanten – Zeitpunkte, zu denen eine Schachtelbeteiligung bestand.[6]

[1] S. dazu jüngst überzeugend FG Düsseldorf v. 24.11.2022, 14 K 392/22 G F; a. A. BFH v. 16.4.2014, I R 44/13, BStBl II 2015, 303, BFH/NV 2014, 1313.
[3] Patt, in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 23 UmwStG Rz. 138ff., m. w. N.; s. dazu jüngst FG Düsseldorf v. 24.11.2022, 14 K 392/22 G F.
[4] So z. B. Schroer/Starke, FR 2007, 489.

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