Leitsatz (amtlich)
1. Die Entlassung eines Testamentsvollstreckers gem. § 2227 Abs. 1 BGB steht im Ermessen des Tatrichters. Dieser hat das Entlassungsinteresse gegen das Fortführungsinteresse abzuwägen.
2. Hierbei können der festgestellte Erblasserwille, das Interesse von Miterben an der Kontinuität der Verwaltung und die besonderen Umstände der Verwaltung eines Erbanteils an einer ungeteilten Erbengemeinschaft das Interesse anderer Miterben an der Entlassung des Testamentsvollstreckers trotz hierfür wichtiger Gründe überwiegen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 01.12.2009; Aktenzeichen 83 T 257/07) |
AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 27.10.2006; Aktenzeichen 162/62 VI 3712/05) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des LG Berlin vom 1.12.2009 aufgehoben.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 8.12.2006 gegen den Beschluss des AG Schöneberg vom 27.10.2006 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 2) und Beschwerdeführer ist Testamentsvollstrecker über den hälftigen Anteil an einer ungeteilten Erbengemeinschaft an den Mietwohngrundstücken K., 1... B., und L., 1... B., der dem Erlasser, Herrn P. T., zustand. Hinsichtlich des Weiteren hälftigen Anteils erfolgt die Verwaltung durch den Beteiligten zu 2) für Frau B. V., die Nichte des Erblassers, auf Grund einer entsprechenden Vollmacht.
In seinem unter dem Datum 21.12.2002 gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 4) errichteten gemeinschaftlichen Testament, auf das Bezug genommen wird (Beiakte zu 162/62 IV 1302/2005, Bl. 8 - 11) hatte der Erblasser verfügt, dass seine Ehefrau und die Kinder, die Beteiligten zu 1) bis 3) "mit dem jeweils gesetzlichen Anteil" Erben sein sollten, d.h. die Beteiligte zu 4) zu ½ und die Beteiligten zu 1) - 3) mit jeweils 1/6.
Weiter heißt es u.a.:
"...
Gemäß § 2044 Abs. 1 und 2 BGB schließe ich jede Erbauseinandersetzung und damit den Verkauf hinsichtlich dieser Immobilie/dieses erbengemeinschaftlichen Anteils an den Immobilien für einen Zeitraum von 25 Jahren nach meinem Tod aus.
...
Die Verwaltung des Mietwohngrundstückes/der Mietwohngrundstücke übertrage ich meinem Sohn, P. T., allein."
Mit Schriftsatz vom 10.3.2006 beantragten die früheren Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten 1) die Erteilung eines Erbscheins ohne Testamentsvollstreckervermerk sowie hilfsweise den Beteiligten zu 2) als Testamentvollstrecker zu entlassen, weil dieser kein ordungsgemäßes Nachlassverzeichnis erstellt, bisher keine Rechnung über seine bisherige Tätigkeit gelegt und auch keine Auszahlungen auf die zu erwartenden Mietüberschüsse an die Beteiligten zu 1) und 3) vorgenommen habe.
Mit Beschluss vom 31.10.2006, auf den verwiesen wird (Bl. 111/112 d.A.) wies das Nachlassgericht die entsprechenden Anträge zurück.
Unter dem 20.11.2006 erteilte das Nachlassgericht auf Antrag des Beteiligten zu 2) einen gemeinschaftlichen Erbschein entsprechend den verfügten Quoten und stellte fest, dass hinsichtlich der vorstehend bezeichneten Grundstücke Testamentsvollstreckung angeordnet ist.
Die Beteiligte zu 1) hat gegen die Erbscheinserteilung und die Zurückweisung des Entlassungsantrages Beschwerde eingelegt, der das Nachlassgericht nicht abgeholfen hat.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nach Antragsrücknahme im Übrigen nur noch die Ablehnung der Entlassung des Beteiligten zu 2) als Testamentsvollstrecker gewesen.
Durch Beschluss vom 1.12.2009, zugestellt am 10.12.2009, hat das LG den Beteiligten zu 2) als Testamentsvollstrecker entlassen, weil dieser erhebliche Pflichtverletzungen begangen habe. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss (Bd. II, Bl. 215 - 230 d.A.) Bezug genommen.
Gegen seine Entlassung wendet sich der Beteiligte zu 2) mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde vom 21.12.2009 (Bd. II, Bl. 237 - 239 d.A.). Er macht im Wesentlichen geltend, er sei seiner Rechnungslegungspflicht entgegen der Annahme des LG ordnungsgemäß nachgekommen. Des Weiteren rügt er, dass das LG den von der Beteiligten zu 4) und von Frau B. V. ausdrücklich bestätigten Erblasserwillen, ihn als Testamentsvollstrecker einzusetzen, nicht berücksichtigt habe.
Die Beteiligte zu 4) wendet sich gegen die Entlassung ihres Sohnes als Testamentsvollstrecker, wohingegen die Beteiligte zu 1) die angefochtene Entscheidung verteidigt.
Ergänzend wird auf die "Eidesstattliche Versicherung" der Beteiligten zu 4) (Bd. I, Bl. 32/33) und das Schreiben von Frau B. V. vom 3.6.2009 (Bd. II, Bl. 163 ff.) verwiesen.
II. Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) ist gem. §§ 81 Abs. 2, 29 Abs. 2, 27 Abs. 1 FGG statthaft und auch sonst verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden, §§ 29 Abs. 1, 22 Abs. 1 FGG. Da das Verfahren in der ersten Instanz vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist, finden gem. Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG die Vorschriften des FGG auf den vorliegenden Fall weiterhin Anwendung.
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
Die vom LG getroffene Entlassungsentscheidung hält der Rechtsprüfung nicht stand...