Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweis des ersten Anscheins. Beweiserleichterungen. Darlegungs- und Beweislast. Mandantenabwerbung. Schadensersatz wegen Mandantenabwerbung eines Steuerberaters. Anscheinsbeweis
Leitsatz (redaktionell)
Allein daraus, dass 11 von 17 Mandanten des Arbeitgebers zum neuen Arbeitgeber des früheren Arbeitnehmers gewechselt sind, kann noch nicht geschlossen werden, dass diese hierzu noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer veranlasst worden sind. Für einen darauf gestützten Schadensersatzanspruch ist der Arbeitgeber darlegungs- und nachweispflichtig.
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 2, § 826; HGB § 60 Abs. 1; UWG § 1
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 24.04.2007; Aktenzeichen 5 Ca 1409/06) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 24.04.2007, Az.: 5 Ca 1409/06, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche des Klägers.
Der Kläger ist. Er hat am 01.11.2005 auf der Grundlage eines Praxisübertragungsvertrages vom 17.10.2005 (Bl. 6-11 d. A.) die Praxis des Steuerberaters Klaus Z. in Oberraden übernommen. Für die Überlassung des Mandantenstammes gemäß Mandantenliste (Anlage 1 zum Vertrag, Bl. 12-14 d. A.) zahlte er an den Veräußerer ein Entgelt in Höhe von insgesamt EUR 129.000,00.
Die Beklagte war bei dem Veräußerer seit dem 01.04.1981 als kaufmännische Angestellte zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt EUR 1.700,00 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt. Sie war die einzige Angestellte. Das Arbeitsverhältnis ist gemäß § 613 a BGB auf den Kläger übergegangen. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist am 17.04.2006 zum 31.05.2006. Seit dem 01.06.2006 ist sie bei dem Karl-Heinz Y. in Rengsdorf angestellt.
Im Mai 2006 kündigten insgesamt 17 Mandanten das Vertragsverhältnis mit dem Kläger. Von diesen 17 Mandanten wechselten 11 ab 01.06.2006 zum neuen Arbeitgeber der Beklagten. Für die Übernahme dieser 11 Mandanten hatte der Kläger an den Veräußerer ein Entgelt in Höhe von EUR 56.778,50 gezahlt.
Mit seiner am 31.07.2006 zugestellten Klage verlangt der Kläger diesen Betrag von der Beklagten wegen unzulässiger Abwerbung in kollusivem Zusammenwirken mit dem neuen Arbeitgeber als Schadensersatz.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird von einer weiteren Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts vom 24.04.2007 (dort S. 2-4 = Bl. 82-84 d. A.) und den Inhalt der Schriftsätze des Klägers vom 21.07.2006 (Bl. 1-5 d. A.) sowie vom 22.11.2006 (Bl. 39- 44 d. A.) und der Beklagten vom 18.09.2006 (Bl. 23-25 d. A. und vom 21.12.2006 (Bl. 70-73 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 56.778,50 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie EUR 749,95 als Verzugsschaden zu zahlen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – hat mit Urteil vom 24.04.2007 die Klage abgewiesen. Zur Begründung der Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte weder schlüssig dargelegt noch unter Beweis gestellt. Er sei dafür beweispflichtig, dass sich ein bestimmter Mandantenstamm durch die Beeinflussung der Beklagten dafür entscheiden habe, sein Steuerbüro zu verlassen und zu ihrem neuen Arbeitgeber zu wechseln. Hierfür habe er keinerlei Beweismittel angeboten. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 4 bis 5 des Urteils vom 24.04.2007 (Bl. 84-85 d. A.) verwiesen.
Der Kläger, dem das Urteil am 04.07.2007 zugestellt worden ist, hat am Montag, den 06.08.2007 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese innerhalb der bis zum 04.10.2007 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 04.10.2007 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Er behauptet, die Beklagte habe seine Hauptmandanten/ Stützpfeiler abgeworben und zu ihrem neuen Arbeitgeber mitgenommen. Sie habe die Übernahme der Mandate offensichtlich von langer Hand geplant und ihre Vorgehensweise in kollusiver Absicht mit ihrem neuen Arbeitgeber abgesprochen. Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er beweispflichtig sei. Aufgrund der Komplexität der Materie sei, ebenso wie in Wirtschaftsstrafsachen, die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nur unter erschwerten Voraussetzungen möglich, denn die schadensbegründenden Voraussetzungen spielten sich in der inneren Sphäre der übrigen Beteiligten – hier der Beklagten und ihres neuen Arbeitgebers – ab. Er habe jedoch einen Lebenssachverhalt vorgetragen, der unbefangen ersichtlich mache, da...