Leitsatz
Das FA ist nicht verpflichtet, aufgrund der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder über Steuererklärungsfristen (hier vom 4.1.1999, BStBl I 1999, 152) einem Steuerberater die Frist zur Abgabe der eigenen Steuererklärung zu verlängern.
Normenkette
§ 109 AO , § 149 Abs. 2 Satz 1 AO , § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO , § 102 FGO , § 3 StBerG
Sachverhalt
Ein Steuerberater (Kläger) beantragte beim FA wegen Arbeitsüberlastung in seiner Praxis Fristverlängerung für die Abgabe der Steuererklärungen 1998 bis zum 28.2.2000. Unter den in der Anlage beigefügten Einzelanträgen befand sich auch ein Antrag für die persönliche Steuererklärung des Klägers zur gesonderten Gewinnfeststellung. Für diesen Antrag verlängerte das FA die Frist lediglich bis zum 31.12.1999. Den dagegen eingelegten Einspruch wies es am 17.8.2000 zurück. Da die Erklärung des Klägers erst am 18.8.2000 einging, setzte das FA gleichzeitig mit der Gewinnfeststellung einen Verspätungszuschlag fest.
Das FG verwarf die Klage, mit der der Kläger sein Begehren auf Fristverlängerung weiterverfolgte, als unzulässig; den hilfsweise gestellten Fortsetzungsfeststellungsantrag wies es als unbegründet ab.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG und wies die Revision als unbegründet zurück.
Die Entscheidung des FA, dem Kläger für seine persönliche Steuererklärung keine Fristverlängerung über den 31.12.1999 hinaus zu gewähren, sei ermessensfehlerfrei. Die in Verwaltungserlassen geregelte allgemeine Verlängerung bis 30.9.1999 sowie die Ermächtigung der FÄ zu einer weiteren Verlängerung in einem vereinfachten Verfahren bis 29.2.2000 gelte nur für Steuererklärungen, die Steuerberater für ihre Mandanten bearbeiten.
Hinweis
Zu beachten sind zwei formelle Fragen:
1. Die Verpflichtungsklage auf Verlängerung der Erklärungsfrist war unzulässig, da sich der ablehnende Verwaltungsakt (VA) mit der Abgabe der Steuererklärung erledigt hatte (§ 124 Abs. 2 AO).
Die Fortsetzungsfeststellungsklage (Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten VA) war hingegen zulässig. § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO findet auch auf Verpflichtungsklagen Anwendung, weil diese regelmäßig ein Anfechtungsbegehren mit umfassen. Das erforderliche Feststellungsinteresse war bereits im Hinblick auf den Verspätungszuschlag gegeben.
2. Die Finanzverwaltung hat in gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder über Steuererklärungsfristen vom 4.1.1999 (BStBl I 1999, 152) die Erklärungsfristen für Angehörige der steuerberatenden Berufe allgemein bis zum 30.9.1999 verlängert und die FÄ ermächtigt, die Frist in einem vereinfachten Verfahren bis spätestens 29.2.2000 weiter zu verlängern. Die Entscheidung über eine weitere Fristverlängerung stand hier somit im Ermessen des FA. Das FG und der BFH konnten die Ermessensentscheidung des FA lediglich auf Ermessensfehler hin überprüfen. Ein solcher hätte vorgelegen, wenn sich aus den o.g. Erlassen eine Bindung für das FA ergeben hätte. Das verneint der BFH jedoch.
3. Nach Auffassung des BFH ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung in den Erlassen, dass die allgemeinen und die vereinfachten weiteren Fristverlängerungen nur für solche Steuererklärungen gelten sollen, die Steuerberater in Ausübung ihres Berufs für ihre Mandanten erstellen. Denn eine sachgerechte und gleichmäßige Bearbeitung der anvertrauten fremden Steuerangelegenheiten setzt voraus, dass den Beratern ausreichend Zeit zur Verfügung steht. Insoweit erscheint auch eine Ungleichbehandlung von fachkundig vertretenen und nicht vertretenen Steuerpflichtigen gerechtfertigt.
Soweit ein Steuerberater seine eigene Erklärung erstellt, gelten diese Überlegungen jedoch nicht. Hier hätte der Kläger in seinem Verlängerungsantrag nähere Gründe darlegen müssen, warum für ihn als Steuerpflichtigen, der nicht durch einen (anderen) Steuerberater vertreten ist, eine Fristverlängerung gerechtfertigt sei. Die angeführte allgemeine berufliche Belastung reicht dafür nicht aus. Insoweit ist die berufliche Belastung als Steuerberater nicht anders zu werten als die Belastung in anderen Berufen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.1.2003, XI R 82/00