Dipl.-Finanzwirt Kirsten Happe
Rz. 29c
Anspruch auf Kindergeld hat ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer gem. § 62 Abs. 2 Nr. 1 EStG, wenn er eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte, eine Mobiler-ICT-Karte oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die für einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen oder berechtigt haben oder diese erlauben. Berechtigt ein Aufenthaltstitel, zu einer Erwerbstätigkeit von weniger als sechs Monaten, besteht kein Anspruch auf Kindergeld. Ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erlaubt ist, muss gem. § 4a Abs. 3 S. 1 AufenthG aus dem Aufenthaltstitel hervorgehen.
Die Blaue Karte EU ist ein befristeter Aufenthaltstitel, der nach § 18 Abs. 4 AufenthG grundsätzlich für 4 Jahre erteilt wird. Eine ICT-Karte ist auf höchstens 3 Jahre befristet (§ 19 AufenthG) und eine Mobiler-ICT-Karte i. S. d. § 19b AufenthG ist ebenfalls ein befristeter Aufenthaltstitel, der im Falle eines Transferaufenthalts von mehr als 90 Tagen erteilt werden kann. Alle 3 genannten Aufenthaltstitel werden im Hinblick auf bestimmte Qualifikationen und Tätigkeiten erteilt.
§ 62 Abs. 2 Nr. 2 EStG bestimmt folgende Ausnahmen bei den zum Kindergeldbezug berechtigenden Aufenthaltstiteln:
Kein Kindergeld erhält, wem eine Aufenthaltserlaubnis
erteilt wurde (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) EStG). Der Ausschluss ist mit der Zielsetzung des Gesetzgebers zu begründen, einen Kindergeldanspruch den Personen zu gewähren, bei denen davon auszugehen ist, dass sie sich dauerhaft in Deutschland aufhalten.
Die Begründung erstreckt sich auch auf die Ausschlussgründe, die in § § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) EStG genannt sind. Ein Ausschluss vom Kindergeld ist demnach ebenfalls vorgesehen, wenn eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde
Nach § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c) EStG hat kein Anspruch auf Kindergeld, wem eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den § 23a AufenthG (Härtefall) oder § 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG (humanitäre Gründe) erteilt wurde.
Die Einschränkung umfasste bis zur Änderung durch Art. 11 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung eines Sofortzuschlages und einer Einmalzahlung in den sozialen Mindestsicherungssystemen sowie zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und weiterer Gesetze v. 23.5.2022 auch den § 24 AufenthG.
Für Flüchtlinge aus der Ukraine ist ausnahmsweise bis zur Ausstellung der Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG als Nachweis die Vorlage einer Fiktionsbescheinigung ausreichend, wenn diese einen Hinweis auf die Titelerteilung nach § 24 AufenthG enthält und mit dem Vermerk "Erwerbstätigkeit erlaubt" versehen ist.
Mit Inkrafttreten der Ukraine-Aufenthaltserlaubnis-Fortgeltungsverordnung (UkraineAufenthFGV) wird festgelegt, dass Aufenthaltserlaubnisse nach § 24 AufenthG, die am 1.2.2024 gültig sind, auch ohne Verlängerung weiterhin bis zum 4.3.2025 gelten.