a) Ermittlungen bei Kreditinstituten

 

Rz. 681

[Autor/Stand] Im Strafverfahren ist ein gezieltes Suchen nicht zufällig i.S.d. § 108 StPO und damit unzulässig, so dass dabei aufgefundene Beweismittel einem strafprozessualen Verwertungsverbot unterliegen (s. § 385 Rz. 1022 und 1109; § 399 Rz. 186 m.w.N.). Das BVerfG hat die Sichtung und Verwertung von Kundenunterlagen als strafprozessuale Zufallsfunde bei der Durchsuchung von Banken sowie die Beweismittelbeschlagnahme im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren bei gezielter Anonymisierung von Tafelpapiergeschäften für zulässig erachtet, dabei aber offengelassen, ob es verfassungsrechtlich geboten sei, das Vorliegen von Beweisverwertungsverboten bereits im Rahmen einer ermittlungsrichterlichen Beschlagnahmebestätigung bzw. der dazu ergehenden Beschwerdeentscheidung zu prüfen[2].

 

Rz. 682

[Autor/Stand] Die Weiterleitung von im Rahmen eines allgemeinen Strafverfahrens sichergestellten Unterlagen und daraus gewonnener Zufallsfunde (§ 108 StPO) durch die StA an die Steufa-Stelle zur Überprüfung, ob sich der Verdacht einer Steuerstraftat ergibt, hielt das OLG Frankfurt[4] im Erpressungsfall der Commerzbank Luxemburg ("CISAL") nicht nur für zulässig, sondern im Hinblick auf § 116 AO sogar für geboten (s. dazu auch § 385 Rz. 1190 ff.). In dem Fall hatte ein Bankmitarbeiter mit gestohlenen Unterlagen die Bank erpressen wollen mit der Drohung, das Material ansonsten der Steufa zu übergeben. Die Weitergabe der im Erpressungsfall beschlagnahmten Unterlagen durch die StA an die Steufa zur weiteren Auswertung hat das OLG Frankfurt nicht beanstandet.

Zur Verwertbarkeit der Informationen aufgrund angekaufter Steuer-CDs s. bereits Rz. 586 f. sowie § 385 Rz. 1198 ff.

 

Rz. 683

[Autor/Stand] Die Finanz-Rspr. zu steuerlichen Verwertungsverboten infolge rechtswidriger Ermittlungen der Steufa ist wenig einheitlich (s. § 385 Rz. 1173 ff. und § 393 Rz. 166 ff.) Über ein Verwertungsverbot ist nach den Umständen des Einzelfalls, insb. nach der Art des Beweiserhebungsverbots und dem Gewicht des Verfahrensverstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen des Betroffenen einerseits und des staatlichen Interesses an effektiver Strafverfolgung bzw. Besteuerung andererseits zu entscheiden. Allgemein lehnt der BFH ein Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren allein wegen Verfahrensverstößen ab. Nur ausnahmsweise bei sog. qualifizierten materiell-rechtlichen Verstößen kommt ein umfassendes steuerliches Verwertungsverbot in Betracht. Dies erfordert einen Eingriff in den unmittelbar verfassungsrechtlich durch Art. 1 und 2 GG geschützten absoluten Kernbereich der privaten Lebensgestaltung des Stpfl. oder das Ermitteln von Tatsachen durch die FinB in strafbarer Weise[6]. Die Verletzung bloßer Verfahrens- oder Formvorschriften genügt hierfür nicht.

 

Rz. 684

[Autor/Stand] Eine unzulässige Rasterfahndung hat der BFH bei der gezielten Suche der Steufa nach Zufallsfunden angenommen, wenn die wegen Beihilfe gegen Mitarbeiter eines Kreditinstitutes ermittelnden Steuerfahnder ohne sachliche Verbindung zu ihrem Prüfungsauftrag parallele steuerliche Ermittlungen führen und hierbei Geschäfte unverdächtiger Kunden (in casu: Inhaber von Tafelpapieren) erfassen (s. Rz. 217). Dafür sprach im entschiedenen Fall im Wesentlichen die hohe Anzahl der ermittelten Fälle ohne Vorgabe und Einhaltung einer Erheblichkeitsschwelle. Wegen des fehlenden Zusammenhangs mit dem Zweck der Durchsuchungsanordnung unterliegen die auf diese Weise gewonnenen Aufzeichnungen und Erkenntnisse einem Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren. Sie dürfen weder vom FA selbst ausgewertet noch an das für Bankkunden zuständige Veranlagungs-FA weitergegeben werden[8].

 

Rz. 685

[Autor/Stand] Für rechtswidrig ermittelte Daten besteht grds. keine Verwertungsbefugnis nach § 194 Abs. 3 AO[10]. Die Außenprüfung überschreitet die ihr zugewiesenen Aufgaben, wenn sie ohne sachlichen Zusammenhang mit der Prüfung gezielt nach Kontrollmaterial (z.B. Transaktionen von Bankkunden nach Luxemburg) sucht.

 

Rz. 686

[Autor/Stand] Begründet eine Überweisung von einem legitimierten Konto i.S.d. § 154 Abs. 2 AO ins Ausland, d.h. ein banküblicher "offener" Transfer keinen Anfangsverdacht[12], ist die diesbzgl. Weitergabe von Beweismaterial unzulässig und folgt bei einem Verstoß hiergegen ein Verwertungsverbot[13].

 

Rz. 687

[Autor/Stand] Wurden die bei strafprozessualen Maßnahmen sichergestellten oder auch im Rahmen einer Außenprüfung bei Banken als dritte Personen durch Kontrollmitteilungen ausgewerteten Beweismittel dazu benutzt, um die Angaben in Besteuerungsverfahren der Bankkunden zu verwenden, und wurden dabei die Voraussetzungen für die Fertigung von Kontrollmitteilungen anlässlich paralleler steuerlicher Ermittlungen nicht beachtet, fragt sich, ob sich die betroffenen Stpfl. noch gegen die Verwertung möglicherweise rechtswidrig erlangter Beweismittel zur Wehr setzen können. Zunächst scheint dem die vom BFH angenommene Tatbestandswirkung rechtskräftig bestätigter Du...

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