Rz. 464
§ 379 Abs. 2 Nr. 1e AO ist ein Sonderdelikt. Anzeigepflichtig sind danach die sog. Intermediäre (s. Rz. 465 ff.) sowie die sog. Nutzer (s. Rz. 471 ff.).
Rz. 465
Nach der Legaldefinition des § 138d Abs. 1 AO handelt es sich bei Intermediären um Personen, die eine grenzüberschreitende Steuergestaltung vermarkten, für Dritte konzipieren, organisieren, zur Nutzung bereitstellen oder ihre Umsetzung für Dritte verwalten. Zu den Begrifflichkeiten:
- Unter Konzipieren ist das Planen, Entwerfen oder Entwickeln einer konkreten Steuergestaltung zu verstehen, in der Regel in Bezug zu einem bestimmten Nutzer oder zu einer Gruppe von Nutzern.
- Vermarktet wird eine Steuergestaltung, sobald sie auf den Markt gebracht und dort gegenüber Dritten angeboten wird. Verbundene Unternehmen sind davon nicht umfasst.
- Zur Nutzung bereitstellen bedeutet, dass der Intermediär einem potentiellen Nutzer die für eine Umsetzung einer Steuergestaltung erforderlichen Informationen oder (Vertrags-)Unterlagen ausgehändigt oder anderweitig individuell zugänglich gemacht hat. Eine tatsächliche Umsetzung der Steuergestaltung durch den Nutzer ist hierbei noch nicht erforderlich. Die bloße Verbreitung allgemeiner Informationen über eine Steuergestaltung, z.B. durch Veröffentlichung unverbindlicher Informationen im Internet oder durch öffentliches Auslegen oder Ausgeben allgemein zugänglicher Prospekte, ist dagegen noch kein "zur Nutzung bereitstellen".
- Organisieren umfasst die systematische Vorbereitung und Planung der Steuergestaltung, die Bereitstellung zur Nutzung und die Zurverfügungstellung für eine konkrete Verwendung.
- Die Verwaltung der Umsetzung erfasst die verantwortliche Leitung der konkreten Umsetzung der Steuergestaltung.
Rz. 466
Der Begriff des Intermediärs setzt keine Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe voraus.
Beispiele
für Intermediäre: Steuerberater, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Banken, Versicherungen, Asset Manager, Finanzdienstleister.
Rz. 466.1
Innerhalb von Konzernstrukturen können sogar (steuer-)rechtlich eigenständige Unternehmenseinheiten als Intermediär fungieren, z.B. in dem sie eine grenzüberschreitende Steuergestaltung für eine andere Konzerngesellschaft konzipieren.
Rz. 467
Wer lediglich bei der Verwirklichung einzelner Teilschritte einer grenzüberschreitenden Steuergestaltung mitgewirkt hat, ohne dies zu wissen und auch ohne dies vernünftigerweise erkennen zu müssen (sog. Hilfsintermediäre), ist kein Intermediär und damit kein tauglicher Täter.
Gleiches gilt für diejenigen, denen die "steuerliche Bedeutung des Schaffensprozesses" nicht bewusst ist, z.B. weil sie nur arbeitsrechtlich oder gesellschaftsrechtlich beraten.
Rz. 468
Wer als Erfüllungsgehilfe, z.B. als Arbeitnehmer eines Intermediärs, bei der grenzüberschreitenden Steuergestaltung mitwirkt, ist nicht selbst mitteilungspflichtig.
Rz. 469
Gemäß § 138f Abs. 7 AO ist ein solcher Intermediär allerdings nur dann zur Mitteilung der grenzüberschreitenden Steuergestaltung verpflichtet, wenn er seinen Wohnsitz (§ 8 AO), seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO), seine Geschäftsleitung (§ 10 AO) oder seinen Sitz (§ 11 AO) in Deutschland hat oder in keinem Mitgliedstaat der EU hat, aber in einer bestimmten Beziehung zu Deutschland (Inlandsbezug) steht. Hat der Intermediär seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seine Geschäftsleitung oder seinen Sitz außerhalb Deutschlands in einem Mitgliedstaat der EU, ist er dort mitteilungspflichtig.
Rz. 470
Haben mehrere Intermediäre an derselben grenzüberschreitenden Gestaltung mitgewirkt, sind sie grundsätzlich nebeneinander zur Mitteilung verpflichtet (§ 138f Abs. 9 Satz 1 AO). Kann in diesem Fall ein Intermediär nachweisen, dass bereits ein anderer Intermediär der erforderlichen Mitteilungspflicht nachgekommen ist, ist er von der eigenen Mitteilungspflicht befreit (§ 138f Abs. 9 Satz 2 AO).