Dr. Andreas Nagel, Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Häufig verlangt ein Steuerberater während eines Beratungsmandats Vorschusszahlungen. Gerade im Fall einer länger währenden Beratung ist dies nachvollziehbar, hat doch auch der Steuerberater laufende Kosten zu tragen.
Im Zuge einer Mandatsbeendigung bzw. eines Mandatswechsels kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen dem bisherigen Steuerberater und dem Mandanten bzw. dessen neuem Steuerberater. Oft bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, welche Unterlagen und Daten in welcher Form zur Verfügung zu stellen sind. Darüber kann es auch zum Streit wegen der Rückzahlung von Gebührenvorschüssen kommen.
Ist der Auftrag beendet, gleich ob erfolgreich oder durch vorzeitige Kündigung, hat der Steuerberater den Vorschuss mit der Gebührenforderung abzurechnen. Hat der Mandant mehr Vorschuss bezahlt als der Steuerberater an Gebühren verlangen darf, hat der Steuerberater neben der unverzüglichen Abrechnung auch den Vorschuss zurückzuzahlen. Es liegt gar eine Pflichtverletzung vor, wenn er dies nicht tut.
BGH-Entscheidungen auch auf Steuerberater übertragbar
In letzter Zeit hat sich der BGH in mehreren Entscheidungen mit der Frage der Rückzahlung von überzahlten Vorschüssen und deren Fälligkeit bei Mandatsbeendigung bei Rechtsanwälten befasst. Die Feststellungen des BGH sind auch auf Steuerberater übertragbar.
Rückzahlung von Vorschüssen nur bei Überzahlung
In einem im Jahr 2019 an den BGH herangetragenen Fall hatte der Kläger eine Anwaltssozietät (Beklagte) mit der außergerichtlichen und gerichtlichen Wahrnehmung seiner Rechte beauftragt. Noch vor Erlass des erstinstanzlichen Urteils kündigte er das Mandat und ließ sich anderweitig vertreten. Im Zeitpunkt der Kündigung hatte die Beklagte bereits Vorschüsse i. H. v. insgesamt 5.930,25 EUR erhalten. Eine Schlussrechnung wurde trotz Aufforderung nicht gestellt. Der Kläger war der Auffassung, dass der Beklagten lediglich ein Betrag i. H. v. 4.784,88 EUR zustünde. Mit seiner Klage verlangt er die Rückzahlung des Differenzbetrags i. H. v. 1.145,37 EUR nebst Zinsen und Kosten. Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Das Berufungsgericht begründete die Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten damit, dass diese trotz Aufforderung keine Rechnung gestellt und sich auch im gerichtlichen Verfahren nicht auf eine Berechnungsweise festgelegt habe.
Die Revision hatte teilweise Erfolg. Der BGH (Urteil v. 7.3.2019, IX ZR 143/18, NJW 2019, S. 1458) hob das angefochtene Urteil des LG auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück, weil noch festgestellt werden müsse, ob und in welcher Höhe die Beklagte tatsächlich überzahlt worden sei.
Der BGH führt zunächst aus, dass sich der Anspruch auf Rückgewähr eines geleisteten Vorschusses, der die tatsächlich geschuldete Vergütung übersteigt, nicht nach § 812 BGB, sondern nach §§ 675, 667 BGB richtet. Unter Bezugnahme auf seine bisherige Rechtsprechung bejaht der BGH eine vertragliche Pflicht der Beklagten, unmittelbar nach der Kündigung des Mandats die erhaltenen Vorschüsse abzurechnen. Diese Pflicht folge aus §§ 675, 666 BGB.
Auf diese fehlende Abrechnung gem. § 10 RVG (beim Steuerberater: § 9 StBVV) könne der Kläger seinen Rückforderungsanspruch allein allerdings nicht stützen. Nach dieser Vorschrift könne der Rechtsanwalt die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Vorliegend mache aber nicht die Beklagte einen Vergütungsanspruch, sondern der Kläger einen Rückforderungsanspruch hinsichtlich bereits bezahlter Vorschüsse geltend.
Die Geltendmachung dieses Anspruchs setze nur voraus, dass der Vorschuss noch nicht verbraucht sei. Insoweit komme es darauf an, ob Gebühren bereits entstanden und fällig geworden sind. Wenn dies der Fall sei, brauche der Rechtsanwalt erhaltene Vorschüsse nicht zurückzugewähren. Weder die Entstehung des Vergütungsanspruchs noch seine Fälligkeit hingen davon ab, dass der Rechtsanwalt eine Berechnung der Vergütung gem. § 10 RVG vorgenommen habe. Diese sei lediglich Voraussetzung dafür, dass der Rechtsanwalt die Vergütung einfordern könne.
Ggf. Stufenklage
Glaubt ein Mandant, Rückforderungsansprüche zu haben, muss er diese notfalls gerichtlich geltend machen und seine Forderung genau beziffern. Ist ihm dies nicht möglich, muss er im Wege der Stufenklage vorgehen und den ihm zustehenden Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung (§§ 675, 666 BGB) geltend machen. Geht es um länger zurückliegende Zeiträume, droht dem Mandanten ggf. die Verjährung. Zwar entsteht der Anspruch auf Rückzahlung bereits mit der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs und nicht erst mit der Abrechnung. Der Schutz des Mandanten wird aber durch die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB gewährleistet: Er muss zusätzlich Kenntnis von seinem Rückforderungsanspruch haben. Diese Kenntnis wird er oft erst aufgrund einer ordnungsgemäßen (und prüfbaren) Abrechnung erlangen, die den Anforderungen des § 9 StBVV entspricht. Bei fehlender...