Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuerpflichtige Übertragung von Grundstücken bei der Umstrukturierung einer Tochtergesellschaft in eine Muttergesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
- Bei einer Umstrukturierung einer bisherigen Tochtergesellschaft in eine Muttergesellschaft, wobei die Anteile der bisherigen Tochtergesellschaft durch die Anteile der Anteilseigner an der Muttergesellschaft ersetzt werden, so dass die bisherigen Anteilseigner der früheren Mutter nun die entsprechenden Anteilseigner der neuen Mutter werden, liegt - auch ohne ein schuldrechtliches Geschäft nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vorausgegangen ist - hinsichtlich der nun mittelbar zum Vermögen der neuen Muttergesellschaft gehörenden inländischen Grundstücke der bisherigen Muttergesellschaft ein grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang vor, wenn mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar vereinigt werden.
- Einer Obergesellschaft sind auch die bestehenden grunderwerbsteuerlichen Zuordnungen der grunderwerbsteuerlich beherrschten Untergesellschaft als eigene im Sinne einer grunderwerbsteuerlichen “Vermögenszugehörigkeit“ zuzurechnen.
- Die Verwirklichung des grunderwerbsteuerlichen Tatbestandes des §§ 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG erfasst nicht nur ein inländisches Grundvermögen der bisherigen Gesellschaft, sondern auch das den jeweiligen Töchtern bzw. Enkelinnen grunderwerbsteuerlichen zuzurechnende inländische Grundvermögen.
- Im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG ist eine gleichzeitige Zuordnung von Grundstücken auf mehrere Rechtsträger nicht ausgeschlossen, so dass es für die Grunderwerbsbesteuerung der zur Anteilsvereinigung führenden Umstrukturierung unerheblich ist, dass der Anteilseigner selbst bereits mittelbar alle Anteile an den grundbesitzenden GmbH vereinigt hatte und weiter hat.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 2; DGCL § 251g
Streitjahr(e)
2014
Nachgehend
Tatbestand
Die in den Vereinigten Staaten von Amerika ansässige Klägerin wendet sich mit ihrer am 27.12.2017 erhobenen Sprungklage, der das beklagte Finanzamt zugestimmt hat, gegen einen ihr gegenüber am 28.11.2017 ergangenen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer, nach dem wegen einer vermeintlichen Anteilsvereinigung ohne vorausgegangenes schuldrechtliches Geschäft bei Kapitalgesellschaften vom 15.04.2014 gegen die Klägerin (vormals C) als Rechtsnachfolgerin der B (vormals D) der Tatbestand des § 1 Abs.3 Nr.2 des Grunderwerbsteuergesetzes – GrEStG – verwirklicht worden sei. Die Feststellungen zum betroffenen inländischen Grundbesitz, den betreffenden Gesellschaften, zu deren Vermögen der Grundbesitz gehörte, sowie zu den jeweils zuständigen Finanzämtern wurden in einer Anlage zum Bescheid getroffen.
Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die frühere C (heute die A– die Klägerin), eine nach dem US-Recht gegründete Aktiengesellschaft, war über mehrere Konzerngesellschaften an mehreren deutschen GmbHs mittelbar beteiligt, zu deren Vermögen in Deutschland belegene Grundstücke in diversen Finanzamtsbezirken gehörten. Die gemittelten Beteiligungen beliefen sich dabei auf jeder Beteiligungsstufe auf regelmäßig 100 %, in Einzelfällen aber nicht unter 97 %. Zudem hielt die C alle Anteile an einer C Schweden, einer in Schweden ansässigen Kapitalgesellschaft.
Anteilseigner der C war zu 80,7 % die B (nicht identisch mit der o.g. D), deren alleinige Anteilseignerin eine E war.
Der C Konzern betreibt zwei voneinander unabhängige Geschäftsfelder F bzw. G. Die C ist in beiden Sparten tätig. Bis zum 15.04.2014 war die C Darlehnsnehmerin im Verhältnis zu verschiedenen Banken und Kreditgebern.
Um eine eventuelle Abspaltung der Sparte G zu ermöglichen, ohne dass dabei die Kreditbeziehungen negativ beeinträchtigt würden, wurde im Konzern im April 2014 eine Holdinggesellschaftsstruktur umgestaltet. Zum Zwecke der Einrichtung der Holdinggesellschaftsstruktur wurden folgende Umstrukturierungsschritte durchgeführt:
Vor dem 15.04.2014 gründete die C Schweden nach US Recht die D. Die D gründete sodann nach gleichem Recht die H.
Auf der Grundlage eines “Agreement and Plan of I“ vom 14.04.2014 zwischen der C, der D, der H und der C Schweden wurde nach § 251 (g) des Delaware General Corporation Law (DGCL) mit Wirkung zum 15.04.2014 die H auf die C verschmolzen. Ferner sollte die D alleinige Aktionärin der C werden, wobei deren Aktionäre die identische Anzahl von identisch ausgestalteten Aktien an der D halten würden, hingegen die bisherigen Aktien an der D erlöschen.
Nach Wirksamwerden der Verschmelzung stellte sich die Konzernstruktur so dar, dass die Aktionäre der C nun entsprechend an der D beteiligt waren und die C selbst nun zur 100 %igen Tochter der D geworden war, der C aber weiterhin die C Schweden und auch (mittelbar) die grundbesitzenden GmbHs gehörten.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass durch die Verschmelzung der H auf die C und die Einrichtung der neuen Holdingstruktur kein grunde...