Ein Grundbesitzwert soll den gemeinen Wert eines Grundstücks abbilden (§ 177 Abs. 1 BewG). Der gemeine Wert entspricht dem Verkehrswert i.S.d. § 194 BauGB (R B 177 Satz 2 ErbStR 2019).
Zum Erreichen des Bewertungsziels gibt das BewG, neben den Bodenrichtwerten (§ 179 BewG) und den Regionalfaktoren (§ 190 BewG), insb. für
einen vorrangigen Rückgriff auf die sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten der Gutachterausschüsse (§ 193 Abs. 5 Satz 2 BauGB und § 12 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV; im Folgenden: "Marktdaten") vor (zur Verwendung der Marktdaten: Marquardt/Miethe, ErbStB 2022, 266).
Die Regionalfaktoren, Erbbaurechtskoeffizienten bzw. -faktoren sowie die Erbbaugrundstückskoeffizienten bzw. -faktoren wurden neu eingeführt. Die Bewirtschaftungskosten der Gutachterausschüsse sind nicht mehr zu verwenden.
Die zeitlichen Anwendungsvoraussetzungen zur Verwendung der Marktdaten der Gutachterausschüsse wurden überarbeitet (§ 177 Abs. 2 BewG). § 177 Abs. 3 BewG regelt erstmalig, unter welchen Voraussetzungen die Marktdaten (inhaltlich) als geeignet anzusehen sind.
Beraterhinweis Vergleichspreise stellen keine Marktdaten i.S.d. § 193 Abs. 5 Satz 2 BauGB und § 12 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV dar. Dementsprechend enthält § 183 Abs. 1 BewG keinen Verweis auf § 177 Abs. 2 und 3 BewG. Die Regelungen aus § 177 Abs. 2 und 3 BewG gelten folglich nicht für Vergleichspreise i.S.d. § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG.
1. Zeitliche Anwendung der Marktdaten (§ 177 Abs. 2 BewG)
Die Marktdaten sind auf einen Stichtag zu beziehen (§ 12 Abs. 1 Satz 3 ImmoWertV). Hat der Gutachterausschuss die Marktdaten auf einen Stichtag bezogen, ist der letzte Stichtag vor dem Bewertungsstichtag maßgeblich, sofern dieser nicht mehr als drei Jahre vor dem Bewertungsstichtag liegt (§ 177 Abs. 2 Satz 2 BewG).
Liegt der Bezugsstichtag mehr als drei Jahre zurück oder ist kein Bezugsstichtag bestimmt, sind die Marktdaten anzuwenden, die für den letzten Auswertungszeitraum abgeleitet wurden, der vor dem Kalenderjahr endet, in dem der Bewertungsstichtag liegt. Diese sind für längstens drei Jahre ab dem Ende des Kalenderjahres maßgeblich, in dem der vom Gutachterausschuss zugrunde gelegte Auswertungszeitraum endet (§ 177 Abs. 2 Satz 3 und 4).
Soweit sich die maßgeblichen Wertverhältnisse nicht wesentlich geändert haben, können die Daten auch über einen längeren Zeitraum als drei Jahre hinaus angewendet werden. (§ 177 Abs. 2 Satz 5 BewG).
Der Drei-Jahres-Zeitraum stellt einen Bruch zu den übrigen Vorschriften des 6. Abschnitts des BewG dar:
- Die Basiswertregelung billigt dem Grundbesitzwert eine Haltbarkeit von (bis zu) einem Jahr zu (§ 151 Abs. 3 Satz 1 BewG).
- Ein Verkehrswertgutachten hat sich beim Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts auf den Bewertungsstichtag zu beziehen (§ 198 Abs. 1 Satz 1 BewG),
- ein Kaufpreis muss innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag zustande gekommen sein (§ 198 Abs. 3 BewG).
Der äußerst großzügig bemessene Zeitraum dürfte in dem Versäumnis begründet sein, bundesgesetzlich einen Turnus für die Ermittlung der Marktdaten vorzugeben (vgl. § 196 Abs. 1 Satz 5 BauGB für Bodenrichtwerte: "Die BRW sind jeweils zu Beginn jedes zweiten Kalenderjahres zu ermitteln, wenn nicht eine häufigere Ermittlung bestimmt ist."; § 199 Abs. 2 Nr. 4 BauGB).
2. Modellkonformität der Marktdaten (§ 177 Abs. 3 BewG)
Die Marktdaten der Gutachterausschüsse sind anzuwenden, wenn sie geeignet sind. Dies ist der Fall, wenn ihre Ableitung weitgehend in demselben Modell erfolgt ist, wie die Bewertung nach dem BewG (§ 177 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 BewG).
Die Bewertungsverfahren (= Modelle) des BewG wurden durch das JStG 2022 weitgehend an die ImmoWertV angeglichen. Dadurch sind die Marktdaten als geeignet anzusehen, wenn sie auf Grundlage der ImmoWertV abgeleitet wurden (BR-Drucks. 457/22, 134).
Der Grundsatz der Modellkonformität (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ImmoWertV) wurde erstmalig im Gesetzeswortlaut verankert. Gleichwohl wohnte er dem BewG schon zuvor inne (s. u.a. R B 188 Abs. 3 Satz 1 und R B 191 Abs. 2 ErbStR 2019; Marquardt/Miethe, ErbStB 2022, 266 [269]).