Rz. 54
Wie bereits unter Rz. 32 angeführt, ist Ziel des GrStG-Saar, durch eine zwischen den Grundstücksarten differenzierende Festlegung von Steuermesszahlen, den regionalen Besonderheiten im Saarland Rechnung zu tragen. Eine durch das Bundesmodell erwartende starke Belastung von wohnlich genutzten Grundstücken (sog. Wohngrundstücke) soll so im Saarland abgemildert werden.
Rz. 55
Aus diesem Grund wurde die Steuermesszahl der sog. Wohngrundstücke (Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum) in deutlich geringerer Höhe als die Messzahl für die unbebauten Grundstücke und die sog. Nichtwohngrundstücke (Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke, Teileigentum und sonstige bebaute Grundstücke) festgelegt. Während die Steuermesszahl für Wohngrundstücke 0,34 Promille beträgt, fällt sie für die übrigen Grundstücke mit 0,64 Promille fast doppelt so hoch aus (+ 88,24 %). Damit steigt die Grundsteuerbelastung dieser Grundstücke entsprechend an. Vgl. dazu auch die Beispiele unter Rz. 155.
Rz. 56
Das Recht auf menschenwürdiges Wohnen ist in der Bundesrepublik Deutschland ein allgemein anerkanntes existenzielles Grundbedürfnis (Art. 1 und Art. 20 GG sowie Art. 1 und Art. 60 der Verfassung des Saarlandes), welches auch international verankert ist. Bei der Schaffung und Verfügbarmachung von ausreichendem Wohnraum handelt es sich um einen bedeutenden Gemeinwohlbelang. Dieser soll durch die steuerliche Privilegierung unterstützt werden.
Rz. 57
Durch das GrStG-Saar verfolgt der saarländische Gesetzgeber keine strukturelle Erhöhung des Grundsteueraufkommens. An die Gemeinden appelliert er daher im Rahmen ihrer kommunalen Selbstverwaltungshoheit, das aus der Neubewertung des Grundbesitzes resultierende Grundsteueraufkommen zu evaluieren und unter dem Ziel der Aufkommensneutralität der Grundsteuerreform die Festlegung der kommunalen Hebesätze zu prüfen.
Rz. 58
Der saarländische Gesetzgeber folgt damit dem Bundesgesetzgeber, der ebenfalls an die Gemeinden appelliert, die durch die Neubewertung des Grundbesitzes resultierenden Belastungsverschiebungen durch eine ggf. erforderliche Anpassung des Hebesatzes auszugleichen, um ein konstantes Grundsteueraufkommen zu sichern (Aufkommensneutralität auf gesamtstaatlicher Ebene). Es bleibt jedoch festzuhalten, dass auch wenn eine bundesweite bzw. saarlandweite Aufkommensneutralität der Grundsteuer gewährleisten werden sollte, es aufgrund der Neubewertung gleichwohl zu Belastungsverschiebungen beim Einzelnen kommen wird. Folglich wird es unzweifelhaft Gewinner und Verlierer der Grundsteuer-Reform geben. Klarheit hierüber wird der Einzelne allerdings wohl erst 2024 erlangen, wenn die Gemeinden ihre neuen Hebesätze für 2025 bekannt geben und damit auf Basis des neuen Grundsteuerwerts die zukünftige Grundsteuerbelastung für das einzelne Grundstück ermittelt werden kann.
Rz. 59
Vgl. zur verfassungsrechtlichen Prüfung die Ausführungen von Desens in der Kommentierung des Sächsischen GrStG, Rz. 22 ff. Der Freistaat Sachsen hat sich – wie das Saarland – für vom Bundesmodell abweichende Steuermesszahlen entschieden. Dort gilt für unbebaute Grundstücke eine Messzahl von 0,36 Promille, für Wohngrundstücke in Form von Ein- und Zweifamilienhäusern, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum eine Messzahl von 0,36 Promille und für Nichtwohngrundstücke in Form von Teileigentum, Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke und sonstige bebaute Grundstücke eine Messzahl von 0,72 Promille (+ 100 %). Die Bevorzugung der bebauten Wohngrundstücke wird auch im dortigen Gesetzesentwurf mit einer angestrebten Förderung von Wohnraum begründet. Um dieses Ziel auch steuerpolitisch zu unterstützen, wurde die Steuermesszahl für Wohnnutzung gegenüber der Nichtwohnnutzung in Sachsen ebenfalls in geringerer Höhe festgelegt.
Rz. 60– 64
Einstweilen frei.