0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift trat mit dem SGB X v. 18.8.1980 (BGBl. I S. 1469) ab 1981 in Kraft und gilt in der Neufassung des SGB X v. 18.1.2001 (BGBl. I S. 130) mit Wirkung zum 1.1.2001. Durch das Gesetz zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner v. 20.11.2015 (BGBl. I S. 2010) wurde Abs. 5 mit Wirkung zum 26.11.2015 geändert.
1 Allgemeines
Rz. 2
§ 16 entspricht weitgehend § 20 VwVfG, wobei Ergänzungen bzw. Weglassungen auf Besonderheiten im sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren beruhen. Mit dieser Vorschrift soll erreicht werden, dass das Verwaltungsverfahren gegenüber dem bzw. den Betroffenen objektiv, sachlich und unparteiisch, durchgeführt wird und nur solche Personen mitwirken, die dem Ausgang des Verfahrens und den Verfahrensbeteiligten unbefangen gegenüberstehen. Es soll schon der bloße Anschein vermieden werden, dass persönliche Beweggründe die Erledigung dienstlicher Angelegenheiten beeinflussen können. Darauf, ob eine von § 16 erfasste Person tatsächlich befangen ist, kommt es nicht an. § 16 normiert einen Ausschluss kraft Gesetzes für typische Fälle, in denen die Mitwirkung stets ausgeschlossen sein soll. Der Regelungsbereich des § 16 umfasst das gesamte Verwaltungshandeln innerhalb eines Verwaltungsverfahrens, mithin nicht nur die eigentliche Mitwirkung an der Entscheidung, sondern auch an der Vorbereitung und am sonstigen Ablauf des Verfahrens. Ihre Ergänzung findet die Bestimmung durch § 17 in der Regelung der Befangenheit. Das Handlungsverbot in den §§ 16 und 17 ist Ausfluss des Prinzips der Unparteilichkeit.
2 Rechtspraxis
2.1 Anwendungsbereich
Rz. 3
Unter Abs. 1 fallen nur solche Personen, die für eine Behörde handeln, d. h. als Beamte, Angestellte oder Arbeiter deren Bedienstete sind, und die für die Behörde ehrenamtlich Tätigen im staatlichen, kommunalen und sozialen Bereich, ebenso Dolmetscher und Sachverständige, die von einer Behörde in einem Verwaltungsverfahren herangezogen werden (Roller, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, § 16 Rz. 4; Hissnauer, in: jurisPK-SGB X, § 16 Rz. 12; Vogelsang, in: Hauck/Noftz, SGB X, § 16 Rz. 7; a. A. Mutschler, in: KassKomm. SGB X, § 16 Rz. 4). Nicht ausgeschlossen sind Personen, die als Zeugen eigene Wahrnehmungen bekunden. Die Vorschrift ist auf alle Bereiche des Verwaltungshandelns anzuwenden, sofern dieses in einem Verwaltungsverfahren abläuft. Im Gegensatz zum Prozessrecht sieht § 16 kein förmliches Ablehnungsrecht der Beteiligten vor.
2.2 Die einzelnen Tatbestandsmerkmale des Abs. 1
Rz. 4
Die Ausschlussgründe sind in Abs. 1 Satz 1 abschließend aufgezählt. Die dabei festgelegten Tatbestände enthalten eine unwiderlegbare gesetzliche Vermutung der Befangenheit und sind von Amts wegen zu berücksichtigen. Da § 16 keine § 41 Nr. 6 ZPO vergleichbare Regelung enthält, ist die Mitwirkung im Widerspruchsverfahren bei Beteiligung an der Erstentscheidung nicht ausgeschlossen. Die Ablehnung wirkt nur im Außenverhältnis der Behörde zum Beteiligten.
Rz. 5
Welche Personen zu den Beteiligten eines Verwaltungsverfahrens gehören und damit vom Verwaltungsverfahren nach Abs. 1 Nr. 1 ausgeschlossen sind, ergibt sich aus § 12 (vgl. die Komm. dort). Die durch das persönliche Interesse am Ausgang des Verwaltungsverfahrens bestehende unausweichliche Interessenkollision ist zu vermeiden. Den Beteiligten gleichgestellt sind die in Abs. 1 Satz 2 genannten Personen (vgl. Rz. 11).
Rz. 6
Angehörige eines Beteiligten i. S. v. Abs. 1 Nr. 2 sind in Abs. 5 aufgezählt. Die Vorschrift soll verhindern, dass der amtlich Tätige versucht ist, seinen Angehörigen Vorteile zu verschaffen. Die Begriffe der Verwandtschaft und der Schwägerschaft in gerader Linie beurteilen sich nach den §§ 1589, 1590 BGB, wobei es auf die Gradnähe nicht ankommt. Die Eigenschaft als Angehöriger bleibt auch dann bestehen, wenn die Ehe, Lebenspartnerschaft oder Schwägerschaft nicht mehr besteht, die Verwandtschaft oder Schwägerschaft durch Annahme als Kind erloschen ist und die häusliche Gemeinschaft zwar nicht mehr besteht, die Personen aber weiterhin wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind (Abs. 5 Satz 2, vgl. Rz. 16). Der Begriff "häusliche Gemeinschaft" setzt im Regelfall das Zusammenleben in einem Hausstand voraus (BSG, Urteil v. 16.8.1973, 3 RK 63/71, BSGE 36 S. 117).
Rz. 7
Für den Ausschluss nach Abs. 1 Nr. 3 genügt es, dass der Bedienstete der Behörde für den Beteiligten allgemein vertretungsbefugt ist, sei es auf Grund Gesetzes oder privatrechtlicher Vollmacht. Als gesetzliche Vertreter kommen u. a. in Betracht Eltern, Vormund oder Pfleger für einen Beteiligten, ferner die gesetzlichen Vertreter und besonders Beauftragten juristischer Personen und Vereinigungen i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 3, auch die nach § 13 gewillkürten Bevollmächtigten und Beistände sowie der nach § 15 von Amts wegen bestellte Vertreter, nicht hingegen der nach § 14 bestellte Empfangsbevollmächtigte. Die Vertretungsbefugnis muss sich nicht auf das konkrete Verwaltungsverfahren beziehen, auch eine allgemeine Vertretungsbefugnis kann zu Interessenkollisionen führen, sofern sie zur Vertretung im konkreten Verwaltungsverfahren berechtigt. Nach Been...