Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 21
Grenzüberschreitende Umwandlungen weisen in irgendeiner Form einen Auslandsbezug auf. Ihr Gegenstück sind inländische Umwandlungen, also solche ohne jeden Auslandsbezug. Inländische Umwandlungen sind solche, bei denen übertragender Rechtsträger, übernehmender Rechtsträger und alle Gesellschafter von übertragendem und übernehmendem Rechtsträger Inländer, d. h. unbeschränkt steuerpflichtig sind, sowie das gesamte Vermögen des übertragenden Rechtsträgers auf inländischen Vermögensgegenständen beruht.
Grenzüberschreitende Umwandlungen sind danach solche, bei denen übertragender Rechtsträger, übernehmender Rechtsträger und /oder ihre Gesellschafter Ausländer, d. h. im Inland beschränkt oder überhaupt nicht steuerpflichtig sind, und/oder Vermögensgegenstände im Ausland belegen sind. Diese Fälle lassen sich nach Herzig/Förster (DB 1994, 1) in folgenden Gruppen zusammenfassen:
Fallgruppe 1: übertragender und übernehmender Rechtsträger haben ihren Sitz im Inland, wobei
- das übertragende Vermögen ganz im Inland belegen ist;
- das übertragende Vermögen ganz oder teilweise im Ausland belegen ist;
- die beteiligten Gesellschafter im Inland ansässig sind;
- die beteiligten Gesellschafter im Ausland ansässig sind.
Fallgruppe 2: der übertragende Rechtsträger hat seinen Sitz im Inland, der übernehmende Rechtsträger im Ausland, wobei
- das übertragende Vermögen ganz im Inland belegen ist;
- das übertragende Vermögen ganz oder teilweise im Ausland belegen ist;
- die beteiligten Gesellschafter im Inland ansässig sind;
- die beteiligten Gesellschafter im Ausland ansässig sind.
Fallgruppe 3: der übertragende Rechtsträger hat seinen Sitz im Ausland, der übernehmende Rechtsträger im Inland, wobei
- das übertragende Vermögen ganz im Inland belegen ist;
- das übertragende Vermögen ganz oder teilweise im Ausland belegen ist;
- die beteiligten Gesellschafter im Inland ansässig sind;
- die beteiligten Gesellschafter im Ausland ansässig sind.
Fallgruppe 4: übertragender und übernehmender Rechtsträger haben ihren Sitz im Ausland, wobei
- das übertragende Vermögen ganz im Inland belegen ist;
- das übertragende Vermögen ganz oder teilweise im Ausland belegen ist;
- die beteiligten Gesellschafter im Inland ansässig sind;
- die beteiligten Gesellschafter im Ausland ansässig sind.
Rz. 22
Von diesen Fallgruppen sind nur die erste und die vierte in umfassender, wenn auch z. T. nicht befriedigender Weise durch gesetzliche Regelungen abgedeckt; für die zweite und dritte Fallgruppe bestehen nur teilweise Möglichkeiten der Umwandlung.
In der ersten Fallgruppe sind sowohl übernehmender als auch übertragender Rechtsträger aufgrund ihres inländischen Sitzes inländische, unbeschränkt steuerpflichtige Gesellschaften. Für diese gelten nach § 1 Abs. 1 UmwG die Regelungen des UmwG. Hieran knüpft § 1 Abs. 1 UmwStG die steuerrechtlichen Regelungen. Auf die grundsätzliche Anwendbarkeit dieser Vorschriften hat es keinen Einfluss, ob die beteiligten Gesellschafter im Inland oder im Ausland ansässig sind, und ob das zu übertragende Vermögen im Inland oder im Ausland belegen ist.
Sind Vermögensgegenstände im Ausland belegen, ist jedoch zu beachten, dass die Übertragung dieser Vermögensgegenstände nach ausländischem Recht erfolgt, d. h. die inländische Gesamt- oder Teilrechtsnachfolge erfasst diese Vermögensgegenstände nicht. Es hängt vom ausländischen Recht ab, ob die inländische Umwandlung als Rechtsgrund der Vermögensübertragung anerkannt wird, oder ob eine Einzelübertragung erfolgen muss. Im Inland hat die Übertragung auch als Einzelübertragung keine steuerlichen Folgen, da sie als Teil der steuerneutralen Umwandlung aufgefasst wird und daher an der inländischen Steuerfreiheit teilnimmt. Ob im Ausland die Übertragung zu einer Gewinnrealisierung, und damit zu einer steuerlichen Belastung, führt, beurteilt sich nach dem ausländischen Steuerrecht. Erfolgt im Ausland eine Besteuerung, und wendet das Inland insoweit die Anrechnungsmethode an, geht die Anrechnung ins Leere, da es mangels einer inländischen Steuer nicht zu einer Anrechnung kommen kann. In solchen Fällen kann sich der Zwischenwertansatz rechtfertigen, um die stillen Reserven insoweit aufzudecken, dass durch die Anrechnung der ausländischen Steuer keine zusätzliche inländische Steuer entsteht.
Rz. 23
In der vierten Fallgruppe haben übernehmender und übertragender Rechtsträger ihren Sitz im Ausland. Nach § 1 Abs. 1 UmwG, dem § 1 Abs. 1 UmwStG folgt, sind deutsche Rechtsvorschriften auf diese Umwandlungen nicht anwendbar (vgl. § 1 UmwStG Rz. 5). Die im Ausland durchgeführte Umwandlung wird also für im Inland belegene Vermögensgegenstände als Einzelübertragung angesehen, die zur Gewinnrealisierung und damit zur steuerlichen Belastung führt. Allerdings bietet hier § 12 Abs. 2 S. 2 UmwStG gewisse Möglichkeiten, die Übertragung steuerneutral durchzuführen. Sind Gesellschafter des übertragenden oder des übernehmenden Rechtsträgers im Inland ansässig, so kann bei ihnen ein Anteilstausch vorliegen (Tausch der untergehenden Anteile an d...