Christoph Tillmanns, Dr. Manuel Schütt
Das am 20.7.2023 in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung sieht zum 1.4.2024 unter anderem die Einführung von Qualifizierungsgeld vor.
Für den Bezug von Qualifizierungsgeld müssen verschiedene betriebliche und persönliche Voraussetzungen erfüllt sein:
Der Qualifizierungsbedarf der Mitarbeiter muss strukturwandelbedingt sein, z. B. durch demographische Veränderungen oder durch Transformationsprozesse im Zusammenhang mit der Digitalisierung bzw. Dekarbonisierung, wie etwa bei dem Wechsel vom Verbrennungsmotor hin zur Elektromobilität. Nur der daraus resultierende Qualifizierungsbedarf der Mitarbeiter wird durch das Qualifizierungsgeld gefördert. Auf diese Weise soll Arbeitslosigkeit vermieden und Beschäftigung gesichert werden. Daher ist auch weitere Voraussetzung, dass das Arbeitsverhältnis während der Qualifizierungsmaßnahme ungekündigt fortbesteht. Das Qualifizierungsgeld wird vom Arbeitgeber an die Arbeitnehmer ausgezahlt und von der Agentur für Arbeit erstattet.
Die Zahlung von Qualifizierungsgeld ist noch an weitere Voraussetzungen geknüpft:
Der strukturwandelbedingte Qualifizierungsbedarf muss mindestens 20 % der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer betreffen, in Betrieben mit weniger als 250 Beschäftigen nur 10 %. Der Arbeitgeber muss die gesamte Weiterbildung finanzieren und insbesondere die Sachkosten alleine tragen. Die Lohnkosten muss er nicht übernehmen, da der Arbeitnehmer nicht arbeitet und anstelle des Arbeitslohns das Qualifizierungsgeld bezahlt wird. Für die Dauer der Qualifizierungsmaßnahme vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer die unbezahlte Freistellung von der Arbeit.
Eine weitere Hürde besteht darin, dass durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung (die einen Betriebsrat voraussetzt!) Regelungen getroffen werden müssen, die den strukturwandelbedingten Qualifizierungsbedarf einschließlich der betroffenen betrieblichen Bereiche und Ursachen beschreiben. Darin zu treffen sind außerdem Regelungen über Perspektiven für die weitere Beschäftigung der dann qualifizierten Arbeitnehmer im Betrieb und Konzepte für deren Einsatz nach Abschluss der Maßnahme sowie über die Inanspruchnahme des Qualifizierungsgeldes.
Oftmals wird der Betriebsrat bei derartigen Transformationsprozessen Beteiligungsrechte haben: So hat er nach § 97 Abs. 2 BetrVG ein echtes Mitbestimmungsrecht, wenn durch Maßnahmen des Arbeitgebers Fortbildungen notwendig werden, weil die Kenntnisse der Mitarbeiter nicht mehr ausreichen. Transformationsprozesse sind häufig auch Betriebsänderungen, bei denen nach §§ 111 ff. BetrVG über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan zu verhandeln ist. In diesem Rahmen spielt der Schutz vor dem Verlust des Arbeitsplatzes durch Qualifizierung eine wichtige Rolle.
Da der Arbeitgeber die Sachkosten der Qualifizierung tragen muss, ist er berechtigt, mit dem Arbeitnehmer zu vereinbaren, dass dieser die Sachkosten der Qualifizierung anteilig zurückzuzahlen hat, wenn er von sich aus vor Ablauf einer Bindungsfrist aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Die komplizierte und ausdifferenzierte Rechtsprechung des BAG zu Rückzahlungsklauseln ist hierbei genau zu beachten.
Zuletzt darf der Arbeitnehmer in den letzten 4 Jahren nicht an einer geförderten beruflichen Weiterbildung teilgenommen haben.