Leitsatz
Es ist ernstlich zweifelhaft, ob § 148 Abs. 1 Satz 2 BewG, wonach der Wert eines Erbbaurechts über dessen gesamte Laufzeit gleichbleibend durch Abzug des Kapitalwerts der Erbbauzinsverpflichtung vom Grundstückswert zu ermitteln ist, deshalb noch verfassungsgemäß ist, weil einer im Einzelfall auftretenden Überbewertung im Billigkeitsweg abgeholfen werden kann.
Normenkette
§ 148 Abs. 1 Satz 2 BewG , § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO
Sachverhalt
Im Nachlass befand sich ein nur noch drei Jahre währendes Erbbaurecht, für das ein jährlicher Zins von 316,81 DM zu zahlen war. Das FA stellte den Wert des Erbbaurechts zum Todeszeitpunkt auf 695 000 DM fest. Dagegen wandte sich der Antragsteller und beantragte AdV.
Nach seiner Ansicht ist der Wert unrealistisch hoch. Dazu verwies er auf die kurze Restlaufzeit sowie darauf, dass ein Sachverständiger den Wert des Gebäudes im Zeitpunkt des Auslaufens des Erbbaurechts für Entschädigungszwecke auf 240 000 DM geschätzt habe.
Entscheidung
Der BFH gab dem Aussetzungsantrag statt. Es sei ernstlich zweifelhaft, ob die Vorschrift des § 148 Abs. 1 Satz 2 BewG, auf der die Wertfeststellung beruht, verfassungsgemäß ist. Er betont zunächst, dass der Feststellungsbescheid gesetzeskonform ist, wendet sich dann aber gegen die Annahme des FG, einem etwaigen Gesetzesüberhang könne im Einzelfall durch eine Billigkeitsmaßnahme begegnet werden.
Dies sei nur dann möglich, wenn der Gesetzesüberhang ungewollt ist. Mit § 148 Abs. 1 Satz 2 BewG habe der Gesetzgeber aber auch extreme Überbewertungen – z.B. bei nur noch geringer Restlaufzeit – bewusst in Kauf genommen.
Im Streitfall komme eine derartige Überbewertung ernsthaft in Betracht, wie der Schätzwert des Gebäudes zum Endzeitpunkt des Erbbaurechts zeige. Die Abwägung des Interesses des Antragstellers an der AdV mit dem öffentlichen Interesse einer geordneten Haushaltsführung falle zugunsten des Antragstellers aus.
Hinweis
Da die Entscheidung nur in einem Aussetzungsverfahren ergangen ist, bleibt abzuwarten, ob der BFH die Norm des § 148 Abs. 1 Satz 2 BewG auch in einem Hauptsacheverfahren für verfassungswidrig hält. Er müsste die Sache dann dem BVerfG vorlegen.
Bis zu einer endgültigen Klärung sollte in vergleichbaren Fällen, bei denen die Anwendung der Norm zu einer ähnlichen Überbelastung führt, Einspruch eingelegt werden, sofern nicht die Verwaltung nur einen vorläufigen Feststellungsbescheid erlässt.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 22.5.2002, II B 173/01