Die Fertigungsunternehmen haben in den letzten Jahren investiert und Produktionsanlagen für große Herstellungsmengen angeschafft, damit die vom Nachfrager verlangten niedrigen Preise geboten werden können. Aktuell steigt die Nachfrage nach individuellen Produkten. Darum kaufen Produktionsbetriebe flexiblere Fertigungszentren. In der Verwaltung installierte Computertechnologie wird weiter ausgebaut und durch die Digitalisierung bestimmt. Allen Vorgängen gemeinsam ist die Tatsache, dass dort Kostenblöcke aufgebaut wurden, die sich bei hohen Stückzahlen und großen Umsätzen rechnen. Eine Anpassung der Kosten an eine sinkende Nachfrage oder an veränderte Prozesse und Kostenstrukturen ist dagegen immer schwerer möglich.
Marktbereinigung wird kommen
In Zeiten guter Konjunktur werden in vielen Branchen zusätzliche Kapazitäten aufgebaut. Geht die Nachfrage zurück, entstehen Überkapazitäten, die zu Marktbereinigungen führen. Wer dann seine Leerkosten nicht effektiv bekämpft, gerät schnell auf die Seite der Unternehmen, die vom Markt verabschiedet werden.
1.1 Umsatzrückgänge
In vielen Branchen, auf die die beschriebene Kostensituation mit einem hohen Anteil an Fixkosten zutrifft, ist es immer wieder zu Umsatzrückgängen gekommen. So fordert die Digitalisierung nicht nur im Einzelhandel ihre Opfer, auch Hersteller und Dienstleister verlieren an Umsatz. Einige Unternehmen sind ganz vom Markt verschwunden, andere haben sogar leichte Umsatzsteigerungen verzeichnen können. Die Produktionsunternehmen müssen im Falle eines Nachfragerückganges die vorhandenen Produktionsanlagen für eine wesentlich geringere Produktion einsetzen. In der Vollkostenrechnung können die notwendigen Preise am Markt nicht durchgesetzt werden, die Teilkostenrechnung muss mit nicht ausreichenden Deckungsbeiträgen auskommen.
Auslastung der Kapazitäten
Sinkende Beschäftigung führt dazu, dass die vorhandenen Kapazitäten nicht mehr ausgelastet werden können. Das kann in manchen Fällen sogar positiv sein. So wird in Zeiten der Vollauslastung an der maximalen Kapazitätsgrenze produziert. Dies ist meist nicht die optimale Beschäftigungssituation. Der Kostenrechner rechnet in seiner Planung in der Regel mit der Normalbeschäftigung. Das ist jener Auslastungsgrad, bei dem die Belastung des Produktionsapparates die optimale Kostenstruktur ergibt. Maschinen und Menschen, die permanent an der Leistungsobergrenze arbeiten, verursachen hohe Kosten durch erhöhten Verschleiss, erhöhten Verbrauch bzw. eine erhöhte Fehlergefahr. Außerdem fehlen bei Maximalbeschäftigung die Reserven, die für die Beseitigung unvorhergesehener Fehler und Störungen und den Ausgleich von Nachfrageschwankungen eingesetzt werden können.
Auch für die Differenz zwischen der Normalbeschäftigung und der maximal möglichen Beschäftigung fallen Leerkosten an. In der Abbildung 1 sind diese durch das graue Dreieck gekennzeichnet. Das ist jedoch gewollt und in den Planrechnungen bzw. den Kalkulationen des Kostenrechners berücksichtigt. Sinkt die Auslastung auf der Kurve der Beschäftigung, so entstehen unerwünschte Leerkosten, die im Extremfall der Nullbeschäftigung die kompletten Fixkosten umfassen.
Abb. 1: Leer- und Nutzkosten
Kann das Unternehmen die Umsatzrückgänge nicht verhindern, so müssen die Leerkosten in der Kostenrechnung ermittelt und in alle Entscheidungen einbezogen werden. Dabei geht es zunächst um die nicht ausgelasteten Maschinen, Gebäude, Fahrzeuge u.Ä. Personalkosten sind zumindest in bestimmten Graden ebenfalls fixe Kosten.
1.2 Rationalisierung
Unentdeckt bleiben Leerkosten oft in der Zeit nach einer Rationalisierungsinvestition. Dabei werden Maschinen, Anlagen oder sonstige Vermögensgegenstände angeschafft, die dem Unternehmen gegenüber der derzeitigen Situation eine Verbesserung versprechen. Auch in Ersatzinvestitionen versteckt sich oft ein Rationalisierungspotenzial, weil neue Anlagen in der Regel leistungsfähiger sind als alte. Die Produktionsgeschwindigkeit erhöht sich, der Ausstoß steigt und die Bedienung vereinfacht sich.
Rationalisierung verschafft bei gegebener Beschäftigung eine höhere Kapazität. Entweder muss diese reduziert, also der Nachfrage angepasst werden, oder der Umsatz muss steigen. Oft wird vergessen, dass nach Rationalisierungsinvestitionen Restfixkosten nicht beseitigt werden können. Ein in der Praxis oft gemachter Fehler liegt in der Nichtberücksichtigung aller Fixkosten, wenn Rationalisierungsinvestitionen ihre Wirtschaftlichkeit beweisen müssen.
Wird z. B. in der in Abb. 1 dargestellten Situation eine Maschine ausgetauscht, die bei gleichen Kosten eine höhere Stückzahl produziert, verschiebt sich die Kurve der Beschäftigung. Sie wird flacher, da die Fixkosten durch eine größere Anzahl von Produkten getragen werden. Der Schnitt-
Abb. 2: Leer- und Nutzkosten nach Rationalisierung
punkt mit der Fixkostenkurve verschiebt sich nach rechts. Bleibt die Produktion auf der Normalbeschäftigung, entstehen höhere Leerkosten. Bei gegebener Beschäftigung muss also eine Rationalisierung zur Senkung der Fixkosten führen. Tut...